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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

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vielleicht auch Frau Dörr, wenn sie die Güte haben
will, uns zu begleiten."

"Ob sie will." sagte Frau Dörr. "Gewiß will
sie. Große Ehre. Aber man muß sich doch erst
ein bischen zurechtmachen. Ich bin gleich wieder da."

"Nicht nöthig, Frau Dörr, wir holen Sie ab."


Und so geschah es, und als das junge Paar
eine Viertelstunde später auf den Garten zuschritt,
stand Frau Dörr schon an der Thür, einen Umhang
überm Arm und einen prachtvollen Hut auf dem
Kopf, ein Geschenk Dörr's, der, wie alle Geizhälse,
mitunter etwas lächerlich Theures kaufte.

Botho sagte der so Herausgeputzten etwas
Schmeichelhaftes und gleich danach gingen alle drei
den Gang hinunter und traten durch ein verstecktes
Seitenpförtchen auf einen Feldweg hinaus, der hier,
wenigstens zunächst noch und eh er weiter abwärts in
das freie Wiesengrün einbog, an dem an seiner
Außenseite hoch in Nesseln stehenden Gartenzaun
hinlief.

"Hier bleiben wir," sagte Lene. "Das ist der
hübscheste Weg und der einsamste. Da kommt
niemand."

Und wirklich, es war der einsamste Weg, um
vieles stiller und menschenleerer als drei, vier andere,
die parallel mit ihm über die Wiese hin auf

vielleicht auch Frau Dörr, wenn ſie die Güte haben
will, uns zu begleiten.“

„Ob ſie will.“ ſagte Frau Dörr. „Gewiß will
ſie. Große Ehre. Aber man muß ſich doch erſt
ein bischen zurechtmachen. Ich bin gleich wieder da.“

„Nicht nöthig, Frau Dörr, wir holen Sie ab.“


Und ſo geſchah es, und als das junge Paar
eine Viertelſtunde ſpäter auf den Garten zuſchritt,
ſtand Frau Dörr ſchon an der Thür, einen Umhang
überm Arm und einen prachtvollen Hut auf dem
Kopf, ein Geſchenk Dörr's, der, wie alle Geizhälſe,
mitunter etwas lächerlich Theures kaufte.

Botho ſagte der ſo Herausgeputzten etwas
Schmeichelhaftes und gleich danach gingen alle drei
den Gang hinunter und traten durch ein verſtecktes
Seitenpförtchen auf einen Feldweg hinaus, der hier,
wenigſtens zunächſt noch und eh er weiter abwärts in
das freie Wieſengrün einbog, an dem an ſeiner
Außenſeite hoch in Neſſeln ſtehenden Gartenzaun
hinlief.

„Hier bleiben wir,“ ſagte Lene. „Das iſt der
hübſcheſte Weg und der einſamſte. Da kommt
niemand.“

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[82/0092] vielleicht auch Frau Dörr, wenn ſie die Güte haben will, uns zu begleiten.“ „Ob ſie will.“ ſagte Frau Dörr. „Gewiß will ſie. Große Ehre. Aber man muß ſich doch erſt ein bischen zurechtmachen. Ich bin gleich wieder da.“ „Nicht nöthig, Frau Dörr, wir holen Sie ab.“ Und ſo geſchah es, und als das junge Paar eine Viertelſtunde ſpäter auf den Garten zuſchritt, ſtand Frau Dörr ſchon an der Thür, einen Umhang überm Arm und einen prachtvollen Hut auf dem Kopf, ein Geſchenk Dörr's, der, wie alle Geizhälſe, mitunter etwas lächerlich Theures kaufte. Botho ſagte der ſo Herausgeputzten etwas Schmeichelhaftes und gleich danach gingen alle drei den Gang hinunter und traten durch ein verſtecktes Seitenpförtchen auf einen Feldweg hinaus, der hier, wenigſtens zunächſt noch und eh er weiter abwärts in das freie Wieſengrün einbog, an dem an ſeiner Außenſeite hoch in Neſſeln ſtehenden Gartenzaun hinlief. „Hier bleiben wir,“ ſagte Lene. „Das iſt der hübſcheſte Weg und der einſamſte. Da kommt niemand.“ Und wirklich, es war der einſamſte Weg, um vieles ſtiller und menſchenleerer als drei, vier andere, die parallel mit ihm über die Wieſe hin auf

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/92>, abgerufen am 24.11.2024.