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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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wurde seine Residenz, eine Wenden-Veste, zur markgräflichen Burg,
aber weder Bild noch Beschreibung sind auf uns gekommen, aus
denen wir ersehen könnten, wie Schloß Cöpenick zur Zeit der
Askanier oder Baiern oder ersten Hohenzollern war. Es muß uns
genügen, daß wir von seiner Existenz wissen. Auch seine Ge-
schichte verschwimmt in blassen, characterlosen Zügen und alles
was mit bestimmterem Gepräg an uns herantritt ist das eine,
daß es in diesem alten Schlosse zu Cöpenick war, wo der v.
Otterstedt an die Thüre seines kurfürstlichen Herren schrieb:

Jochimken, Jochimken höde Dy,
Wo wi di krigen do hängen wi Dy.

Das alte Schloß stand bis 1550. Kurfürst Joachim II.,
ein leidenschaftlicher Jäger, dessen Waidmannslust ihn oft in die
dichten Forsten um Cöpenick herum führte, ließ den alten Bau
niederreißen und ein Jagdschloß an Stelle desselben aufführen.


Dies Jagdschloß Joachim's II. oder das mittlere Schloß
Cöpenick stand wenig über 100 Jahr, aber seine Geschichte spricht
schon in deutlicheren Zügen und die Merian'sche Topographie hat
uns ein Bild desselben (etwa aus dem Jahre 1640) aufbewahrt.
Nach diesem Bilde war es ein regelmäßiges Viereck, das zur einen
Hälfte aus zwei rechtwinklig auf einander stoßenden Flügeln, zur
andern Hälfte aus zwei niedrigen, eben jenes Viereck herstellenden
Mauern bestand; der ganze Bau von fünf Thürmen überragt,
vier an den Außenecken, der fünfte innerhalb des Schloßhofs, in
dem von den beiden Flügeln gebildeten rechten Winkel.

Joachim II. weilte gern in Schloß Cöpenick. Sein Hof-
und Jagdgesinde war dann um ihn her, auch die Söhne wohl,
die ihm Anna Sydow "die schöne Gießerin", geboren hatte. In
früheren Jahren hatte diese selbst bei den jedesmal stattfindenden
Lustbarkeiten nicht gefehlt, bis ein an und für sich geringfügiger
Vorfall einen tiefen Eindruck auf des Kurfürsten Herz machte.
Die Bauern sahen Anna Sydow sammt ihren Kindern neben
dem Kurfürsten stehen und fragten sich unter einander: "ist das
unsres gnädigsten Herrn unrechte Frau? sind das die unrechten
Kinder? wie darf er's thun und wir nicht?" Der Kurfürst

wurde ſeine Reſidenz, eine Wenden-Veſte, zur markgräflichen Burg,
aber weder Bild noch Beſchreibung ſind auf uns gekommen, aus
denen wir erſehen könnten, wie Schloß Cöpenick zur Zeit der
Askanier oder Baiern oder erſten Hohenzollern war. Es muß uns
genügen, daß wir von ſeiner Exiſtenz wiſſen. Auch ſeine Ge-
ſchichte verſchwimmt in blaſſen, characterloſen Zügen und alles
was mit beſtimmterem Gepräg an uns herantritt iſt das eine,
daß es in dieſem alten Schloſſe zu Cöpenick war, wo der v.
Otterſtedt an die Thüre ſeines kurfürſtlichen Herren ſchrieb:

Jochimken, Jochimken höde Dy,
Wo wi di krigen do hängen wi Dy.

Das alte Schloß ſtand bis 1550. Kurfürſt Joachim II.,
ein leidenſchaftlicher Jäger, deſſen Waidmannsluſt ihn oft in die
dichten Forſten um Cöpenick herum führte, ließ den alten Bau
niederreißen und ein Jagdſchloß an Stelle deſſelben aufführen.


