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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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in dem genannten Jahre eine Runkelrübenzucker-Fabrik, die
selber wieder in Trümmer zerfallen war, und ein elender
Schauspielsaal stand an der Stelle der Mönchs-Bibliothek,
vielleicht an der Stelle der Kirche. Die Zelle des heiligen Bern-
hard, die vor ohngefähr 20 Jahren noch existirte, hatte inzwischen
einem Schmelzofen Platz gemacht; -- nur noch der Schutt
der Zelle war vorhanden. Alle sonstigen Bauwerke waren längst
zerstört, und aus ihren bloßen Trümmermassen waren drei
Dörfer erbaut worden."

In dieser kurzen Schilderung des Verfalls des Mutterklosters
ist zugleich die Geschichte von überhundert Töchter-Klöstern
erzählt -- auch der unserigen.

Die Klöster selber sind hin; viele von denen, die hierlands
in alten Klostermauern wohnen, wissen kaum, daß es Kloster-
mauern sind, sicherlich nicht, daß es Cistercienser waren, die vor
ihnen die Stätte inne hatten. Und hörten sie je das Wort, so
wissen sie nicht, was es meint und bedeutet. Und doch waren
es die Pionire, die hundert und tausend andern Colonisten, die
nach ihnen kamen, die Wege bahnten. Das Gedächtniß an sie
und an das Schöne, Gute, Dauerbare, das sie geschaffen, ist
geschwunden; uns aber mag es geziemen, darauf hinzuweisen, daß
noch an vielen hundert Orten ihre Thaten und Wohlthaten zu
uns sprechen. Ueberall, wo in den Teltow- und Barnim-Dör-
fern, in der Ukermark und im Ruppinschen, alte Feldsteinkirchen
aufragen mit kurzem Thurm und kleinen niedrigen Fenstern, das
Ganze fast mehr eine Burg als eine Kirche, überall, wo die
Ostwand einen chorartigen Ausbau, ein sauber gearbeitetes Sakri-
stei-Häuschen, oder das Dach in Folge späteren Anbaues eine
rechtwinklige Biegung, einen Knick zeigt, überall da mögen wir
sicher sein, -- hier waren Cistercienser, hier haben Cister-
cienser gebaut und der Kultur und dem Christenthum die erste
Stätte bereitet.


in dem genannten Jahre eine Runkelrübenzucker-Fabrik, die
ſelber wieder in Trümmer zerfallen war, und ein elender
Schauſpielſaal ſtand an der Stelle der Mönchs-Bibliothek,
vielleicht an der Stelle der Kirche. Die Zelle des heiligen Bern-
hard, die vor ohngefähr 20 Jahren noch exiſtirte, hatte inzwiſchen
einem Schmelzofen Platz gemacht; — nur noch der Schutt
der Zelle war vorhanden. Alle ſonſtigen Bauwerke waren längſt
zerſtört, und aus ihren bloßen Trümmermaſſen waren drei
Dörfer erbaut worden.“

In dieſer kurzen Schilderung des Verfalls des Mutterkloſters
iſt zugleich die Geſchichte von überhundert Töchter-Klöſtern
erzählt — auch der unſerigen.

Die Klöſter ſelber ſind hin; viele von denen, die hierlands
in alten Kloſtermauern wohnen, wiſſen kaum, daß es Kloſter-
mauern ſind, ſicherlich nicht, daß es Ciſtercienſer waren, die vor
ihnen die Stätte inne hatten. Und hörten ſie je das Wort, ſo
wiſſen ſie nicht, was es meint und bedeutet. Und doch waren
es die Pionire, die hundert und tauſend andern Coloniſten, die
nach ihnen kamen, die Wege bahnten. Das Gedächtniß an ſie
und an das Schöne, Gute, Dauerbare, das ſie geſchaffen, iſt
geſchwunden; uns aber mag es geziemen, darauf hinzuweiſen, daß
noch an vielen hundert Orten ihre Thaten und Wohlthaten zu
uns ſprechen. Ueberall, wo in den Teltow- und Barnim-Dör-
fern, in der Ukermark und im Ruppinſchen, alte Feldſteinkirchen
aufragen mit kurzem Thurm und kleinen niedrigen Fenſtern, das
Ganze faſt mehr eine Burg als eine Kirche, überall, wo die
Oſtwand einen chorartigen Ausbau, ein ſauber gearbeitetes Sakri-
ſtei-Häuschen, oder das Dach in Folge ſpäteren Anbaues eine
rechtwinklige Biegung, einen Knick zeigt, überall da mögen wir
ſicher ſein, — hier waren Ciſtercienſer, hier haben Ciſter-
cienſer gebaut und der Kultur und dem Chriſtenthum die erſte
Stätte bereitet.


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[72/0090] in dem genannten Jahre eine Runkelrübenzucker-Fabrik, die ſelber wieder in Trümmer zerfallen war, und ein elender Schauſpielſaal ſtand an der Stelle der Mönchs-Bibliothek, vielleicht an der Stelle der Kirche. Die Zelle des heiligen Bern- hard, die vor ohngefähr 20 Jahren noch exiſtirte, hatte inzwiſchen einem Schmelzofen Platz gemacht; — nur noch der Schutt der Zelle war vorhanden. Alle ſonſtigen Bauwerke waren längſt zerſtört, und aus ihren bloßen Trümmermaſſen waren drei Dörfer erbaut worden.“ In dieſer kurzen Schilderung des Verfalls des Mutterkloſters iſt zugleich die Geſchichte von überhundert Töchter-Klöſtern erzählt — auch der unſerigen. Die Klöſter ſelber ſind hin; viele von denen, die hierlands in alten Kloſtermauern wohnen, wiſſen kaum, daß es Kloſter- mauern ſind, ſicherlich nicht, daß es Ciſtercienſer waren, die vor ihnen die Stätte inne hatten. Und hörten ſie je das Wort, ſo wiſſen ſie nicht, was es meint und bedeutet. Und doch waren es die Pionire, die hundert und tauſend andern Coloniſten, die nach ihnen kamen, die Wege bahnten. Das Gedächtniß an ſie und an das Schöne, Gute, Dauerbare, das ſie geſchaffen, iſt geſchwunden; uns aber mag es geziemen, darauf hinzuweiſen, daß noch an vielen hundert Orten ihre Thaten und Wohlthaten zu uns ſprechen. Ueberall, wo in den Teltow- und Barnim-Dör- fern, in der Ukermark und im Ruppinſchen, alte Feldſteinkirchen aufragen mit kurzem Thurm und kleinen niedrigen Fenſtern, das Ganze faſt mehr eine Burg als eine Kirche, überall, wo die Oſtwand einen chorartigen Ausbau, ein ſauber gearbeitetes Sakri- ſtei-Häuschen, oder das Dach in Folge ſpäteren Anbaues eine rechtwinklige Biegung, einen Knick zeigt, überall da mögen wir ſicher ſein, — hier waren Ciſtercienſer, hier haben Ciſter- cienſer gebaut und der Kultur und dem Chriſtenthum die erſte Stätte bereitet.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/90>, abgerufen am 29.11.2024.