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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
liegen. Aber die, die blond sind, die haben auch
immer einen weißen Teint, Sie auch, Johanna, und
ich möchte mich wohl verwetten, daß Sie viel Nach¬
stellung haben. Ich bin noch sehr jung, aber das
weiß ich doch auch. Und dann habe ich eine Freundin,
die war auch so blond, ganz flachsblond, noch blon¬
der als Sie, und war eine Predigerstochter ..."

"Ja, denn ..."

"Aber ich bitte Sie, Johanna, was meinen Sie
mit "ja denn." Das klingt ja ganz anzüglich und
sonderbar, und Sie werden doch nichts gegen Pre¬
digerstöchter haben ... Es war ein sehr hübsches
Mädchen, was selbst unsere Offiziere -- wir hatten
nämlich Offiziere, noch dazu rote Husaren -- auch
immer fanden, und verstand sich dabei sehr gut auf
Toilette, schwarzes Sammetmieder und eine Blume,
Rose oder auch Heliotrop, und wenn sie nicht so
vorstehende große Augen gehabt hätte ... ach, die
hätten Sie sehen sollen, Johanna, wenigstens so groß
(und Effi zog unter Lachen an ihrem rechten Augen¬
lid), so wäre sie geradezu eine Schönheit gewesen.
Sie hieß Hulda, Hulda Niemeyer, und wir waren
nicht einmal so ganz intim; aber wenn ich sie jetzt
hier hätte, und sie da säße, da in der kleinen Sofa¬
ecke, so wollte ich bis Mitternacht mit ihr plaudern
oder noch länger. Ich habe solche Sehnsucht und ..."

Effi Brieſt
liegen. Aber die, die blond ſind, die haben auch
immer einen weißen Teint, Sie auch, Johanna, und
ich möchte mich wohl verwetten, daß Sie viel Nach¬
ſtellung haben. Ich bin noch ſehr jung, aber das
weiß ich doch auch. Und dann habe ich eine Freundin,
die war auch ſo blond, ganz flachsblond, noch blon¬
der als Sie, und war eine Predigerstochter …“

„Ja, denn …“

„Aber ich bitte Sie, Johanna, was meinen Sie
mit „ja denn.“ Das klingt ja ganz anzüglich und
ſonderbar, und Sie werden doch nichts gegen Pre¬
digerstöchter haben … Es war ein ſehr hübſches
Mädchen, was ſelbſt unſere Offiziere — wir hatten
nämlich Offiziere, noch dazu rote Huſaren — auch
immer fanden, und verſtand ſich dabei ſehr gut auf
Toilette, ſchwarzes Sammetmieder und eine Blume,
Roſe oder auch Heliotrop, und wenn ſie nicht ſo
vorſtehende große Augen gehabt hätte … ach, die
hätten Sie ſehen ſollen, Johanna, wenigſtens ſo groß
(und Effi zog unter Lachen an ihrem rechten Augen¬
lid), ſo wäre ſie geradezu eine Schönheit geweſen.
Sie hieß Hulda, Hulda Niemeyer, und wir waren
nicht einmal ſo ganz intim; aber wenn ich ſie jetzt
hier hätte, und ſie da ſäße, da in der kleinen Sofa¬
ecke, ſo wollte ich bis Mitternacht mit ihr plaudern
oder noch länger. Ich habe ſolche Sehnſucht und …“

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[121/0130] Effi Brieſt liegen. Aber die, die blond ſind, die haben auch immer einen weißen Teint, Sie auch, Johanna, und ich möchte mich wohl verwetten, daß Sie viel Nach¬ ſtellung haben. Ich bin noch ſehr jung, aber das weiß ich doch auch. Und dann habe ich eine Freundin, die war auch ſo blond, ganz flachsblond, noch blon¬ der als Sie, und war eine Predigerstochter …“ „Ja, denn …“ „Aber ich bitte Sie, Johanna, was meinen Sie mit „ja denn.“ Das klingt ja ganz anzüglich und ſonderbar, und Sie werden doch nichts gegen Pre¬ digerstöchter haben … Es war ein ſehr hübſches Mädchen, was ſelbſt unſere Offiziere — wir hatten nämlich Offiziere, noch dazu rote Huſaren — auch immer fanden, und verſtand ſich dabei ſehr gut auf Toilette, ſchwarzes Sammetmieder und eine Blume, Roſe oder auch Heliotrop, und wenn ſie nicht ſo vorſtehende große Augen gehabt hätte … ach, die hätten Sie ſehen ſollen, Johanna, wenigſtens ſo groß (und Effi zog unter Lachen an ihrem rechten Augen¬ lid), ſo wäre ſie geradezu eine Schönheit geweſen. Sie hieß Hulda, Hulda Niemeyer, und wir waren nicht einmal ſo ganz intim; aber wenn ich ſie jetzt hier hätte, und ſie da ſäße, da in der kleinen Sofa¬ ecke, ſo wollte ich bis Mitternacht mit ihr plaudern oder noch länger. Ich habe ſolche Sehnſucht und …“

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/130>, abgerufen am 15.05.2024.