Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.Dämmer und der Mond, der eben wieder seinen "Wie schön," sagte Lene hochaufathmend. "Und Sie mochte sich nicht trennen von dem Bilde. "Lene, noch auf! Ich dachte, daß ich Dich mit "Dazu kommst Du zu früh, so spät Du kommst." Und sie stand auf und ging ihm entgegen. "Und das Fieber? Und der Anfall?" "Ist vorüber und ich bin wieder munter, seit Und sie schmiegte sich an ihn und blickte, während Dämmer und der Mond, der eben wieder ſeinen „Wie ſchön,“ ſagte Lene hochaufathmend. „Und Sie mochte ſich nicht trennen von dem Bilde. „Lene, noch auf! Ich dachte, daß ich Dich mit „Dazu kommſt Du zu früh, ſo ſpät Du kommſt.“ Und ſie ſtand auf und ging ihm entgegen. „Und das Fieber? Und der Anfall?“ „Iſt vorüber und ich bin wieder munter, ſeit Und ſie ſchmiegte ſich an ihn und blickte, während <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0134" n="124"/> Dämmer und der Mond, der eben wieder ſeinen<lb/> erſten Sichelſtreifen zeigte, warf einen Lichtſchein<lb/> über den Strom und ließ das Zittern ſeiner kleinen<lb/> Wellen erkennen.</p><lb/> <p>„Wie ſchön,“ ſagte Lene hochaufathmend. „Und<lb/> ich bin doch glücklich,“ ſetzte ſie hinzu.</p><lb/> <p>Sie mochte ſich nicht trennen von dem Bilde.<lb/> Zuletzt aber erhob ſie ſich, ſchob einen Stuhl vor<lb/> den Spiegel und begann ihr ſchönes Haar zu löſen<lb/> und wieder einzuflechten. Als ſie noch damit be¬<lb/> ſchäftigt war, kam Botho.</p><lb/> <p>„Lene, noch auf! Ich dachte, daß ich Dich mit<lb/> einem Kuſſe wecken müßte.“</p><lb/> <p>„Dazu kommſt Du zu früh, ſo ſpät Du kommſt.“</p><lb/> <p>Und ſie ſtand auf und ging ihm entgegen.<lb/> „Mein einziger Botho. Wie lange Du bleibſt...“</p><lb/> <p>„Und das Fieber? Und der Anfall?“</p><lb/> <p>„Iſt vorüber und ich bin wieder munter, ſeit<lb/> einer halben Stunde ſchon. Und eben ſo lange<lb/> hab' ich Dich erwartet.“ Und ſie zog ihn mit ſich<lb/> fort an das noch offen ſtehende Fenſter: „Sieh nur.<lb/> Ein armes Menſchenherz, ſoll ihm keine Sehnſucht<lb/> kommen bei ſolchem Anblick?“</p><lb/> <p>Und ſie ſchmiegte ſich an ihn und blickte, während<lb/> ſie die Augen ſchloß, mit einem Ausdruck höchſten<lb/> Glückes zu ihm auf.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [124/0134]
Dämmer und der Mond, der eben wieder ſeinen
erſten Sichelſtreifen zeigte, warf einen Lichtſchein
über den Strom und ließ das Zittern ſeiner kleinen
Wellen erkennen.
„Wie ſchön,“ ſagte Lene hochaufathmend. „Und
ich bin doch glücklich,“ ſetzte ſie hinzu.
Sie mochte ſich nicht trennen von dem Bilde.
Zuletzt aber erhob ſie ſich, ſchob einen Stuhl vor
den Spiegel und begann ihr ſchönes Haar zu löſen
und wieder einzuflechten. Als ſie noch damit be¬
ſchäftigt war, kam Botho.
„Lene, noch auf! Ich dachte, daß ich Dich mit
einem Kuſſe wecken müßte.“
„Dazu kommſt Du zu früh, ſo ſpät Du kommſt.“
Und ſie ſtand auf und ging ihm entgegen.
„Mein einziger Botho. Wie lange Du bleibſt...“
„Und das Fieber? Und der Anfall?“
„Iſt vorüber und ich bin wieder munter, ſeit
einer halben Stunde ſchon. Und eben ſo lange
hab' ich Dich erwartet.“ Und ſie zog ihn mit ſich
fort an das noch offen ſtehende Fenſter: „Sieh nur.
Ein armes Menſchenherz, ſoll ihm keine Sehnſucht
kommen bei ſolchem Anblick?“
Und ſie ſchmiegte ſich an ihn und blickte, während
ſie die Augen ſchloß, mit einem Ausdruck höchſten
Glückes zu ihm auf.
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