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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

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Lene that wie geheißen und der Kranken, als
sie die Tropfen genommen hatte, schien wirklich etwas
besser und leichter ums Herz zu werden. Sie stemmte
die Hand aufs Bett und schob sich höher hinauf,
und als ihr Lene noch ein Kissen ins Kreuz gestopft
hatte, sagte sie: "War Franke schon hier?"

"Ja; gleich heute früh. Er fragt immer, eh'
er in die Fabrik geht."

"Is ein sehr guter Mann."

"Ja, das ist er."

"Und mit das Conventikelsche . . ."

". . . Wird es so schlimm nicht sein. Und ich
glaube beinah, daß er seine guten Grundsätze da
her hat. Glaubst Du nicht auch?"

Die Alte lächelte. "Nein, Lene, die kommen vom
lieben Gott. Und der eine hat sie un der andre
hat sie nicht. Ich glaube nich recht ans lernen un
erziehen . . . Und hat er noch nichts gesagt?"

"Ja, gestern Abend."

"Un was hast Du ihm geantwortet?"

"Ich hab' ihm geantwortet, daß ich ihn nehmen
wolle, weil ich ihn für einen ehrlichen und zuver¬
lässigen Mann hielte, der nicht blos für mich, sondern
auch für Dich sorgen würde ..."

Die Alte nickte zustimmend.

"Und," fuhr Lene fort "als ich das so gesagt
hatte, nahm er meine Hand und rief in guter Laune:

Lene that wie geheißen und der Kranken, als
ſie die Tropfen genommen hatte, ſchien wirklich etwas
beſſer und leichter ums Herz zu werden. Sie ſtemmte
die Hand aufs Bett und ſchob ſich höher hinauf,
und als ihr Lene noch ein Kiſſen ins Kreuz geſtopft
hatte, ſagte ſie: „War Franke ſchon hier?“

„Ja; gleich heute früh. Er fragt immer, eh'
er in die Fabrik geht.“

„Is ein ſehr guter Mann.“

„Ja, das iſt er.“

„Und mit das Conventikelſche . . .“

„. . . Wird es ſo ſchlimm nicht ſein. Und ich
glaube beinah, daß er ſeine guten Grundſätze da
her hat. Glaubſt Du nicht auch?“

Die Alte lächelte. „Nein, Lene, die kommen vom
lieben Gott. Und der eine hat ſie un der andre
hat ſie nicht. Ich glaube nich recht ans lernen un
erziehen . . . Und hat er noch nichts geſagt?“

„Ja, geſtern Abend.“

„Un was haſt Du ihm geantwortet?“

„Ich hab' ihm geantwortet, daß ich ihn nehmen
wolle, weil ich ihn für einen ehrlichen und zuver¬
läſſigen Mann hielte, der nicht blos für mich, ſondern
auch für Dich ſorgen würde ...“

Die Alte nickte zuſtimmend.

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[208/0218] Lene that wie geheißen und der Kranken, als ſie die Tropfen genommen hatte, ſchien wirklich etwas beſſer und leichter ums Herz zu werden. Sie ſtemmte die Hand aufs Bett und ſchob ſich höher hinauf, und als ihr Lene noch ein Kiſſen ins Kreuz geſtopft hatte, ſagte ſie: „War Franke ſchon hier?“ „Ja; gleich heute früh. Er fragt immer, eh' er in die Fabrik geht.“ „Is ein ſehr guter Mann.“ „Ja, das iſt er.“ „Und mit das Conventikelſche . . .“ „. . . Wird es ſo ſchlimm nicht ſein. Und ich glaube beinah, daß er ſeine guten Grundſätze da her hat. Glaubſt Du nicht auch?“ Die Alte lächelte. „Nein, Lene, die kommen vom lieben Gott. Und der eine hat ſie un der andre hat ſie nicht. Ich glaube nich recht ans lernen un erziehen . . . Und hat er noch nichts geſagt?“ „Ja, geſtern Abend.“ „Un was haſt Du ihm geantwortet?“ „Ich hab' ihm geantwortet, daß ich ihn nehmen wolle, weil ich ihn für einen ehrlichen und zuver¬ läſſigen Mann hielte, der nicht blos für mich, ſondern auch für Dich ſorgen würde ...“ Die Alte nickte zuſtimmend. „Und,“ fuhr Lene fort „als ich das ſo geſagt hatte, nahm er meine Hand und rief in guter Laune:

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/218>, abgerufen am 24.11.2024.