Dies Jagdſchloß Joachim’s II. oder das mittlere Schloß
Cöpenick ſtand wenig über 100 Jahr, aber ſeine Geſchichte ſpricht
ſchon in deutlicheren Zügen und die Merian’ſche Topographie hat
uns ein Bild deſſelben (etwa aus dem Jahre 1640) aufbewahrt.
Nach dieſem Bilde war es ein regelmäßiges Viereck, das zur einen
Hälfte aus zwei rechtwinklig auf einander ſtoßenden Flügeln, zur
andern Hälfte aus zwei niedrigen, eben jenes Viereck herſtellenden
Mauern beſtand; der ganze Bau von fünf Thürmen überragt,
vier an den Außenecken, der fünfte innerhalb des Schloßhofs, in
dem von den beiden Flügeln gebildeten rechten Winkel.

Joachim II. weilte gern in Schloß Cöpenick. Sein Hof-
und Jagdgeſinde war dann um ihn her, auch die Söhne wohl,
die ihm Anna Sydow „die ſchöne Gießerin“, geboren hatte. In
früheren Jahren hatte dieſe ſelbſt bei den jedesmal ſtattfindenden
Luſtbarkeiten nicht gefehlt, bis ein an und für ſich geringfügiger
Vorfall einen tiefen Eindruck auf des Kurfürſten Herz machte.
Die Bauern ſahen Anna Sydow ſammt ihren Kindern neben
dem Kurfürſten ſtehen und fragten ſich unter einander: „iſt das
unſres gnädigſten Herrn unrechte Frau? ſind das die unrechten
Kinder? wie darf er’s thun und wir nicht?“ Der Kurfürſt

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[90/0106] wurde ſeine Reſidenz, eine Wenden-Veſte, zur markgräflichen Burg, aber weder Bild noch Beſchreibung ſind auf uns gekommen, aus denen wir erſehen könnten, wie Schloß Cöpenick zur Zeit der Askanier oder Baiern oder erſten Hohenzollern war. Es muß uns genügen, daß wir von ſeiner Exiſtenz wiſſen. Auch ſeine Ge- ſchichte verſchwimmt in blaſſen, characterloſen Zügen und alles was mit beſtimmterem Gepräg an uns herantritt iſt das eine, daß es in dieſem alten Schloſſe zu Cöpenick war, wo der v. Otterſtedt an die Thüre ſeines kurfürſtlichen Herren ſchrieb: Jochimken, Jochimken höde Dy, Wo wi di krigen do hängen wi Dy. Das alte Schloß ſtand bis 1550. Kurfürſt Joachim II., ein leidenſchaftlicher Jäger, deſſen Waidmannsluſt ihn oft in die dichten Forſten um Cöpenick herum führte, ließ den alten Bau niederreißen und ein Jagdſchloß an Stelle deſſelben aufführen. Dies Jagdſchloß Joachim’s II. oder das mittlere Schloß Cöpenick ſtand wenig über 100 Jahr, aber ſeine Geſchichte ſpricht ſchon in deutlicheren Zügen und die Merian’ſche Topographie hat uns ein Bild deſſelben (etwa aus dem Jahre 1640) aufbewahrt. Nach dieſem Bilde war es ein regelmäßiges Viereck, das zur einen Hälfte aus zwei rechtwinklig auf einander ſtoßenden Flügeln, zur andern Hälfte aus zwei niedrigen, eben jenes Viereck herſtellenden Mauern beſtand; der ganze Bau von fünf Thürmen überragt, vier an den Außenecken, der fünfte innerhalb des Schloßhofs, in dem von den beiden Flügeln gebildeten rechten Winkel. Joachim II. weilte gern in Schloß Cöpenick. Sein Hof- und Jagdgeſinde war dann um ihn her, auch die Söhne wohl, die ihm Anna Sydow „die ſchöne Gießerin“, geboren hatte. In früheren Jahren hatte dieſe ſelbſt bei den jedesmal ſtattfindenden Luſtbarkeiten nicht gefehlt, bis ein an und für ſich geringfügiger Vorfall einen tiefen Eindruck auf des Kurfürſten Herz machte. Die Bauern ſahen Anna Sydow ſammt ihren Kindern neben dem Kurfürſten ſtehen und fragten ſich unter einander: „iſt das unſres gnädigſten Herrn unrechte Frau? ſind das die unrechten Kinder? wie darf er’s thun und wir nicht?“ Der Kurfürſt

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/106>, abgerufen am 24.11.2024.