Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite
Effi Briest

"Und wohin gehen Sie nun, Wüllersdorf? Es
ist noch zu früh für das Ministerium."

"Ich schenk' es mir heute ganz. Erst noch eine
Stunde Spaziergang am Kanal hin bis an die
Charlottenburger Schleuse und dann wieder zurück.
Und dann ein kleines Vorsprechen bei Huth, Pots¬
damerstraße, die kleine Holztreppe vorsichtig hinauf.
Unten ist ein Blumenladen."

"Und das freut Sie? Das genügt Ihnen?"

"Das will ich nicht gerade sagen. Aber es
hilft ein bißchen. Ich finde da verschiedene Stamm¬
gäste, Frühschoppler, deren Namen ich klüglich ver¬
schweige. Der eine erzählt dann vom Herzog von
Ratibor, der andere vom Fürstbischof Kopp und der
dritte wohl gar von Bismarck. Ein bißchen fällt
immer ab. Dreiviertel stimmt nicht, aber wenn es
nur witzig ist, krittelt man nicht lange dran herum
und hört dankbar zu."

Und damit ging er.


Effi Brieſt

„Und wohin gehen Sie nun, Wüllersdorf? Es
iſt noch zu früh für das Miniſterium.“

„Ich ſchenk' es mir heute ganz. Erſt noch eine
Stunde Spaziergang am Kanal hin bis an die
Charlottenburger Schleuſe und dann wieder zurück.
Und dann ein kleines Vorſprechen bei Huth, Pots¬
damerſtraße, die kleine Holztreppe vorſichtig hinauf.
Unten iſt ein Blumenladen.“

„Und das freut Sie? Das genügt Ihnen?“

„Das will ich nicht gerade ſagen. Aber es
hilft ein bißchen. Ich finde da verſchiedene Stamm¬
gäſte, Frühſchoppler, deren Namen ich klüglich ver¬
ſchweige. Der eine erzählt dann vom Herzog von
Ratibor, der andere vom Fürſtbiſchof Kopp und der
dritte wohl gar von Bismarck. Ein bißchen fällt
immer ab. Dreiviertel ſtimmt nicht, aber wenn es
nur witzig iſt, krittelt man nicht lange dran herum
und hört dankbar zu.“

Und damit ging er.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0518" n="509"/>
        <fw place="top" type="header">Effi Brie&#x017F;t<lb/></fw>
        <p>&#x201E;Und wohin gehen Sie nun, Wüllersdorf? Es<lb/>
i&#x017F;t noch zu früh für das Mini&#x017F;terium.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich &#x017F;chenk' es mir heute ganz. Er&#x017F;t noch eine<lb/>
Stunde Spaziergang am Kanal hin bis an die<lb/>
Charlottenburger Schleu&#x017F;e und dann wieder zurück.<lb/>
Und dann ein kleines Vor&#x017F;prechen bei Huth, Pots¬<lb/>
damer&#x017F;traße, die kleine Holztreppe vor&#x017F;ichtig hinauf.<lb/>
Unten i&#x017F;t ein Blumenladen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Und das freut Sie? Das genügt Ihnen?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Das will ich nicht gerade &#x017F;agen. Aber es<lb/>
hilft ein bißchen. Ich finde da ver&#x017F;chiedene Stamm¬<lb/>&#x017F;te, Früh&#x017F;choppler, deren Namen ich klüglich ver¬<lb/>
&#x017F;chweige. Der eine erzählt dann vom Herzog von<lb/>
Ratibor, der andere vom Für&#x017F;tbi&#x017F;chof Kopp und der<lb/>
dritte wohl gar von Bismarck. Ein bißchen fällt<lb/>
immer ab. Dreiviertel &#x017F;timmt nicht, aber wenn es<lb/>
nur witzig i&#x017F;t, krittelt man nicht lange dran herum<lb/>
und hört dankbar zu.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Und damit ging er.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[509/0518] Effi Brieſt „Und wohin gehen Sie nun, Wüllersdorf? Es iſt noch zu früh für das Miniſterium.“ „Ich ſchenk' es mir heute ganz. Erſt noch eine Stunde Spaziergang am Kanal hin bis an die Charlottenburger Schleuſe und dann wieder zurück. Und dann ein kleines Vorſprechen bei Huth, Pots¬ damerſtraße, die kleine Holztreppe vorſichtig hinauf. Unten iſt ein Blumenladen.“ „Und das freut Sie? Das genügt Ihnen?“ „Das will ich nicht gerade ſagen. Aber es hilft ein bißchen. Ich finde da verſchiedene Stamm¬ gäſte, Frühſchoppler, deren Namen ich klüglich ver¬ ſchweige. Der eine erzählt dann vom Herzog von Ratibor, der andere vom Fürſtbiſchof Kopp und der dritte wohl gar von Bismarck. Ein bißchen fällt immer ab. Dreiviertel ſtimmt nicht, aber wenn es nur witzig iſt, krittelt man nicht lange dran herum und hört dankbar zu.“ Und damit ging er.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/518
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 509. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/518>, abgerufen am 27.11.2024.