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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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welche Entscheidung sie getroffen oder welchen Bericht sie an
Papst Benedikt gerichtet haben, darüber erfahren wir nichts;
übrigens dürfen wir vermuthen, daß, gleichviel, ob die Unter-
suchung stattfand oder nicht, die Dinge unverändert ihren Fort-
gang genommen haben werden. Auch sind wir geneigt hinzu-
zufügen, -- mit Recht. Wir setzen nämlich in die Mitthei-
lungen des Mönches Dietrich von Ruppin keineswegs ein
unbedingtes Vertrauen und vermuthen darin vielmehr, ohne ihn
direkt der Lüge zeihen zu wollen, eine jener halbwahren Dar-
stellungen, die immer da Platz greifen, wo die Dinge von
einem gewissen Parteistandpunkte aus angesehen, oder wie hier,
Anklagen in zum Theil eigner Angelegenheit erhoben werden.
Abt Herrmann scheint uns weit mehr ein leidenschaft-
licher Parteimann
, als ein Verbrecher gewesen zu sein.

Stellen wir alle Punkte von Belang zusammen, die sich
aus den Aussagen Dietrichs von Ruppin ergeben so
finden wir

1) daß im Kloster zwei Parteien waren, von denen die
stärkere die schwächere terrorisirte und die Aebte aus ihrer, der
Majorität, Mitte wählte;

2) daß Ritter Falco von der stärkeren oder Loburgschen
Partei ermordet wurde;

3) daß das Kloster nach Dispens und Absolution von
Seiten des Papstes verlangte, und

4) daß Dietrich von Ruppin abgeordnet wurde, um die
Absolution einzuholen, wegen vorgängiger Plauderei aber ins
Gefängniß geworfen wurde.

Unter diesen vier Punkten involvirt der zweite, die Ermor-
dung Falco's, ein schweres und unbestreitbares Verbrechen.
Der Umstand indessen, daß Abt Herrmann für sich und sein
Kloster nach der Absolution des Papstes verlangte, deutet darauf
hin, daß das Geschehene mehr den Charakter einer sühnefähigen
Schuld, als den einer schamlosen Missethat hatte. Denn sollte
die Gnade des Papstes angerufen werden, so mußten nothwen-
dig Umstände vorauf oder nebenher gegangen sein, die im Stande

welche Entſcheidung ſie getroffen oder welchen Bericht ſie an
Papſt Benedikt gerichtet haben, darüber erfahren wir nichts;
übrigens dürfen wir vermuthen, daß, gleichviel, ob die Unter-
ſuchung ſtattfand oder nicht, die Dinge unverändert ihren Fort-
gang genommen haben werden. Auch ſind wir geneigt hinzu-
zufügen, — mit Recht. Wir ſetzen nämlich in die Mitthei-
lungen des Mönches Dietrich von Ruppin keineswegs ein
unbedingtes Vertrauen und vermuthen darin vielmehr, ohne ihn
direkt der Lüge zeihen zu wollen, eine jener halbwahren Dar-
ſtellungen, die immer da Platz greifen, wo die Dinge von
einem gewiſſen Parteiſtandpunkte aus angeſehen, oder wie hier,
Anklagen in zum Theil eigner Angelegenheit erhoben werden.
Abt Herrmann ſcheint uns weit mehr ein leidenſchaft-
licher Parteimann
, als ein Verbrecher geweſen zu ſein.

Stellen wir alle Punkte von Belang zuſammen, die ſich
aus den Ausſagen Dietrichs von Ruppin ergeben ſo
finden wir

1) daß im Kloſter zwei Parteien waren, von denen die
ſtärkere die ſchwächere terroriſirte und die Aebte aus ihrer, der
Majorität, Mitte wählte;

2) daß Ritter Falco von der ſtärkeren oder Loburgſchen
Partei ermordet wurde;

3) daß das Kloſter nach Dispens und Abſolution von
Seiten des Papſtes verlangte, und

4) daß Dietrich von Ruppin abgeordnet wurde, um die
Abſolution einzuholen, wegen vorgängiger Plauderei aber ins
Gefängniß geworfen wurde.

Unter dieſen vier Punkten involvirt der zweite, die Ermor-
dung Falco’s, ein ſchweres und unbeſtreitbares Verbrechen.
Der Umſtand indeſſen, daß Abt Herrmann für ſich und ſein
Kloſter nach der Abſolution des Papſtes verlangte, deutet darauf
hin, daß das Geſchehene mehr den Charakter einer ſühnefähigen
Schuld, als den einer ſchamloſen Miſſethat hatte. Denn ſollte
die Gnade des Papſtes angerufen werden, ſo mußten nothwen-
dig Umſtände vorauf oder nebenher gegangen ſein, die im Stande

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[89/0107] welche Entſcheidung ſie getroffen oder welchen Bericht ſie an Papſt Benedikt gerichtet haben, darüber erfahren wir nichts; übrigens dürfen wir vermuthen, daß, gleichviel, ob die Unter- ſuchung ſtattfand oder nicht, die Dinge unverändert ihren Fort- gang genommen haben werden. Auch ſind wir geneigt hinzu- zufügen, — mit Recht. Wir ſetzen nämlich in die Mitthei- lungen des Mönches Dietrich von Ruppin keineswegs ein unbedingtes Vertrauen und vermuthen darin vielmehr, ohne ihn direkt der Lüge zeihen zu wollen, eine jener halbwahren Dar- ſtellungen, die immer da Platz greifen, wo die Dinge von einem gewiſſen Parteiſtandpunkte aus angeſehen, oder wie hier, Anklagen in zum Theil eigner Angelegenheit erhoben werden. Abt Herrmann ſcheint uns weit mehr ein leidenſchaft- licher Parteimann, als ein Verbrecher geweſen zu ſein. Stellen wir alle Punkte von Belang zuſammen, die ſich aus den Ausſagen Dietrichs von Ruppin ergeben ſo finden wir 1) daß im Kloſter zwei Parteien waren, von denen die ſtärkere die ſchwächere terroriſirte und die Aebte aus ihrer, der Majorität, Mitte wählte; 2) daß Ritter Falco von der ſtärkeren oder Loburgſchen Partei ermordet wurde; 3) daß das Kloſter nach Dispens und Abſolution von Seiten des Papſtes verlangte, und 4) daß Dietrich von Ruppin abgeordnet wurde, um die Abſolution einzuholen, wegen vorgängiger Plauderei aber ins Gefängniß geworfen wurde. Unter dieſen vier Punkten involvirt der zweite, die Ermor- dung Falco’s, ein ſchweres und unbeſtreitbares Verbrechen. Der Umſtand indeſſen, daß Abt Herrmann für ſich und ſein Kloſter nach der Abſolution des Papſtes verlangte, deutet darauf hin, daß das Geſchehene mehr den Charakter einer ſühnefähigen Schuld, als den einer ſchamloſen Miſſethat hatte. Denn ſollte die Gnade des Papſtes angerufen werden, ſo mußten nothwen- dig Umſtände vorauf oder nebenher gegangen ſein, die im Stande

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/107>, abgerufen am 28.11.2024.