war die Sahrsche Division, die bei Großbeeren vorzugsweise tapfer gefochten hatte.
Der nicht unerhebliche Aufwand, den der König in Fried- richsfelde machte, wurde theils aus den Geldern seiner Chatouille, theils durch eine Anleihe bei dem Berliner Ban- quierhause Benecke bestritten.
Am 9. Februar 1815 endlich war (in Wien) das Proto- koll unterzeichnet worden, das über das Schicksal Sachsens ent- schied; -- am 22. Februar verließ der sächsische Hof Friedrichs- felde und begab sich, auf Einladung des Kaisers von Oester- reich: "doch in der Nähe von Wien Residenz nehmen zu wol- len," durch Schlesien über Wien nach Preßburg, wo der König den Palast des Primas bezog.
So viel hab ich aus Aufzeichnungen, die damals gemacht wurden, zu entnehmen vermocht; in Friedrichsfelde selbst wird noch Folgendes erzählt:
Der König lebte ganz als König. Sehr viel Dienerschaft, altfränkisch gekleidet, blau und gelb, war um ihn her; die Kutscher immer in Kanonenstiefeln. Vormittags zwischen 11 und 12 pflegte er im Park zu promeniren; Nachmittags wurde ausgefahren auf die benachbarten Dörfer, namentlich auf solche, wo ein Park oder ein Fluß war, also nach Stralau, Lichten- berg, Biesdorf und vorzugsweise nach Schönhausen. Er war bei den Friedrichsfeldern sehr populär, weil er herablassend und wohlwollend war und (die Hauptsache) ihnen viel zu verdienen gab. Der zahlreiche Besuch, der untergebracht werden mußte, schaffte den Bauern eine gute Einnahme; dazu die Berliner, die Sonntags, aus purer Neugier, in Schaaren herbeiströmten.
Den Hauptvortheil aber hatten die Bauern von den vielen Holz-Fuhren, die sie leisteten, und von der Stallung, die sie vermietheten. Tag um Tag wurde ein Haufen Holz im Schloß verbrannt, und der königliche Marstall befand sich, Gespann- weise, auf den einzelnen Bauerhöfen.
Fontane, Wanderungen. III. 27
war die Sahrſche Diviſion, die bei Großbeeren vorzugsweiſe tapfer gefochten hatte.
Der nicht unerhebliche Aufwand, den der König in Fried- richsfelde machte, wurde theils aus den Geldern ſeiner Chatouille, theils durch eine Anleihe bei dem Berliner Ban- quierhauſe Benecke beſtritten.
Am 9. Februar 1815 endlich war (in Wien) das Proto- koll unterzeichnet worden, das über das Schickſal Sachſens ent- ſchied; — am 22. Februar verließ der ſächſiſche Hof Friedrichs- felde und begab ſich, auf Einladung des Kaiſers von Oeſter- reich: „doch in der Nähe von Wien Reſidenz nehmen zu wol- len,“ durch Schleſien über Wien nach Preßburg, wo der König den Palaſt des Primas bezog.
So viel hab ich aus Aufzeichnungen, die damals gemacht wurden, zu entnehmen vermocht; in Friedrichsfelde ſelbſt wird noch Folgendes erzählt:
Der König lebte ganz als König. Sehr viel Dienerſchaft, altfränkiſch gekleidet, blau und gelb, war um ihn her; die Kutſcher immer in Kanonenſtiefeln. Vormittags zwiſchen 11 und 12 pflegte er im Park zu promeniren; Nachmittags wurde ausgefahren auf die benachbarten Dörfer, namentlich auf ſolche, wo ein Park oder ein Fluß war, alſo nach Stralau, Lichten- berg, Biesdorf und vorzugsweiſe nach Schönhauſen. Er war bei den Friedrichsfeldern ſehr populär, weil er herablaſſend und wohlwollend war und (die Hauptſache) ihnen viel zu verdienen gab. Der zahlreiche Beſuch, der untergebracht werden mußte, ſchaffte den Bauern eine gute Einnahme; dazu die Berliner, die Sonntags, aus purer Neugier, in Schaaren herbeiſtrömten.
Den Hauptvortheil aber hatten die Bauern von den vielen Holz-Fuhren, die ſie leiſteten, und von der Stallung, die ſie vermietheten. Tag um Tag wurde ein Haufen Holz im Schloß verbrannt, und der königliche Marſtall befand ſich, Geſpann- weiſe, auf den einzelnen Bauerhöfen.
