"wahren Biereifer"; nur als der siebziger Krieg kam, trat er wieder ein, aber bei den Perlebergern statt bei seinem alten Regiment, und hat auch das Kreuz. Natürlich, denn er ist sehr schneidig. Und gleich nach dem Kriege saß er wieder bei seinen Akten, und es heißt, Bismarck halte große Stücke von ihm und auch der Kaiser, und so kam es denn, daß er Landrat wurde, Landrat im Kessiner Kreise."
"Was ist Kessin? Ich kenne hier kein Kessin."
"Nein, hier in unserer Gegend liegt es nicht; es liegt eine hübsche Strecke von hier fort, in Pommern, in Hinterpommern sogar, was aber nichts sagen will, weil es ein Badeort ist (alles da herum ist Bade¬ ort) und die Ferienreise, die Baron Innstetten jetzt macht, ist eigentlich eine Vetternreise, oder doch etwas Ähnliches. Er will hier alte Freundschaft und Verwandtschaft wiedersehn."
"Hat er denn hier Verwandte?"
"Ja und nein, wie man's nehmen will. Inn¬ stetten's giebt es hier nicht, giebt es, glaub' ich, über¬ haupt nicht mehr. Aber er hat hier entfernte Vettern von der Mutter Seite her, und vor allem hat er wohl Schwantikow und das Belling'sche Haus wiedersehen wollen, an das ihn so viel Erinnerungen knüpfen. Da war er denn vorgestern drüben, und heute will er hier in Hohen-Cremmen sein."
Effi Brieſt
„wahren Biereifer“; nur als der ſiebziger Krieg kam, trat er wieder ein, aber bei den Perlebergern ſtatt bei ſeinem alten Regiment, und hat auch das Kreuz. Natürlich, denn er iſt ſehr ſchneidig. Und gleich nach dem Kriege ſaß er wieder bei ſeinen Akten, und es heißt, Bismarck halte große Stücke von ihm und auch der Kaiſer, und ſo kam es denn, daß er Landrat wurde, Landrat im Keſſiner Kreiſe.“
„Was iſt Keſſin? Ich kenne hier kein Keſſin.“
„Nein, hier in unſerer Gegend liegt es nicht; es liegt eine hübſche Strecke von hier fort, in Pommern, in Hinterpommern ſogar, was aber nichts ſagen will, weil es ein Badeort iſt (alles da herum iſt Bade¬ ort) und die Ferienreiſe, die Baron Innſtetten jetzt macht, iſt eigentlich eine Vetternreiſe, oder doch etwas Ähnliches. Er will hier alte Freundſchaft und Verwandtſchaft wiederſehn.“
„Hat er denn hier Verwandte?“
„Ja und nein, wie man's nehmen will. Inn¬ ſtetten's giebt es hier nicht, giebt es, glaub' ich, über¬ haupt nicht mehr. Aber er hat hier entfernte Vettern von der Mutter Seite her, und vor allem hat er wohl Schwantikow und das Belling'ſche Haus wiederſehen wollen, an das ihn ſo viel Erinnerungen knüpfen. Da war er denn vorgeſtern drüben, und heute will er hier in Hohen-Cremmen ſein.“
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0021"n="12"/><fwplace="top"type="header">Effi Brieſt<lb/></fw>„wahren Biereifer“; nur als der ſiebziger Krieg<lb/>
kam, trat er wieder ein, aber bei den Perlebergern<lb/>ſtatt bei ſeinem alten Regiment, und hat auch das<lb/>
Kreuz. Natürlich, denn er iſt ſehr ſchneidig. Und<lb/>
gleich nach dem Kriege ſaß er wieder bei ſeinen<lb/>
Akten, und es heißt, Bismarck halte große Stücke<lb/>
von ihm und auch der Kaiſer, und ſo kam es denn,<lb/>
daß er Landrat wurde, Landrat im Keſſiner Kreiſe.“</p><lb/><p>„Was iſt Keſſin? Ich kenne hier kein Keſſin.“</p><lb/><p>„Nein, hier in unſerer Gegend liegt es nicht;<lb/>
es liegt eine hübſche Strecke von hier fort, in Pommern,<lb/>
in Hinterpommern ſogar, was aber nichts ſagen will,<lb/>
weil es ein Badeort iſt (alles da herum iſt Bade¬<lb/>
ort) und die Ferienreiſe, die Baron Innſtetten jetzt<lb/>
macht, iſt eigentlich eine Vetternreiſe, oder doch etwas<lb/>
Ähnliches. Er will hier alte Freundſchaft und<lb/>
Verwandtſchaft wiederſehn.“</p><lb/><p>„Hat er denn hier Verwandte?“</p><lb/><p>„Ja und nein, wie man's nehmen will. Inn¬<lb/>ſtetten's giebt es hier nicht, giebt es, glaub' ich, über¬<lb/>
haupt nicht mehr. Aber er hat hier entfernte Vettern<lb/>
von der Mutter Seite her, und vor allem hat er wohl<lb/>
Schwantikow und das Belling'ſche Haus wiederſehen<lb/>
wollen, an das ihn ſo viel Erinnerungen knüpfen.<lb/>
Da war er denn vorgeſtern drüben, und heute will<lb/>
er hier in Hohen-Cremmen ſein.“</p><lb/></div></body></text></TEI>
[12/0021]
Effi Brieſt
„wahren Biereifer“; nur als der ſiebziger Krieg
kam, trat er wieder ein, aber bei den Perlebergern
ſtatt bei ſeinem alten Regiment, und hat auch das
Kreuz. Natürlich, denn er iſt ſehr ſchneidig. Und
gleich nach dem Kriege ſaß er wieder bei ſeinen
Akten, und es heißt, Bismarck halte große Stücke
von ihm und auch der Kaiſer, und ſo kam es denn,
daß er Landrat wurde, Landrat im Keſſiner Kreiſe.“
„Was iſt Keſſin? Ich kenne hier kein Keſſin.“
„Nein, hier in unſerer Gegend liegt es nicht;
es liegt eine hübſche Strecke von hier fort, in Pommern,
in Hinterpommern ſogar, was aber nichts ſagen will,
weil es ein Badeort iſt (alles da herum iſt Bade¬
ort) und die Ferienreiſe, die Baron Innſtetten jetzt
macht, iſt eigentlich eine Vetternreiſe, oder doch etwas
Ähnliches. Er will hier alte Freundſchaft und
Verwandtſchaft wiederſehn.“
„Hat er denn hier Verwandte?“
„Ja und nein, wie man's nehmen will. Inn¬
ſtetten's giebt es hier nicht, giebt es, glaub' ich, über¬
haupt nicht mehr. Aber er hat hier entfernte Vettern
von der Mutter Seite her, und vor allem hat er wohl
Schwantikow und das Belling'ſche Haus wiederſehen
wollen, an das ihn ſo viel Erinnerungen knüpfen.
Da war er denn vorgeſtern drüben, und heute will
er hier in Hohen-Cremmen ſein.“
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/21>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.