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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
oder Krocket gespielt hatte, war ihr's ganz aus dem
Sinn gekommen, überhaupt verheiratet zu sein. Das
waren dann glückliche Viertelstunden gewesen. Am
liebsten aber hatte sie wie früher auf dem durch die
Luft fliegenden Schaukelbrett gestanden, und in dem
Gefühle: ,jetzt stürz' ich', etwas eigentümlich prickeln¬
des, einen Schauer süßer Gefahr empfunden. Sprang
sie dann schließlich von der Schaukel ab, so be¬
gleitete sie die beiden Mädchen bis an die Bank vor
dem Schulhause und erzählte, wenn sie da saßen,
dem alsbald hinzukommenden alten Jahnke von ihrem
Leben in Kessin, das halb hanseatisch und halb
skandinavisch und jedenfalls sehr anders als in
Schwantikow und Hohen-Cremmen sei.

Das waren so die täglichen kleinen Zerstreuungen,
an die sich gelegentlich auch Fahrten in das sommer¬
liche Luch schlossen, meist im Jagdwagen; allem
voran aber standen für Effi doch die Plaudereien,
die sie beinahe jeden Morgen mit der Mama hatte.
Sie saßen dann oben in der luftigen, großen Stube,
Roswitha wiegte das Kind und sang in einem
thüringischen Platt allerlei Wiegenlieder, die niemand
recht verstand, vielleicht sie selber nicht; Effi und
Frau von Briest aber rückten ans offene Fenster
und sahen, während sie sprachen, auf den Park hin¬
unter, auf die Sonnenuhr oder auf die Libellen, die

Effi Brieſt
oder Krocket geſpielt hatte, war ihr's ganz aus dem
Sinn gekommen, überhaupt verheiratet zu ſein. Das
waren dann glückliche Viertelſtunden geweſen. Am
liebſten aber hatte ſie wie früher auf dem durch die
Luft fliegenden Schaukelbrett geſtanden, und in dem
Gefühle: ,jetzt ſtürz' ich', etwas eigentümlich prickeln¬
des, einen Schauer ſüßer Gefahr empfunden. Sprang
ſie dann ſchließlich von der Schaukel ab, ſo be¬
gleitete ſie die beiden Mädchen bis an die Bank vor
dem Schulhauſe und erzählte, wenn ſie da ſaßen,
dem alsbald hinzukommenden alten Jahnke von ihrem
Leben in Keſſin, das halb hanſeatiſch und halb
ſkandinaviſch und jedenfalls ſehr anders als in
Schwantikow und Hohen-Cremmen ſei.

Das waren ſo die täglichen kleinen Zerſtreuungen,
an die ſich gelegentlich auch Fahrten in das ſommer¬
liche Luch ſchloſſen, meiſt im Jagdwagen; allem
voran aber ſtanden für Effi doch die Plaudereien,
die ſie beinahe jeden Morgen mit der Mama hatte.
Sie ſaßen dann oben in der luftigen, großen Stube,
Roswitha wiegte das Kind und ſang in einem
thüringiſchen Platt allerlei Wiegenlieder, die niemand
recht verſtand, vielleicht ſie ſelber nicht; Effi und
Frau von Brieſt aber rückten ans offene Fenſter
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[203/0212] Effi Brieſt oder Krocket geſpielt hatte, war ihr's ganz aus dem Sinn gekommen, überhaupt verheiratet zu ſein. Das waren dann glückliche Viertelſtunden geweſen. Am liebſten aber hatte ſie wie früher auf dem durch die Luft fliegenden Schaukelbrett geſtanden, und in dem Gefühle: ,jetzt ſtürz' ich', etwas eigentümlich prickeln¬ des, einen Schauer ſüßer Gefahr empfunden. Sprang ſie dann ſchließlich von der Schaukel ab, ſo be¬ gleitete ſie die beiden Mädchen bis an die Bank vor dem Schulhauſe und erzählte, wenn ſie da ſaßen, dem alsbald hinzukommenden alten Jahnke von ihrem Leben in Keſſin, das halb hanſeatiſch und halb ſkandinaviſch und jedenfalls ſehr anders als in Schwantikow und Hohen-Cremmen ſei. Das waren ſo die täglichen kleinen Zerſtreuungen, an die ſich gelegentlich auch Fahrten in das ſommer¬ liche Luch ſchloſſen, meiſt im Jagdwagen; allem voran aber ſtanden für Effi doch die Plaudereien, die ſie beinahe jeden Morgen mit der Mama hatte. Sie ſaßen dann oben in der luftigen, großen Stube, Roswitha wiegte das Kind und ſang in einem thüringiſchen Platt allerlei Wiegenlieder, die niemand recht verſtand, vielleicht ſie ſelber nicht; Effi und Frau von Brieſt aber rückten ans offene Fenſter und ſahen, während ſie ſprachen, auf den Park hin¬ unter, auf die Sonnenuhr oder auf die Libellen, die

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/212>, abgerufen am 25.11.2024.