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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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derer, die die Tienen über das Brett hin in den am Landungs-
damm liegenden Kahn hineintragen. Jetzt setzt der Zeiger ein,
von der Werderschen Kirche herüber tönen langsam die 6 Schläge,
deren letzter in einem Signalschuß verklingt. Weithin an den
hohen Ufern des Schwilow weckt er das Echo. Im selben
Augenblick folgt Stille der allgemeinen Bewegung und nur
noch das Schaufeln des Raddampfers wird vernommen, der
eine Curve beschreibend, das lange Schlepptau dem Havelkahne
zuwirft, und rasch flußaufwärts seinen Curs nehmend, das
eigentliche Frachtboot vom Ufer löst, um es geräuschlos in das
eigene Fahrwasser hinein zu zwingen.

Von der Brücke aus giebt dies ein reizendes Bild. Auf
dem großen Havelkahn, wie die wilden Männer im Wappen,
stehen zwei Bootsleute mit ihren mächtigen Rudern im Arm,
während auf dem Dampfer in langer Reihe die "Werderschen"
sitzen, ein Nähzeug oder ein Strickzeug in Händen, und nichts
vor sich als den Schornstein und seinen Eisenkasten, auf dessen
heißer Platte einige dreißig Bunzlauer Kaffeekannen stehen.
Denn die Nächte sind kühl und der Weg ist weit.

Eine Viertelstunde noch und Dampfer und Havelkahn
verschwinden in dem Defile bei Baumgartenbrück; der Schwi-
low nimmt sie auf und durch das "Gemünde" hin, an dem
schönen und langgestreckten Caput vorbei, geht die Fahrt auf
Potsdam zu, an den Schwänen vorüber, die schon die Köpfe
eingezogen hatten und nun unmuthig hinblicken auf den Schnaufer,
der ihren Wasserschlaf gestört.

Bei Dunkelwerden Potsdam, um Mitternacht Spandau,
bei Dämmerung Berlin.

Und eh' der erste Sonnenschein um den Marienkirchthurm
blitzt, lachen in langer Reihe, zwischen den Brücken hin, die
rothen Knupper der Werderschen.


derer, die die Tienen über das Brett hin in den am Landungs-
damm liegenden Kahn hineintragen. Jetzt ſetzt der Zeiger ein,
von der Werderſchen Kirche herüber tönen langſam die 6 Schläge,
deren letzter in einem Signalſchuß verklingt. Weithin an den
hohen Ufern des Schwilow weckt er das Echo. Im ſelben
Augenblick folgt Stille der allgemeinen Bewegung und nur
noch das Schaufeln des Raddampfers wird vernommen, der
eine Curve beſchreibend, das lange Schlepptau dem Havelkahne
zuwirft, und raſch flußaufwärts ſeinen Curs nehmend, das
eigentliche Frachtboot vom Ufer löſt, um es geräuſchlos in das
eigene Fahrwaſſer hinein zu zwingen.

Von der Brücke aus giebt dies ein reizendes Bild. Auf
dem großen Havelkahn, wie die wilden Männer im Wappen,
ſtehen zwei Bootsleute mit ihren mächtigen Rudern im Arm,
während auf dem Dampfer in langer Reihe die „Werderſchen“
ſitzen, ein Nähzeug oder ein Strickzeug in Händen, und nichts
vor ſich als den Schornſtein und ſeinen Eiſenkaſten, auf deſſen
heißer Platte einige dreißig Bunzlauer Kaffeekannen ſtehen.
Denn die Nächte ſind kühl und der Weg iſt weit.

Eine Viertelſtunde noch und Dampfer und Havelkahn
verſchwinden in dem Defilé bei Baumgartenbrück; der Schwi-
low nimmt ſie auf und durch das „Gemünde“ hin, an dem
ſchönen und langgeſtreckten Caput vorbei, geht die Fahrt auf
Potsdam zu, an den Schwänen vorüber, die ſchon die Köpfe
eingezogen hatten und nun unmuthig hinblicken auf den Schnaufer,
der ihren Waſſerſchlaf geſtört.

Bei Dunkelwerden Potsdam, um Mitternacht Spandau,
bei Dämmerung Berlin.

Und eh’ der erſte Sonnenſchein um den Marienkirchthurm
blitzt, lachen in langer Reihe, zwiſchen den Brücken hin, die
rothen Knupper der Werderſchen.


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[236/0254] derer, die die Tienen über das Brett hin in den am Landungs- damm liegenden Kahn hineintragen. Jetzt ſetzt der Zeiger ein, von der Werderſchen Kirche herüber tönen langſam die 6 Schläge, deren letzter in einem Signalſchuß verklingt. Weithin an den hohen Ufern des Schwilow weckt er das Echo. Im ſelben Augenblick folgt Stille der allgemeinen Bewegung und nur noch das Schaufeln des Raddampfers wird vernommen, der eine Curve beſchreibend, das lange Schlepptau dem Havelkahne zuwirft, und raſch flußaufwärts ſeinen Curs nehmend, das eigentliche Frachtboot vom Ufer löſt, um es geräuſchlos in das eigene Fahrwaſſer hinein zu zwingen. Von der Brücke aus giebt dies ein reizendes Bild. Auf dem großen Havelkahn, wie die wilden Männer im Wappen, ſtehen zwei Bootsleute mit ihren mächtigen Rudern im Arm, während auf dem Dampfer in langer Reihe die „Werderſchen“ ſitzen, ein Nähzeug oder ein Strickzeug in Händen, und nichts vor ſich als den Schornſtein und ſeinen Eiſenkaſten, auf deſſen heißer Platte einige dreißig Bunzlauer Kaffeekannen ſtehen. Denn die Nächte ſind kühl und der Weg iſt weit. Eine Viertelſtunde noch und Dampfer und Havelkahn verſchwinden in dem Defilé bei Baumgartenbrück; der Schwi- low nimmt ſie auf und durch das „Gemünde“ hin, an dem ſchönen und langgeſtreckten Caput vorbei, geht die Fahrt auf Potsdam zu, an den Schwänen vorüber, die ſchon die Köpfe eingezogen hatten und nun unmuthig hinblicken auf den Schnaufer, der ihren Waſſerſchlaf geſtört. Bei Dunkelwerden Potsdam, um Mitternacht Spandau, bei Dämmerung Berlin. Und eh’ der erſte Sonnenſchein um den Marienkirchthurm blitzt, lachen in langer Reihe, zwiſchen den Brücken hin, die rothen Knupper der Werderſchen.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/254>, abgerufen am 24.11.2024.