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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
in andere Hände zu legen, und Louis Napoleon,
nun, der war vollends ein Stück Wachs in den
Händen seiner katholischen Frau, oder sagen wir
lieber, seiner jesuitischen Frau."

"Wachs in den Händen seiner Frau, die ihm
dann eine Nase drehte. Natürlich, Innstetten, das
war er. Aber damit wollen Sie diese Puppe doch
nicht etwa retten? Er ist und bleibt gerichtet. An
und für sich ist es übrigens noch gar nicht 'mal
erwiesen," und sein Blick suchte bei diesen Worten
etwas ängstlich nach dem Auge seiner Ehehälfte, "ob
nicht Frauenherrschaft eigentlich als ein Vorzug gelten
kann; nur freilich, die Frau muß danach sein. Aber
wer war diese Frau? Sie war überhaupt keine
Frau, im günstigsten Falle war sie eine Dame, das
sagt alles; "Dame" hat beinah immer einen Bei¬
geschmack. Diese Eugenie -- über deren Verhältnis
zu dem jüdischen Bankier ich hier gern hingehe, denn
ich hasse Tugendhochmut -- hatte 'was vom Cafe
chantant
, und wenn die Stadt, in der sie lebte,
das Babel war, so war sie das Weib von Babel,
Ich mag mich nicht deutlicher ausdrücken, denn ich
weiß," und er verneigte sich gegen Effi, "was ich
deutschen Frauen schuldig bin. Um Vergebung, meine
Gnädigste, daß ich diese Dinge vor Ihren Ohren
überhaupt berührt habe."

Effi Brieſt
in andere Hände zu legen, und Louis Napoleon,
nun, der war vollends ein Stück Wachs in den
Händen ſeiner katholiſchen Frau, oder ſagen wir
lieber, ſeiner jeſuitiſchen Frau.“

„Wachs in den Händen ſeiner Frau, die ihm
dann eine Naſe drehte. Natürlich, Innſtetten, das
war er. Aber damit wollen Sie dieſe Puppe doch
nicht etwa retten? Er iſt und bleibt gerichtet. An
und für ſich iſt es übrigens noch gar nicht 'mal
erwieſen,“ und ſein Blick ſuchte bei dieſen Worten
etwas ängſtlich nach dem Auge ſeiner Ehehälfte, „ob
nicht Frauenherrſchaft eigentlich als ein Vorzug gelten
kann; nur freilich, die Frau muß danach ſein. Aber
wer war dieſe Frau? Sie war überhaupt keine
Frau, im günſtigſten Falle war ſie eine Dame, das
ſagt alles; „Dame“ hat beinah immer einen Bei¬
geſchmack. Dieſe Eugenie — über deren Verhältnis
zu dem jüdiſchen Bankier ich hier gern hingehe, denn
ich haſſe Tugendhochmut — hatte 'was vom Café
chantant
, und wenn die Stadt, in der ſie lebte,
das Babel war, ſo war ſie das Weib von Babel,
Ich mag mich nicht deutlicher ausdrücken, denn ich
weiß,“ und er verneigte ſich gegen Effi, „was ich
deutſchen Frauen ſchuldig bin. Um Vergebung, meine
Gnädigſte, daß ich dieſe Dinge vor Ihren Ohren
überhaupt berührt habe.“

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[109/0118] Effi Brieſt in andere Hände zu legen, und Louis Napoleon, nun, der war vollends ein Stück Wachs in den Händen ſeiner katholiſchen Frau, oder ſagen wir lieber, ſeiner jeſuitiſchen Frau.“ „Wachs in den Händen ſeiner Frau, die ihm dann eine Naſe drehte. Natürlich, Innſtetten, das war er. Aber damit wollen Sie dieſe Puppe doch nicht etwa retten? Er iſt und bleibt gerichtet. An und für ſich iſt es übrigens noch gar nicht 'mal erwieſen,“ und ſein Blick ſuchte bei dieſen Worten etwas ängſtlich nach dem Auge ſeiner Ehehälfte, „ob nicht Frauenherrſchaft eigentlich als ein Vorzug gelten kann; nur freilich, die Frau muß danach ſein. Aber wer war dieſe Frau? Sie war überhaupt keine Frau, im günſtigſten Falle war ſie eine Dame, das ſagt alles; „Dame“ hat beinah immer einen Bei¬ geſchmack. Dieſe Eugenie — über deren Verhältnis zu dem jüdiſchen Bankier ich hier gern hingehe, denn ich haſſe Tugendhochmut — hatte 'was vom Café chantant, und wenn die Stadt, in der ſie lebte, das Babel war, ſo war ſie das Weib von Babel, Ich mag mich nicht deutlicher ausdrücken, denn ich weiß,“ und er verneigte ſich gegen Effi, „was ich deutſchen Frauen ſchuldig bin. Um Vergebung, meine Gnädigſte, daß ich dieſe Dinge vor Ihren Ohren überhaupt berührt habe.“

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/118>, abgerufen am 27.11.2024.