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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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Wenn wir dennoch das Auftreten des Rosenkreuzerthums
zu beklagen und sein Erlöschen, nach kurzer Allmacht, als ein
Glück für das Land zu bezeichnen haben, so liegt das in Neben-
dingen, in begleitenden Zufälligkeiten, die theils irrthümlicher-
weise, von den Feinden aber in wohlüberlegter Absicht in den
Vordergrund gestellt worden sind, um das moralische Ansehen
des Gegners zu discreditiren. Wir meinen hier die Geister-
erscheinungen
, den ganzen Apparat, der von den Rosen-
kreuzern in Bewegung gesetzt wurde, um einen trägen Glauben
künstlich zu beleben.

Wegzuläugnen sind diese trüben Dinge nicht, wiewohl sie
höchst wahrscheinlich eine viel geringere Rolle gespielt haben, als
man gewöhnlich annimmt. Gleichviel: man hat zu diesen Hilfs-
mitteln gegriffen und wir perhorresciren es, daß es geschehen.
Es war unwürdig, bei dem betrügerischen Schrepfer so zu sagen
auf Borg zu gehen, seine im Dienst der Lüge klugverwandten
Künste in den Dienst einer Sache zu stellen, die (für unsere
Ueberzeugung wenigstens) ganz unbestritten einen idealen Kern
hatte. Es war ein Unrecht. Aber betonen wir dies Unrecht
nicht stärker als nöthig. Beurtheilen wir die Dinge aus der
Zeit heraus. Auch das sittliche Empfinden stellt sich in ver-
schiedenen Jahrhunderten verschieden. Eine Politik, wie sie der
große Kurfürst (ein frommer, strenggläubiger Mann) gegen
Polen und Schweden übte, würde heute verabscheut werden;
damals nahm Niemand Anstoß daran; man bewunderte nur
den klugen, patriotischen Fürsten; -- und zu allen Zeiten sind
Wunder gemacht worden, nicht von Betrügern (von diesen
sprechen wir nicht), sondern von Priestern, die an einen ewi-
gen, allmächtigen und wunderthätigen Gott in aller Auf-
richtigkeit glaubten. Wie wir schon an früherer Stelle sagten:
das kleine Mit-Eingreifen, das Mit-Spielen, ist kein
Beweis für ein frivoles Sich drüber stellen über die transcen-
dentale Welt.

daß die Philosopheme Beider sich als "gleich ungereimt" erweisen. All
das ging ihm eben über Kraft und Verständniß.

Wenn wir dennoch das Auftreten des Roſenkreuzerthums
zu beklagen und ſein Erlöſchen, nach kurzer Allmacht, als ein
Glück für das Land zu bezeichnen haben, ſo liegt das in Neben-
dingen, in begleitenden Zufälligkeiten, die theils irrthümlicher-
weiſe, von den Feinden aber in wohlüberlegter Abſicht in den
Vordergrund geſtellt worden ſind, um das moraliſche Anſehen
des Gegners zu discreditiren. Wir meinen hier die Geiſter-
erſcheinungen
, den ganzen Apparat, der von den Roſen-
kreuzern in Bewegung geſetzt wurde, um einen trägen Glauben
künſtlich zu beleben.

Wegzuläugnen ſind dieſe trüben Dinge nicht, wiewohl ſie
höchſt wahrſcheinlich eine viel geringere Rolle geſpielt haben, als
man gewöhnlich annimmt. Gleichviel: man hat zu dieſen Hilfs-
mitteln gegriffen und wir perhorresciren es, daß es geſchehen.
Es war unwürdig, bei dem betrügeriſchen Schrepfer ſo zu ſagen
auf Borg zu gehen, ſeine im Dienſt der Lüge klugverwandten
Künſte in den Dienſt einer Sache zu ſtellen, die (für unſere
Ueberzeugung wenigſtens) ganz unbeſtritten einen idealen Kern
hatte. Es war ein Unrecht. Aber betonen wir dies Unrecht
nicht ſtärker als nöthig. Beurtheilen wir die Dinge aus der
Zeit heraus. Auch das ſittliche Empfinden ſtellt ſich in ver-
ſchiedenen Jahrhunderten verſchieden. Eine Politik, wie ſie der
große Kurfürſt (ein frommer, ſtrenggläubiger Mann) gegen
Polen und Schweden übte, würde heute verabſcheut werden;
damals nahm Niemand Anſtoß daran; man bewunderte nur
den klugen, patriotiſchen Fürſten; — und zu allen Zeiten ſind
Wunder gemacht worden, nicht von Betrügern (von dieſen
ſprechen wir nicht), ſondern von Prieſtern, die an einen ewi-
gen, allmächtigen und wunderthätigen Gott in aller Auf-
richtigkeit glaubten. Wie wir ſchon an früherer Stelle ſagten:
das kleine Mit-Eingreifen, das Mit-Spielen, iſt kein
Beweis für ein frivoles Sich drüber ſtellen über die transcen-
dentale Welt.

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das ging ihm eben über Kraft und Verſtändniß.
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[316/0334] Wenn wir dennoch das Auftreten des Roſenkreuzerthums zu beklagen und ſein Erlöſchen, nach kurzer Allmacht, als ein Glück für das Land zu bezeichnen haben, ſo liegt das in Neben- dingen, in begleitenden Zufälligkeiten, die theils irrthümlicher- weiſe, von den Feinden aber in wohlüberlegter Abſicht in den Vordergrund geſtellt worden ſind, um das moraliſche Anſehen des Gegners zu discreditiren. Wir meinen hier die Geiſter- erſcheinungen, den ganzen Apparat, der von den Roſen- kreuzern in Bewegung geſetzt wurde, um einen trägen Glauben künſtlich zu beleben. Wegzuläugnen ſind dieſe trüben Dinge nicht, wiewohl ſie höchſt wahrſcheinlich eine viel geringere Rolle geſpielt haben, als man gewöhnlich annimmt. Gleichviel: man hat zu dieſen Hilfs- mitteln gegriffen und wir perhorresciren es, daß es geſchehen. Es war unwürdig, bei dem betrügeriſchen Schrepfer ſo zu ſagen auf Borg zu gehen, ſeine im Dienſt der Lüge klugverwandten Künſte in den Dienſt einer Sache zu ſtellen, die (für unſere Ueberzeugung wenigſtens) ganz unbeſtritten einen idealen Kern hatte. Es war ein Unrecht. Aber betonen wir dies Unrecht nicht ſtärker als nöthig. Beurtheilen wir die Dinge aus der Zeit heraus. Auch das ſittliche Empfinden ſtellt ſich in ver- ſchiedenen Jahrhunderten verſchieden. Eine Politik, wie ſie der große Kurfürſt (ein frommer, ſtrenggläubiger Mann) gegen Polen und Schweden übte, würde heute verabſcheut werden; damals nahm Niemand Anſtoß daran; man bewunderte nur den klugen, patriotiſchen Fürſten; — und zu allen Zeiten ſind Wunder gemacht worden, nicht von Betrügern (von dieſen ſprechen wir nicht), ſondern von Prieſtern, die an einen ewi- gen, allmächtigen und wunderthätigen Gott in aller Auf- richtigkeit glaubten. Wie wir ſchon an früherer Stelle ſagten: das kleine Mit-Eingreifen, das Mit-Spielen, iſt kein Beweis für ein frivoles Sich drüber ſtellen über die transcen- dentale Welt. *) *) daß die Philoſopheme Beider ſich als „gleich ungereimt“ erweiſen. All das ging ihm eben über Kraft und Verſtändniß.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/334>, abgerufen am 24.11.2024.