Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.seitdem in der Familie gehegt und gepflegt wurde, mag dahingestellt *) Dieser "Geheime Rath" bestand aus 8 Mitgliedern, darunter 3 Dok- toren der Rechte, die, meist auch später noch, aus bürgerlichem Stande ge- nommen wurden. Die 8 Mitglieder waren: Hironymus Graf v. Schlick, Präsident; Johann v. Loeben, Kanzler; von Benkendorf, Vice-Kanzler; Christoph Friedrich von Wallenfels; Hironymus von Dieskau; Friedrich Pruckmann; Simon Ulrich Pistorius; Johann Hübner. 13*
ſeitdem in der Familie gehegt und gepflegt wurde, mag dahingeſtellt *) Dieſer „Geheime Rath“ beſtand aus 8 Mitgliedern, darunter 3 Dok- toren der Rechte, die, meiſt auch ſpäter noch, aus bürgerlichem Stande ge- nommen wurden. Die 8 Mitglieder waren: Hironymus Graf v. Schlick, Präſident; Johann v. Loeben, Kanzler; von Benkendorf, Vice-Kanzler; Chriſtoph Friedrich von Wallenfels; Hironymus von Dieskau; Friedrich Pruckmann; Simon Ulrich Piſtorius; Johann Hübner. 13*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0211" n="195"/> ſeitdem in der Familie gehegt und gepflegt wurde, mag dahingeſtellt<lb/> bleiben, unſer alter Kanzler aber war jedenfalls in ſo weit ſeines<lb/> Ur-Ahnen werth, als er manchen guten Zug auf dem diplomatiſchen<lb/> Schachbrett zu thun wußte. Dabei liebte er ehrlich Spiel, keine Finten<lb/> und Hinterhalte. Der Kurfürſt ſetzte ein unbegrenztes Vertrauen in<lb/> ſeine Klugheit und Redlichkeit, und als die Gründung eines <hi rendition="#g">per-<lb/> manenten</hi> „Geheimen Rathes“<note place="foot" n="*)">Dieſer „Geheime Rath“ beſtand aus 8 Mitgliedern, darunter 3 Dok-<lb/> toren der Rechte, die, meiſt auch ſpäter noch, aus bürgerlichem Stande ge-<lb/> nommen wurden. Die 8 Mitglieder waren: Hironymus Graf v. Schlick,<lb/> Präſident; Johann v. Loeben, Kanzler; von Benkendorf, Vice-Kanzler; Chriſtoph<lb/> Friedrich von Wallenfels; Hironymus von Dieskau; Friedrich Pruckmann;<lb/> Simon Ulrich Piſtorius; Johann Hübner.</note> für nöthig erachtet wurde —<lb/> die nächſte Veranlaſſung dazu gab eine längere Anweſenheit des<lb/> Kurfürſten im Herzogthume Preußen — war es ſelbſtverſtändlich,<lb/> daß Johann von Loeben als erſter Rath in dieſen Regentſchafts-<lb/> Körper berufen wurde. Aus dieſem damals gegründeten „Gehei-<lb/> men Rath“ ging ſpäter der „Staats-Rath“ hervor. Johann von<lb/> Loeben wurde Kanzler bei jungen Jahren und ſtieg ſo hoch<lb/> wie ein Diener ſteigen mag im Dienſt und in der Liebe ſeines<lb/> Herrn; aber Leid und Bitterkeit des Lebens erreichten auch <hi rendition="#g">ihn</hi>.<lb/> Als er die höchſte fürſtliche Gnade kennen gelernt hatte, kam Un-<lb/> gnade über ihn, wie der Dieb in der Nacht. Faſt unmittelbar<lb/> nach Joachim Friedrichs Tode (1609) ſchied er aus dem Staats-<lb/> dienſt, um <hi rendition="#aq">„procul negotiis“</hi> in Blumberg und ſeiner Umgebung<lb/> die Freuden und Leiden glänzenderer Tage zu vergeſſen. 