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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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schwerem Flügelschlag flog eine Eule, die der Förster vom Jagd-
schloß "Stern" in der Bettsponde des Königs einlogirt hatte.

Dieser selber hätte uns nicht großäugiger und nicht bedroh-
licher ansehen können als der Gast, der hier an seiner Stelle
eingezogen war.

3.

Vom Stern bis nach Gütergotz ist nur noch eine halbe
Stunde. Wir erreichten es mit Sonnenuntergang; im Staub
der letzten heimkehrenden Heerde hielten wir vor dem Gasthaus
von "Unverworfen." Ein überraschender Name, aber Ver-
trauen erweckend. Wir bestellten ein Zimmer, schüttelten den
Staub aus Rock und Hut und traten wieder in die Dorfgasse
hinaus, um Gütergotz im Dämmer zu sehen. Eine schmale
Mondsichel stand am Himmel, hell genug, um uns Form und
Farben ausreichend erkennen zu lassen. Nach kurzem Gange
standen wir inmitten eines Platzes, der das Herz von Güter-
gotz und zugleich seine Zierde bildet. Häuser- und Baumreihen
fassen die Längsseiten ein, an den Schmalseiten aber, einander
gegenüber, erheben sich links die Kirche und rechts das Schloß.
Das Ganze eine gefällige und eine stattliche Anlage zugleich.

Wir umschritten den Platz, in den Gehöften war es still
geworden, nur hier und da fuhr ein Hund bellend aus seiner
Hütte. Als wir an das Kirchhofsthor kamen, traten wir ein;
der Mondschimmer lag jetzt auf Thurm und Dach; an den
sauber behauenen Feldsteinquadern, an der Form der Apsis,
an der geknickten Dachfirst-Linie erkannten wir leicht den Ci-
stercienser-Bau des 13. Jahrhunderts. In der That, Güter-
gotz war Klostergut und gehörte durch drei Jahrhunderte hin
zu Kloster Lehnin.

Es ziemte sich wohl (und die Mönche wählten gern solche
Plätze) an dieser Stätte eine Kloster-Filiale zu errichten, denn
der alte Heidenspuk mochte an dieser Stelle fester sitzen als
anderswo; war es doch die Stelle, an der die Wenden ihrem
Morgengott, dem Juthrie-Götzen (Jütergotz) ein Bild und eine

ſchwerem Flügelſchlag flog eine Eule, die der Förſter vom Jagd-
ſchloß „Stern“ in der Bettſponde des Königs einlogirt hatte.

Dieſer ſelber hätte uns nicht großäugiger und nicht bedroh-
licher anſehen können als der Gaſt, der hier an ſeiner Stelle
eingezogen war.

3.

Vom Stern bis nach Gütergotz iſt nur noch eine halbe
Stunde. Wir erreichten es mit Sonnenuntergang; im Staub
der letzten heimkehrenden Heerde hielten wir vor dem Gaſthaus
von „Unverworfen.“ Ein überraſchender Name, aber Ver-
trauen erweckend. Wir beſtellten ein Zimmer, ſchüttelten den
Staub aus Rock und Hut und traten wieder in die Dorfgaſſe
hinaus, um Gütergotz im Dämmer zu ſehen. Eine ſchmale
Mondſichel ſtand am Himmel, hell genug, um uns Form und
Farben ausreichend erkennen zu laſſen. Nach kurzem Gange
ſtanden wir inmitten eines Platzes, der das Herz von Güter-
gotz und zugleich ſeine Zierde bildet. Häuſer- und Baumreihen
faſſen die Längsſeiten ein, an den Schmalſeiten aber, einander
gegenüber, erheben ſich links die Kirche und rechts das Schloß.
Das Ganze eine gefällige und eine ſtattliche Anlage zugleich.

Wir umſchritten den Platz, in den Gehöften war es ſtill
geworden, nur hier und da fuhr ein Hund bellend aus ſeiner
Hütte. Als wir an das Kirchhofsthor kamen, traten wir ein;
der Mondſchimmer lag jetzt auf Thurm und Dach; an den
ſauber behauenen Feldſteinquadern, an der Form der Apſis,
an der geknickten Dachfirſt-Linie erkannten wir leicht den Ci-
ſtercienſer-Bau des 13. Jahrhunderts. In der That, Güter-
gotz war Kloſtergut und gehörte durch drei Jahrhunderte hin
zu Kloſter Lehnin.

Es ziemte ſich wohl (und die Mönche wählten gern ſolche
Plätze) an dieſer Stätte eine Kloſter-Filiale zu errichten, denn
der alte Heidenſpuk mochte an dieſer Stelle feſter ſitzen als
anderswo; war es doch die Stelle, an der die Wenden ihrem
Morgengott, dem Juthrie-Götzen (Jütergotz) ein Bild und eine

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[357/0375] ſchwerem Flügelſchlag flog eine Eule, die der Förſter vom Jagd- ſchloß „Stern“ in der Bettſponde des Königs einlogirt hatte. Dieſer ſelber hätte uns nicht großäugiger und nicht bedroh- licher anſehen können als der Gaſt, der hier an ſeiner Stelle eingezogen war. 3. Vom Stern bis nach Gütergotz iſt nur noch eine halbe Stunde. Wir erreichten es mit Sonnenuntergang; im Staub der letzten heimkehrenden Heerde hielten wir vor dem Gaſthaus von „Unverworfen.“ Ein überraſchender Name, aber Ver- trauen erweckend. Wir beſtellten ein Zimmer, ſchüttelten den Staub aus Rock und Hut und traten wieder in die Dorfgaſſe hinaus, um Gütergotz im Dämmer zu ſehen. Eine ſchmale Mondſichel ſtand am Himmel, hell genug, um uns Form und Farben ausreichend erkennen zu laſſen. Nach kurzem Gange ſtanden wir inmitten eines Platzes, der das Herz von Güter- gotz und zugleich ſeine Zierde bildet. Häuſer- und Baumreihen faſſen die Längsſeiten ein, an den Schmalſeiten aber, einander gegenüber, erheben ſich links die Kirche und rechts das Schloß. Das Ganze eine gefällige und eine ſtattliche Anlage zugleich. Wir umſchritten den Platz, in den Gehöften war es ſtill geworden, nur hier und da fuhr ein Hund bellend aus ſeiner Hütte. Als wir an das Kirchhofsthor kamen, traten wir ein; der Mondſchimmer lag jetzt auf Thurm und Dach; an den ſauber behauenen Feldſteinquadern, an der Form der Apſis, an der geknickten Dachfirſt-Linie erkannten wir leicht den Ci- ſtercienſer-Bau des 13. Jahrhunderts. In der That, Güter- gotz war Kloſtergut und gehörte durch drei Jahrhunderte hin zu Kloſter Lehnin. Es ziemte ſich wohl (und die Mönche wählten gern ſolche Plätze) an dieſer Stätte eine Kloſter-Filiale zu errichten, denn der alte Heidenſpuk mochte an dieſer Stelle feſter ſitzen als anderswo; war es doch die Stelle, an der die Wenden ihrem Morgengott, dem Juthrie-Götzen (Jütergotz) ein Bild und eine

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/375>, abgerufen am 24.11.2024.