Benutzt: Schloß und Nikolai-Kirche zu Spandau. (Aufsatz von Oskar Schwebel, Kreuz-Ztg. 1869, Nr. 219, Beilage.)
Die Kirche ist reich an interessanten Denkmalen.
Der reiche Altar
aus bemaltem Sandstein ist ein Geschenk des Grafen Rochus von Lynar; er und seine erste Gemahlin, Freiin Anna v. Montott, schenkten ihn im Jahre 1582 der Kirche. Die Hauptdarstellung in halb erhabener Arbeit zeigt ein Abendmahl, die Einwirkungen der italienischen Kunstformen sind unverkennbar. Höchst interessant sind die Figuren der Donatoren, links die Gräfin in wei- ßem Damastkleide mit schwerem, dunkelblauem Obergewande, vor ihr drei Töchter in weißer Seide, rechts der Graf in prachtvoller Rüstung mit zwei Söhnen; goldene Ketten in Menge legen ein Zeugniß von dem Reichthum des Hauses ab. Besonders schön sind die Köpfe gearbeitet; das Ganze bildet mit dem Aufsatze, der ein jüngstes Gericht und die Schlangen- und Thurmschilde der Lynars, die Löwen und den Schach der Montotts enthält, ein Familien-Denkmal von frommem Sinn und wahrhaft aristokratischer Pracht. Unter dem Altar ist die Familiengruft der Lynars; in dem großen schönen Zinnsarge schläft der alte "Kur- fürstlich Brandenburgische Rath, bestallter oberster Artolorei-Munitions- Baumeister" von seines Lebens weiten Zügen und seinem reichen, ange- strengten Tagewerke aus. Außerdem tragen die schönen Leuchter des Altars sein und seiner Gattin Wappen und Namen; der ritterliche Herr hat eine offene Hand gegen das Gotteshaus gehabt, und heut noch vergessen es seine Nachkommen nicht, den Altar von Spandau in schö-
Anmerkungen.
St. Nicolai zu Spandau.
Benutzt: Schloß und Nikolai-Kirche zu Spandau. (Aufſatz von Oskar Schwebel, Kreuz-Ztg. 1869, Nr. 219, Beilage.)
Die Kirche iſt reich an intereſſanten Denkmalen.
Der reiche Altar
aus bemaltem Sandſtein iſt ein Geſchenk des Grafen Rochus von Lynar; er und ſeine erſte Gemahlin, Freiin Anna v. Montott, ſchenkten ihn im Jahre 1582 der Kirche. Die Hauptdarſtellung in halb erhabener Arbeit zeigt ein Abendmahl, die Einwirkungen der italieniſchen Kunſtformen ſind unverkennbar. Höchſt intereſſant ſind die Figuren der Donatoren, links die Gräfin in wei- ßem Damaſtkleide mit ſchwerem, dunkelblauem Obergewande, vor ihr drei Töchter in weißer Seide, rechts der Graf in prachtvoller Rüſtung mit zwei Söhnen; goldene Ketten in Menge legen ein Zeugniß von dem Reichthum des Hauſes ab. Beſonders ſchön ſind die Köpfe gearbeitet; das Ganze bildet mit dem Aufſatze, der ein jüngſtes Gericht und die Schlangen- und Thurmſchilde der Lynars, die Löwen und den Schach der Montotts enthält, ein Familien-Denkmal von frommem Sinn und wahrhaft ariſtokratiſcher Pracht. Unter dem Altar iſt die Familiengruft der Lynars; in dem großen ſchönen Zinnſarge ſchläft der alte „Kur- fürſtlich Brandenburgiſche Rath, beſtallter oberſter Artolorei-Munitions- Baumeiſter“ von ſeines Lebens weiten Zügen und ſeinem reichen, ange- ſtrengten Tagewerke aus. Außerdem tragen die ſchönen Leuchter des Altars ſein und ſeiner Gattin Wappen und Namen; der ritterliche Herr hat eine offene Hand gegen das Gotteshaus gehabt, und heut noch vergeſſen es ſeine Nachkommen nicht, den Altar von Spandau in ſchö-
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Anmerkungen.
St. Nicolai zu Spandau.
Benutzt: Schloß und Nikolai-Kirche zu Spandau. (Aufſatz von
Oskar Schwebel, Kreuz-Ztg. 1869, Nr. 219, Beilage.)
Die Kirche iſt reich an intereſſanten Denkmalen.
Der reiche Altar aus bemaltem Sandſtein iſt ein Geſchenk des
Grafen Rochus von Lynar; er und ſeine erſte Gemahlin, Freiin
Anna v. Montott, ſchenkten ihn im Jahre 1582 der Kirche. Die
Hauptdarſtellung in halb erhabener Arbeit zeigt ein Abendmahl, die
Einwirkungen der italieniſchen Kunſtformen ſind unverkennbar. Höchſt
intereſſant ſind die Figuren der Donatoren, links die Gräfin in wei-
ßem Damaſtkleide mit ſchwerem, dunkelblauem Obergewande, vor ihr
drei Töchter in weißer Seide, rechts der Graf in prachtvoller Rüſtung
mit zwei Söhnen; goldene Ketten in Menge legen ein Zeugniß von dem
Reichthum des Hauſes ab. Beſonders ſchön ſind die Köpfe gearbeitet;
das Ganze bildet mit dem Aufſatze, der ein jüngſtes Gericht und die
Schlangen- und Thurmſchilde der Lynars, die Löwen und den Schach
der Montotts enthält, ein Familien-Denkmal von frommem Sinn und
wahrhaft ariſtokratiſcher Pracht. Unter dem Altar iſt die Familiengruft
der Lynars; in dem großen ſchönen Zinnſarge ſchläft der alte „Kur-
fürſtlich Brandenburgiſche Rath, beſtallter oberſter Artolorei-Munitions-
Baumeiſter“ von ſeines Lebens weiten Zügen und ſeinem reichen, ange-
ſtrengten Tagewerke aus. Außerdem tragen die ſchönen Leuchter des
Altars ſein und ſeiner Gattin Wappen und Namen; der ritterliche Herr
hat eine offene Hand gegen das Gotteshaus gehabt, und heut noch
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der dritte Band "Ost-Havelland. Die Landschaft um Spandau, Potsdam, Brandenburg" 1873 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. [430]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/448>, abgerufen am 24.11.2024.
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