Fontane, Wanderungen. III. 27
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0435"n="417"/>
war die <hirendition="#g">Sahrſche</hi> Diviſion, die bei Großbeeren vorzugsweiſe<lb/>
tapfer gefochten hatte.</p><lb/><p>Der nicht unerhebliche Aufwand, den der König in <hirendition="#g">Fried-<lb/>
richsfelde</hi> machte, wurde theils aus den Geldern ſeiner<lb/>
Chatouille, theils durch eine Anleihe bei dem Berliner Ban-<lb/>
quierhauſe Benecke beſtritten.</p><lb/><p>Am 9. Februar 1815 endlich war (in Wien) das Proto-<lb/>
koll unterzeichnet worden, das über das Schickſal Sachſens ent-<lb/>ſchied; — am 22. Februar verließ der ſächſiſche Hof Friedrichs-<lb/>
felde und begab ſich, auf Einladung des Kaiſers von Oeſter-<lb/>
reich: „doch in der Nähe von Wien Reſidenz nehmen zu wol-<lb/>
len,“ durch Schleſien über Wien nach Preßburg, wo der König<lb/>
den Palaſt des Primas bezog.</p><lb/><p>So viel hab ich aus <hirendition="#g">Aufzeichnungen</hi>, die damals<lb/>
gemacht wurden, zu entnehmen vermocht; in Friedrichsfelde<lb/>ſelbſt wird noch Folgendes erzählt:</p><lb/><p>Der König lebte ganz als König. Sehr viel Dienerſchaft,<lb/>
altfränkiſch gekleidet, blau und gelb, war um ihn her; die<lb/>
Kutſcher immer in Kanonenſtiefeln. Vormittags zwiſchen 11<lb/>
und 12 pflegte er im Park zu promeniren; Nachmittags wurde<lb/>
ausgefahren auf die benachbarten Dörfer, namentlich auf ſolche,<lb/>
wo ein Park oder ein Fluß war, alſo nach Stralau, Lichten-<lb/>
berg, Biesdorf und vorzugsweiſe nach Schönhauſen. Er war<lb/>
bei den Friedrichsfeldern ſehr populär, weil er herablaſſend und<lb/>
wohlwollend war und (die Hauptſache) ihnen viel zu verdienen<lb/>
gab. Der zahlreiche Beſuch, der untergebracht werden mußte,<lb/>ſchaffte den Bauern eine gute Einnahme; dazu die Berliner,<lb/>
die Sonntags, aus purer Neugier, in Schaaren herbeiſtrömten.</p><lb/><p>Den Hauptvortheil aber hatten die Bauern von den vielen<lb/>
Holz-Fuhren, die ſie leiſteten, und von der Stallung, die ſie<lb/>
vermietheten. Tag um Tag wurde ein Haufen Holz im Schloß<lb/>
verbrannt, und der königliche Marſtall befand ſich, Geſpann-<lb/>
weiſe, auf den einzelnen Bauerhöfen.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#g">Fontane</hi>, Wanderungen. <hirendition="#aq">III.</hi> 27</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[417/0435]
war die Sahrſche Diviſion, die bei Großbeeren vorzugsweiſe
tapfer gefochten hatte.
Der nicht unerhebliche Aufwand, den der König in Fried-
richsfelde machte, wurde theils aus den Geldern ſeiner
Chatouille, theils durch eine Anleihe bei dem Berliner Ban-
quierhauſe Benecke beſtritten.
Am 9. Februar 1815 endlich war (in Wien) das Proto-
koll unterzeichnet worden, das über das Schickſal Sachſens ent-
ſchied; — am 22. Februar verließ der ſächſiſche Hof Friedrichs-
felde und begab ſich, auf Einladung des Kaiſers von Oeſter-
reich: „doch in der Nähe von Wien Reſidenz nehmen zu wol-
len,“ durch Schleſien über Wien nach Preßburg, wo der König
den Palaſt des Primas bezog.
So viel hab ich aus Aufzeichnungen, die damals
gemacht wurden, zu entnehmen vermocht; in Friedrichsfelde
ſelbſt wird noch Folgendes erzählt:
Der König lebte ganz als König. Sehr viel Dienerſchaft,
altfränkiſch gekleidet, blau und gelb, war um ihn her; die
Kutſcher immer in Kanonenſtiefeln. Vormittags zwiſchen 11
und 12 pflegte er im Park zu promeniren; Nachmittags wurde
ausgefahren auf die benachbarten Dörfer, namentlich auf ſolche,
wo ein Park oder ein Fluß war, alſo nach Stralau, Lichten-
berg, Biesdorf und vorzugsweiſe nach Schönhauſen. Er war
bei den Friedrichsfeldern ſehr populär, weil er herablaſſend und
wohlwollend war und (die Hauptſache) ihnen viel zu verdienen
gab. Der zahlreiche Beſuch, der untergebracht werden mußte,
ſchaffte den Bauern eine gute Einnahme; dazu die Berliner,
die Sonntags, aus purer Neugier, in Schaaren herbeiſtrömten.
Den Hauptvortheil aber hatten die Bauern von den vielen
Holz-Fuhren, die ſie leiſteten, und von der Stallung, die ſie
vermietheten. Tag um Tag wurde ein Haufen Holz im Schloß
verbrannt, und der königliche Marſtall befand ſich, Geſpann-
weiſe, auf den einzelnen Bauerhöfen.
Fontane, Wanderungen. III. 27
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der dritte Band "Ost-Havelland. Die Landschaft um Spandau, Potsdam, Brandenburg" 1873 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/435>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.