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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

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Rühren, aber er bezwang sich und rief sich zu, wenn
auch freilich mit einem Anfluge von Ironie, "daß
endlich einmal ein Exempel statuirt werden müsse."
So begann er denn, so gut er konnte, die Rolle
des donnernden Zeus zu spielen. Wo sie nur ge¬
steckt hätten? Ob das Ordnung und gute Sitte
sei? Er habe nicht Lust, der gnädigen Frau, wenn
sie zurück komme (vielleicht heute schon), einen aus
Rand und Band gegangenen Hausstand zu über¬
liefern. Und der Bursche? "Nun, ich will nichts
wissen, nichts hören, am wenigsten Entschuldigungen."
Und als dies heraus war, ging er weiter und
lächelte, zumeist über sich selbst. "Wie leicht ist
doch predigen und wie schwer ist danach handeln
und thun. Armer Kanzelheld ich! Bin ich nicht
selbst aus Rand und Band? Bin ich nicht selber
aus Ordnung und guter Sitte? Daß es war, das
möchte gehn, aber daß es noch ist, das ist das
Schlimme."

Dabei nahm er wieder seinen Platz auf dem
Balkon und klingelte. Jetzt kam auch der Bursche,
fast noch ängstlicher und verlegener als die Mädchen,
aber es hatte keine Noth mehr, das Wetter war
vorüber. "Sage der Köchin, daß ich etwas essen
will. Nun, warum stehst Du noch? Ah, ich sehe
schon (und er lachte), nichts im Hause. Trifft sich
alles vorzüglich . . . -- Also Thee; bringe mir

Rühren, aber er bezwang ſich und rief ſich zu, wenn
auch freilich mit einem Anfluge von Ironie, „daß
endlich einmal ein Exempel ſtatuirt werden müſſe.“
So begann er denn, ſo gut er konnte, die Rolle
des donnernden Zeus zu ſpielen. Wo ſie nur ge¬
ſteckt hätten? Ob das Ordnung und gute Sitte
ſei? Er habe nicht Luſt, der gnädigen Frau, wenn
ſie zurück komme (vielleicht heute ſchon), einen aus
Rand und Band gegangenen Hausſtand zu über¬
liefern. Und der Burſche? „Nun, ich will nichts
wiſſen, nichts hören, am wenigſten Entſchuldigungen.“
Und als dies heraus war, ging er weiter und
lächelte, zumeiſt über ſich ſelbſt. „Wie leicht iſt
doch predigen und wie ſchwer iſt danach handeln
und thun. Armer Kanzelheld ich! Bin ich nicht
ſelbſt aus Rand und Band? Bin ich nicht ſelber
aus Ordnung und guter Sitte? Daß es war, das
möchte gehn, aber daß es noch iſt, das iſt das
Schlimme.“

Dabei nahm er wieder ſeinen Platz auf dem
Balkon und klingelte. Jetzt kam auch der Burſche,
faſt noch ängſtlicher und verlegener als die Mädchen,
aber es hatte keine Noth mehr, das Wetter war
vorüber. „Sage der Köchin, daß ich etwas eſſen
will. Nun, warum ſtehſt Du noch? Ah, ich ſehe
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[251/0261] Rühren, aber er bezwang ſich und rief ſich zu, wenn auch freilich mit einem Anfluge von Ironie, „daß endlich einmal ein Exempel ſtatuirt werden müſſe.“ So begann er denn, ſo gut er konnte, die Rolle des donnernden Zeus zu ſpielen. Wo ſie nur ge¬ ſteckt hätten? Ob das Ordnung und gute Sitte ſei? Er habe nicht Luſt, der gnädigen Frau, wenn ſie zurück komme (vielleicht heute ſchon), einen aus Rand und Band gegangenen Hausſtand zu über¬ liefern. Und der Burſche? „Nun, ich will nichts wiſſen, nichts hören, am wenigſten Entſchuldigungen.“ Und als dies heraus war, ging er weiter und lächelte, zumeiſt über ſich ſelbſt. „Wie leicht iſt doch predigen und wie ſchwer iſt danach handeln und thun. Armer Kanzelheld ich! Bin ich nicht ſelbſt aus Rand und Band? Bin ich nicht ſelber aus Ordnung und guter Sitte? Daß es war, das möchte gehn, aber daß es noch iſt, das iſt das Schlimme.“ Dabei nahm er wieder ſeinen Platz auf dem Balkon und klingelte. Jetzt kam auch der Burſche, faſt noch ängſtlicher und verlegener als die Mädchen, aber es hatte keine Noth mehr, das Wetter war vorüber. „Sage der Köchin, daß ich etwas eſſen will. Nun, warum ſtehſt Du noch? Ah, ich ſehe ſchon (und er lachte), nichts im Hauſe. Trifft ſich alles vorzüglich . . . — Alſo Thee; bringe mir

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/261>, abgerufen am 24.11.2024.