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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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Geist und Gaben, das speciell diesem Prinzen zu Theil geworden
war, wenigstens Leben und Farbenfrische, wenn auch nichts von
Eigenart.

An dieser gebrach es durchaus. Man darf sagen, daß er in
allem seinen Bruder Heinrich copirte; der Friedrichsfelder Hof
war Seitenstück und Nachahmung des Rheinsberger. Zunächst
wurde die Hofhaltung im weitesten Sinne ganz nach dem dor-
tigen Muster eingerichtet. Cavalierhäuser, Stall- und Wachtge-
bäude, Tempel und Grotten wurden aufgeführt, alles wie in
Rheinsberg. Wie Prinz Heinrich einige 40 Kammerhusaren hielt,
die die Rheinsberger Garnison bildeten und den Wachtdienst im
Schlosse hatten, so hatte Prinz Ferdinand eine Art Invaliden-
Colonie in Friedrichsfelde, die ihren Zuzug aus seinem Ruppiner
Regiment empfing. Diese alten Soldaten bestellten ihr Stück
Garten- und Ackerland und nur immer einige wenige von ihnen mußten
abwechselnd auf Wache ziehn. Kam dann aber hoher Besuch, Prinz
Heinrich oder gar der König selbst, so mußten sie sämmtlich auf-
marschiren um die militärischen Verhältnisse von Friedrichsfelde in
möglichst günstigem Licht erscheinen zu lassen. Das Wachtlocal ist
noch da, und erinnert mit seinen Holzsäulchen, die das obere Stock-
werk tragen, an die früheren Wachthäuser am Halleschen Thor.

Natürlich war auch das Friedrichsfelder Leben dem Rheins-
berger verwandt, nur blasser, insipider. Wir müssen hinzu-
setzen, zu seinem Glück. Es hatte wohl auch seine "Chronique,"
seine Flüsterungen, seine Geheimnisse, aber es fehlte doch der
eigenthümliche Parfum, der in dem stillen, abgelegenen Schloß am
Grineritz-See alle Dinge durchdrang. In Friedrichsfelde gab es
Frauen, das sagt Alles. Ihre Gegenwart bedingte nicht immer
Tugend, aber doch wenigstens Natur. Und davon hatte der
Friedrichsfelder Hof sein volles Maaß. Die durchlauchtigste
Dame, die demselben vorstand, war eine Prinzessin von Schwedt,
gehörte mithin einem Frauenzirkel an, von dem man sagen konnte,
daß er der Natur noch um einen Schritt näher stand, als Frauen
ihr gewöhnlich zu stehen pflegen. Ihren Bildern und Büsten in
alten Galerien (am besten in der Schwerder selbst) zu begegnen,
ist eine wahre Herzensfreude. Welche Fülle von Leben, welche
Gesundheit in Formen und Farben! Ihre Ehen waren nicht

Geiſt und Gaben, das ſpeciell dieſem Prinzen zu Theil geworden
war, wenigſtens Leben und Farbenfriſche, wenn auch nichts von
Eigenart.

An dieſer gebrach es durchaus. Man darf ſagen, daß er in
allem ſeinen Bruder Heinrich copirte; der Friedrichsfelder Hof
war Seitenſtück und Nachahmung des Rheinsberger. Zunächſt
wurde die Hofhaltung im weiteſten Sinne ganz nach dem dor-
tigen Muſter eingerichtet. Cavalierhäuſer, Stall- und Wachtge-
bäude, Tempel und Grotten wurden aufgeführt, alles wie in
Rheinsberg. Wie Prinz Heinrich einige 40 Kammerhuſaren hielt,
die die Rheinsberger Garniſon bildeten und den Wachtdienſt im
Schloſſe hatten, ſo hatte Prinz Ferdinand eine Art Invaliden-
Colonie in Friedrichsfelde, die ihren Zuzug aus ſeinem Ruppiner
Regiment empfing. Dieſe alten Soldaten beſtellten ihr Stück
Garten- und Ackerland und nur immer einige wenige von ihnen mußten
abwechſelnd auf Wache ziehn. Kam dann aber hoher Beſuch, Prinz
Heinrich oder gar der König ſelbſt, ſo mußten ſie ſämmtlich auf-
marſchiren um die militäriſchen Verhältniſſe von Friedrichsfelde in
möglichſt günſtigem Licht erſcheinen zu laſſen. Das Wachtlocal iſt
noch da, und erinnert mit ſeinen Holzſäulchen, die das obere Stock-
werk tragen, an die früheren Wachthäuſer am Halleſchen Thor.

