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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
was Kirchliches, heilige Elisabeth oder Jungfrau
Maria. Sagen wir Jungfrau Maria, das sind wir
Roswitha schuldig."

Effi lachte. "So soll es sein. Aber wer sucht
uns eine Wohnung? Ich kann doch nicht Vetter
Briest auf die Suche schicken. Oder gar die Tanten!
Die finden alles gut genug."

"Ja, das Wohnungsuchen. Das macht einem
keiner zu Dank. Ich denke, da mußt Du selber hin."

"Und wann meinst Du?"

"Mitte März."

"O, das ist viel zu spät, Geert, dann ist ja
alles fort. Die guten Wohnungen werden schwerlich
auf uns warten!"

"Ist schon recht. Aber ich bin erst seit gestern
wieder hier und kann doch nicht sagen ,reise morgen'.
Das würde mich schlecht kleiden und paßte mir auch
wenig; ich bin froh, daß ich Dich wieder habe."

"Nein," sagte sie, während sie das Kaffeegeschirr,
um eine aufsteigende Verlegenheit zu verbergen, ziem¬
lich geräuschvoll zusammenrückte, "nein, so soll's auch
nicht sein, nicht heut und nicht morgen, aber doch
in den nächsten Tagen. Und wenn ich etwas finde,
so bin ich rasch wieder zurück. Aber noch eins, Ros¬
witha und Annie müssen mit. Am schönsten wär'
es, Du auch. Aber ich sehe ein, das geht nicht

Th. Fontane, Effi Briest. 21

Effi Brieſt
was Kirchliches, heilige Eliſabeth oder Jungfrau
Maria. Sagen wir Jungfrau Maria, das ſind wir
Roswitha ſchuldig.“

Effi lachte. „So ſoll es ſein. Aber wer ſucht
uns eine Wohnung? Ich kann doch nicht Vetter
Brieſt auf die Suche ſchicken. Oder gar die Tanten!
Die finden alles gut genug.“

„Ja, das Wohnungſuchen. Das macht einem
keiner zu Dank. Ich denke, da mußt Du ſelber hin.“

„Und wann meinſt Du?“

„Mitte März.“

„O, das iſt viel zu ſpät, Geert, dann iſt ja
alles fort. Die guten Wohnungen werden ſchwerlich
auf uns warten!“

„Iſt ſchon recht. Aber ich bin erſt ſeit geſtern
wieder hier und kann doch nicht ſagen ,reiſe morgen‘.
Das würde mich ſchlecht kleiden und paßte mir auch
wenig; ich bin froh, daß ich Dich wieder habe.“

„Nein,“ ſagte ſie, während ſie das Kaffeegeſchirr,
um eine aufſteigende Verlegenheit zu verbergen, ziem¬
lich geräuſchvoll zuſammenrückte, „nein, ſo ſoll's auch
nicht ſein, nicht heut und nicht morgen, aber doch
in den nächſten Tagen. Und wenn ich etwas finde,
ſo bin ich raſch wieder zurück. Aber noch eins, Ros¬
witha und Annie müſſen mit. Am ſchönſten wär'
es, Du auch. Aber ich ſehe ein, das geht nicht

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[321/0330] Effi Brieſt was Kirchliches, heilige Eliſabeth oder Jungfrau Maria. Sagen wir Jungfrau Maria, das ſind wir Roswitha ſchuldig.“ Effi lachte. „So ſoll es ſein. Aber wer ſucht uns eine Wohnung? Ich kann doch nicht Vetter Brieſt auf die Suche ſchicken. Oder gar die Tanten! Die finden alles gut genug.“ „Ja, das Wohnungſuchen. Das macht einem keiner zu Dank. Ich denke, da mußt Du ſelber hin.“ „Und wann meinſt Du?“ „Mitte März.“ „O, das iſt viel zu ſpät, Geert, dann iſt ja alles fort. Die guten Wohnungen werden ſchwerlich auf uns warten!“ „Iſt ſchon recht. Aber ich bin erſt ſeit geſtern wieder hier und kann doch nicht ſagen ,reiſe morgen‘. Das würde mich ſchlecht kleiden und paßte mir auch wenig; ich bin froh, daß ich Dich wieder habe.“ „Nein,“ ſagte ſie, während ſie das Kaffeegeſchirr, um eine aufſteigende Verlegenheit zu verbergen, ziem¬ lich geräuſchvoll zuſammenrückte, „nein, ſo ſoll's auch nicht ſein, nicht heut und nicht morgen, aber doch in den nächſten Tagen. Und wenn ich etwas finde, ſo bin ich raſch wieder zurück. Aber noch eins, Ros¬ witha und Annie müſſen mit. Am ſchönſten wär' es, Du auch. Aber ich ſehe ein, das geht nicht Th. Fontane, Effi Brieſt. 21

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/330>, abgerufen am 25.11.2024.