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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

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Arzt zu holen. Und die Dörr, die sonst immer
gegen die Doktors war, hatte diesmal nichts dagegen.

"Geh," sagte sie, "sie kann's nicht lange mehr
machen. Kuck' blos mal hier (und sie wies auf die
Nasenflügel), da sitzt der Dod."

Lene ging; aber sie konnte den Michaelkirchplatz
noch kaum erreicht haben, als die bis dahin in einem
Halbschlummer gelegene Alte sich aufrichtete und
nach ihr rief: "Lene ..."

"Lene is nich da."

"Wer is denn da?"

"Ich, Mutter Nimptsch. Ich, Frau Dörr."

"Ach, Frau Dörr, das is recht. So, hierher;
hier auf die Hutsche."

Frau Dörr, gar nicht gewöhnt, sich kommandiren
zu lassen, schüttelte sich ein wenig, war aber doch
zu gutmüthig, um dem Kommando nicht nachzu¬
kommen. Und so setzte sie sich denn auf die Fu߬
bank.

Und sieh da, im selben Augenblick begann auch
die alte Frau schon: "Ich will einen gelben Sarg
haben un blauen Beschlag. Aber nich zu viel . . ."

"Gut, Frau Nimptsch."

"Un ich will auf'n neuen Jakobikirchhof liegen,
hinter'n Rollkrug un ganz weit weg nach Britz zu."

"Gut, Frau Nimptsch."

"Und gespart hab' ich alles dazu, schon vordem,

Arzt zu holen. Und die Dörr, die ſonſt immer
gegen die Doktors war, hatte diesmal nichts dagegen.

„Geh,“ ſagte ſie, „ſie kann's nicht lange mehr
machen. Kuck' blos mal hier (und ſie wies auf die
Naſenflügel), da ſitzt der Dod.“

Lene ging; aber ſie konnte den Michaelkirchplatz
noch kaum erreicht haben, als die bis dahin in einem
Halbſchlummer gelegene Alte ſich aufrichtete und
nach ihr rief: „Lene ...“

„Lene is nich da.“

„Wer is denn da?“

„Ich, Mutter Nimptſch. Ich, Frau Dörr.“

„Ach, Frau Dörr, das is recht. So, hierher;
hier auf die Hutſche.“

Frau Dörr, gar nicht gewöhnt, ſich kommandiren
zu laſſen, ſchüttelte ſich ein wenig, war aber doch
zu gutmüthig, um dem Kommando nicht nachzu¬
kommen. Und ſo ſetzte ſie ſich denn auf die Fu߬
bank.

Und ſieh da, im ſelben Augenblick begann auch
die alte Frau ſchon: „Ich will einen gelben Sarg
haben un blauen Beſchlag. Aber nich zu viel . . .“

„Gut, Frau Nimptſch.“

„Un ich will auf'n neuen Jakobikirchhof liegen,
hinter'n Rollkrug un ganz weit weg nach Britz zu.“

„Gut, Frau Nimptſch.“

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[212/0222] Arzt zu holen. Und die Dörr, die ſonſt immer gegen die Doktors war, hatte diesmal nichts dagegen. „Geh,“ ſagte ſie, „ſie kann's nicht lange mehr machen. Kuck' blos mal hier (und ſie wies auf die Naſenflügel), da ſitzt der Dod.“ Lene ging; aber ſie konnte den Michaelkirchplatz noch kaum erreicht haben, als die bis dahin in einem Halbſchlummer gelegene Alte ſich aufrichtete und nach ihr rief: „Lene ...“ „Lene is nich da.“ „Wer is denn da?“ „Ich, Mutter Nimptſch. Ich, Frau Dörr.“ „Ach, Frau Dörr, das is recht. So, hierher; hier auf die Hutſche.“ Frau Dörr, gar nicht gewöhnt, ſich kommandiren zu laſſen, ſchüttelte ſich ein wenig, war aber doch zu gutmüthig, um dem Kommando nicht nachzu¬ kommen. Und ſo ſetzte ſie ſich denn auf die Fu߬ bank. Und ſieh da, im ſelben Augenblick begann auch die alte Frau ſchon: „Ich will einen gelben Sarg haben un blauen Beſchlag. Aber nich zu viel . . .“ „Gut, Frau Nimptſch.“ „Un ich will auf'n neuen Jakobikirchhof liegen, hinter'n Rollkrug un ganz weit weg nach Britz zu.“ „Gut, Frau Nimptſch.“ „Und geſpart hab' ich alles dazu, ſchon vordem,

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/222>, abgerufen am 24.11.2024.