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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest

"Also: Liebe Effi! Je näher wir unsrem
Hochzeitstage kommen, je sparsamer werden Deine
Briefe. Wenn die Post kommt, suche ich immer zu¬
erst nach Deiner Handschrift, aber wie Du weißt
(und ich hab' es ja auch nicht anders gewollt) in
der Regel vergeblich. Im Hause sind jetzt die Hand¬
werker, die die Zimmer, freilich nur wenige, für
Dein Kommen herrichten sollen. Das beste wird
wohl erst geschehen, wenn wir auf der Reise sind.
Tapezierer Madelung, der alles liefert, ist ein Original,
von dem ich Dir mit nächstem erzähle, vor allem
aber, wie glücklich ich bin über Dich, über meine
süße, kleine Effi. Mir brennt hier der Boden unter
den Füßen, und dabei wird es in unserer guten
Stadt immer stiller und einsamer. Der letzte Bade¬
gast ist gestern abgereist; er badete zuletzt bei 9 Grad
und die Badewärter waren immer froh, wenn er
wieder heil heraus war. Denn sie fürchteten einen
Schlaganfall, was dann das Bad in Mißkredit bringt,
als ob die Wellen hier schlimmer wären als wo
anders. Ich juble, wenn ich denke, daß ich in vier
Wochen schon mit Dir von der Piazzetta aus nach
dem Lido fahre oder nach Murano hin, wo sie Glas¬
perlen machen und schönen Schmuck. Und der
schönste sei für Dich. Viele Grüße den Eltern und
den zärtlichsten Kuß Dir von Deinem Geert."

Effi Brieſt

„Alſo: Liebe Effi! Je näher wir unſrem
Hochzeitstage kommen, je ſparſamer werden Deine
Briefe. Wenn die Poſt kommt, ſuche ich immer zu¬
erſt nach Deiner Handſchrift, aber wie Du weißt
(und ich hab' es ja auch nicht anders gewollt) in
der Regel vergeblich. Im Hauſe ſind jetzt die Hand¬
werker, die die Zimmer, freilich nur wenige, für
Dein Kommen herrichten ſollen. Das beſte wird
wohl erſt geſchehen, wenn wir auf der Reiſe ſind.
Tapezierer Madelung, der alles liefert, iſt ein Original,
von dem ich Dir mit nächſtem erzähle, vor allem
aber, wie glücklich ich bin über Dich, über meine
ſüße, kleine Effi. Mir brennt hier der Boden unter
den Füßen, und dabei wird es in unſerer guten
Stadt immer ſtiller und einſamer. Der letzte Bade¬
gaſt iſt geſtern abgereiſt; er badete zuletzt bei 9 Grad
und die Badewärter waren immer froh, wenn er
wieder heil heraus war. Denn ſie fürchteten einen
Schlaganfall, was dann das Bad in Mißkredit bringt,
als ob die Wellen hier ſchlimmer wären als wo
anders. Ich juble, wenn ich denke, daß ich in vier
Wochen ſchon mit Dir von der Piazzetta aus nach
dem Lido fahre oder nach Murano hin, wo ſie Glas¬
perlen machen und ſchönen Schmuck. Und der
ſchönſte ſei für Dich. Viele Grüße den Eltern und
den zärtlichſten Kuß Dir von Deinem Geert.“

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[48/0057] Effi Brieſt „Alſo: Liebe Effi! Je näher wir unſrem Hochzeitstage kommen, je ſparſamer werden Deine Briefe. Wenn die Poſt kommt, ſuche ich immer zu¬ erſt nach Deiner Handſchrift, aber wie Du weißt (und ich hab' es ja auch nicht anders gewollt) in der Regel vergeblich. Im Hauſe ſind jetzt die Hand¬ werker, die die Zimmer, freilich nur wenige, für Dein Kommen herrichten ſollen. Das beſte wird wohl erſt geſchehen, wenn wir auf der Reiſe ſind. Tapezierer Madelung, der alles liefert, iſt ein Original, von dem ich Dir mit nächſtem erzähle, vor allem aber, wie glücklich ich bin über Dich, über meine ſüße, kleine Effi. Mir brennt hier der Boden unter den Füßen, und dabei wird es in unſerer guten Stadt immer ſtiller und einſamer. Der letzte Bade¬ gaſt iſt geſtern abgereiſt; er badete zuletzt bei 9 Grad und die Badewärter waren immer froh, wenn er wieder heil heraus war. Denn ſie fürchteten einen Schlaganfall, was dann das Bad in Mißkredit bringt, als ob die Wellen hier ſchlimmer wären als wo anders. Ich juble, wenn ich denke, daß ich in vier Wochen ſchon mit Dir von der Piazzetta aus nach dem Lido fahre oder nach Murano hin, wo ſie Glas¬ perlen machen und ſchönen Schmuck. Und der ſchönſte ſei für Dich. Viele Grüße den Eltern und den zärtlichſten Kuß Dir von Deinem Geert.“

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/57>, abgerufen am 23.11.2024.