1629<lb/> inmitten der Wirren des 30jährigen Krieges, wurd’ er noch ein-<lb/> mal auf den Schauplatz berufen, um der ſchwachen und haltloſen<lb/> Politik George Wilhelms Halt und Richtung zu geben, aber wo<lb/> keine Kraft der Ausführung war, da wogen der Rath des Weiſen<lb/> und das Wort des Thoren gleich ſchwer und nach kurzem Ver-<lb/> weilen am kurfürſtliche Hofe zog er ſich zum zweiten Mal in die<lb/> Stille ſeines Landguts zurück. Nur als Beobachter folgte er noch<lb/> den Begebenheiten, und die letzten Jahre ſeines Lebens, im<lb/> Uebrigen verbittert durch ſo manche Erfahrung, brachten ihm<lb/> wenigſtens das Eine noch, daß es ihm vergönnt war den Stern<lb/> <fw place="bottom" type="sig">13*</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [195/0211]
ſeitdem in der Familie gehegt und gepflegt wurde, mag dahingeſtellt
bleiben, unſer alter Kanzler aber war jedenfalls in ſo weit ſeines
Ur-Ahnen werth, als er manchen guten Zug auf dem diplomatiſchen
Schachbrett zu thun wußte. Dabei liebte er ehrlich Spiel, keine Finten
und Hinterhalte. Der Kurfürſt ſetzte ein unbegrenztes Vertrauen in
ſeine Klugheit und Redlichkeit, und als die Gründung eines per-
manenten „Geheimen Rathes“ *) für nöthig erachtet wurde —
die nächſte Veranlaſſung dazu gab eine längere Anweſenheit des
Kurfürſten im Herzogthume Preußen — war es ſelbſtverſtändlich,
daß Johann von Loeben als erſter Rath in dieſen Regentſchafts-
Körper berufen wurde. Aus dieſem damals gegründeten „Gehei-
men Rath“ ging ſpäter der „Staats-Rath“ hervor. Johann von
Loeben wurde Kanzler bei jungen Jahren und ſtieg ſo hoch
wie ein Diener ſteigen mag im Dienſt und in der Liebe ſeines
Herrn; aber Leid und Bitterkeit des Lebens erreichten auch ihn.
Als er die höchſte fürſtliche Gnade kennen gelernt hatte, kam Un-
gnade über ihn, wie der Dieb in der Nacht. Faſt unmittelbar
nach Joachim Friedrichs Tode (1609) ſchied er aus dem Staats-
dienſt, um „procul negotiis“ in Blumberg und ſeiner Umgebung
die Freuden und Leiden glänzenderer Tage zu vergeſſen. 1629
inmitten der Wirren des 30jährigen Krieges, wurd’ er noch ein-
mal auf den Schauplatz berufen, um der ſchwachen und haltloſen
Politik George Wilhelms Halt und Richtung zu geben, aber wo
keine Kraft der Ausführung war, da wogen der Rath des Weiſen
und das Wort des Thoren gleich ſchwer und nach kurzem Ver-
weilen am kurfürſtliche Hofe zog er ſich zum zweiten Mal in die
Stille ſeines Landguts zurück. Nur als Beobachter folgte er noch
den Begebenheiten, und die letzten Jahre ſeines Lebens, im
Uebrigen verbittert durch ſo manche Erfahrung, brachten ihm
wenigſtens das Eine noch, daß es ihm vergönnt war den Stern
*) Dieſer „Geheime Rath“ beſtand aus 8 Mitgliedern, darunter 3 Dok-
toren der Rechte, die, meiſt auch ſpäter noch, aus bürgerlichem Stande ge-
nommen wurden. Die 8 Mitglieder waren: Hironymus Graf v. Schlick,
Präſident; Johann v. Loeben, Kanzler; von Benkendorf, Vice-Kanzler; Chriſtoph
Friedrich von Wallenfels; Hironymus von Dieskau; Friedrich Pruckmann;
Simon Ulrich Piſtorius; Johann Hübner.
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