Natürlich war auch das Friedrichsfelder Leben dem Rheins-
berger verwandt, nur blaſſer, inſipider. Wir müſſen hinzu-
ſetzen, zu ſeinem Glück. Es hatte wohl auch ſeine „Chronique,“
ſeine Flüſterungen, ſeine Geheimniſſe, aber es fehlte doch der
eigenthümliche Parfum, der in dem ſtillen, abgelegenen Schloß am
Grineritz-See alle Dinge durchdrang. In Friedrichsfelde gab es
Frauen, das ſagt Alles. Ihre Gegenwart bedingte nicht immer
Tugend, aber doch wenigſtens Natur. Und davon hatte der
Friedrichsfelder Hof ſein volles Maaß. Die durchlauchtigſte
Dame, die demſelben vorſtand, war eine Prinzeſſin von Schwedt,
gehörte mithin einem Frauenzirkel an, von dem man ſagen konnte,
daß er der Natur noch um einen Schritt näher ſtand, als Frauen
ihr gewöhnlich zu ſtehen pflegen. Ihren Bildern und Büſten in
alten Galerien (am beſten in der Schwerder ſelbſt) zu begegnen,
iſt eine wahre Herzensfreude. Welche Fülle von Leben, welche
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[137/0153] Geiſt und Gaben, das ſpeciell dieſem Prinzen zu Theil geworden war, wenigſtens Leben und Farbenfriſche, wenn auch nichts von Eigenart. An dieſer gebrach es durchaus. Man darf ſagen, daß er in allem ſeinen Bruder Heinrich copirte; der Friedrichsfelder Hof war Seitenſtück und Nachahmung des Rheinsberger. Zunächſt wurde die Hofhaltung im weiteſten Sinne ganz nach dem dor- tigen Muſter eingerichtet. Cavalierhäuſer, Stall- und Wachtge- bäude, Tempel und Grotten wurden aufgeführt, alles wie in Rheinsberg. Wie Prinz Heinrich einige 40 Kammerhuſaren hielt, die die Rheinsberger Garniſon bildeten und den Wachtdienſt im Schloſſe hatten, ſo hatte Prinz Ferdinand eine Art Invaliden- Colonie in Friedrichsfelde, die ihren Zuzug aus ſeinem Ruppiner Regiment empfing. Dieſe alten Soldaten beſtellten ihr Stück Garten- und Ackerland und nur immer einige wenige von ihnen mußten abwechſelnd auf Wache ziehn. Kam dann aber hoher Beſuch, Prinz Heinrich oder gar der König ſelbſt, ſo mußten ſie ſämmtlich auf- marſchiren um die militäriſchen Verhältniſſe von Friedrichsfelde in möglichſt günſtigem Licht erſcheinen zu laſſen. Das Wachtlocal iſt noch da, und erinnert mit ſeinen Holzſäulchen, die das obere Stock- werk tragen, an die früheren Wachthäuſer am Halleſchen Thor. Natürlich war auch das Friedrichsfelder Leben dem Rheins- berger verwandt, nur blaſſer, inſipider. Wir müſſen hinzu- ſetzen, zu ſeinem Glück. Es hatte wohl auch ſeine „Chronique,“ ſeine Flüſterungen, ſeine Geheimniſſe, aber es fehlte doch der eigenthümliche Parfum, der in dem ſtillen, abgelegenen Schloß am Grineritz-See alle Dinge durchdrang. In Friedrichsfelde gab es Frauen, das ſagt Alles. Ihre Gegenwart bedingte nicht immer Tugend, aber doch wenigſtens Natur. Und davon hatte der Friedrichsfelder Hof ſein volles Maaß. Die durchlauchtigſte Dame, die demſelben vorſtand, war eine Prinzeſſin von Schwedt, gehörte mithin einem Frauenzirkel an, von dem man ſagen konnte, daß er der Natur noch um einen Schritt näher ſtand, als Frauen ihr gewöhnlich zu ſtehen pflegen. Ihren Bildern und Büſten in alten Galerien (am beſten in der Schwerder ſelbſt) zu begegnen, iſt eine wahre Herzensfreude. Welche Fülle von Leben, welche Geſundheit in Formen und Farben! Ihre Ehen waren nicht

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/153>, abgerufen am 21.11.2024.