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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest

Effi war ziemlich früh auf und hatte -- die
Luft war beinahe sommerlich warm -- den Kaffee¬
tisch bis nahe an die geöffnete Balkonthür rücken
lassen, und als Innstetten nun auch erschien, trat
sie mit ihm auf den Balkon hinaus und sagte: "Nun,
was sagst Du? Du wolltest den Finkenschlag aus
dem Tiergarten hören und die Papageien aus dem
Zoologischen. Ich weiß nicht, ob beide Dir den Ge¬
fallen thun werden, aber möglich ist es. Hörst Du
wohl? Das kam von drüben, drüben aus dem
kleinen Park. Es ist nicht der eigentliche Tiergarten,
aber doch beinah'."

Innstetten war entzückt und von einer Dankbar¬
keit, als ob Effi ihm das alles persönlich heran¬
gezaubert habe. Dann setzten sie sich, und nun kam
auch Annie. Roswitha verlangte, daß Innstetten eine
große Veränderung an dem Kinde finden solle, was
er denn auch schließlich that. Und dann plauderten
sie weiter, abwechselnd über die Kessiner und die in
Berlin zu machenden Visiten, und ganz zuletzt auch
über eine Sommerreise. Mitten im Gespräch aber
mußten sie abbrechen, um rechtzeitig beim Rendez-vous
erscheinen zu können.


Man traf sich, wie verabredet, bei Helms,
gegenüber dem roten Schloß, besuchte verschiedene

Effi Brieſt

Effi war ziemlich früh auf und hatte — die
Luft war beinahe ſommerlich warm — den Kaffee¬
tiſch bis nahe an die geöffnete Balkonthür rücken
laſſen, und als Innſtetten nun auch erſchien, trat
ſie mit ihm auf den Balkon hinaus und ſagte: „Nun,
was ſagſt Du? Du wollteſt den Finkenſchlag aus
dem Tiergarten hören und die Papageien aus dem
Zoologiſchen. Ich weiß nicht, ob beide Dir den Ge¬
fallen thun werden, aber möglich iſt es. Hörſt Du
wohl? Das kam von drüben, drüben aus dem
kleinen Park. Es iſt nicht der eigentliche Tiergarten,
aber doch beinah'.“

Innſtetten war entzückt und von einer Dankbar¬
keit, als ob Effi ihm das alles perſönlich heran¬
gezaubert habe. Dann ſetzten ſie ſich, und nun kam
auch Annie. Roswitha verlangte, daß Innſtetten eine
große Veränderung an dem Kinde finden ſolle, was
er denn auch ſchließlich that. Und dann plauderten
ſie weiter, abwechſelnd über die Keſſiner und die in
Berlin zu machenden Viſiten, und ganz zuletzt auch
über eine Sommerreiſe. Mitten im Geſpräch aber
mußten ſie abbrechen, um rechtzeitig beim Rendez-vous
erſcheinen zu können.


Man traf ſich, wie verabredet, bei Helms,
gegenüber dem roten Schloß, beſuchte verſchiedene

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[358/0367] Effi Brieſt Effi war ziemlich früh auf und hatte — die Luft war beinahe ſommerlich warm — den Kaffee¬ tiſch bis nahe an die geöffnete Balkonthür rücken laſſen, und als Innſtetten nun auch erſchien, trat ſie mit ihm auf den Balkon hinaus und ſagte: „Nun, was ſagſt Du? Du wollteſt den Finkenſchlag aus dem Tiergarten hören und die Papageien aus dem Zoologiſchen. Ich weiß nicht, ob beide Dir den Ge¬ fallen thun werden, aber möglich iſt es. Hörſt Du wohl? Das kam von drüben, drüben aus dem kleinen Park. Es iſt nicht der eigentliche Tiergarten, aber doch beinah'.“ Innſtetten war entzückt und von einer Dankbar¬ keit, als ob Effi ihm das alles perſönlich heran¬ gezaubert habe. Dann ſetzten ſie ſich, und nun kam auch Annie. Roswitha verlangte, daß Innſtetten eine große Veränderung an dem Kinde finden ſolle, was er denn auch ſchließlich that. Und dann plauderten ſie weiter, abwechſelnd über die Keſſiner und die in Berlin zu machenden Viſiten, und ganz zuletzt auch über eine Sommerreiſe. Mitten im Geſpräch aber mußten ſie abbrechen, um rechtzeitig beim Rendez-vous erſcheinen zu können. Man traf ſich, wie verabredet, bei Helms, gegenüber dem roten Schloß, beſuchte verſchiedene

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/367>, abgerufen am 25.11.2024.