Fontane, Theodor: Meine Kinderjahre. Berlin, 1894.Reden in dem ihm eignen Stil, was jedesmal einen Gegenstand äußerster Erheitrung für meine Mutter ausmachte, während ich selbst, wenn ich an Ballabenden dem Tanze dieser drei Huldinnen zusehen durfte, den Olthoffschen Ressourcensaal sich in einen Weihetempel verwandeln sah. Ziemlich um dieselbe Zeit als Major Thomas eintraf, kam auch Schifffahrtsdirektor Bauer. Er hatte keine schönen Töchter, spielte sich aber selber auf Schönheit oder um mit meinem Vater zu sprechen "auf ein gefälliges Exterieur hin" aus. Und nicht ohne Grund, denn er hatte gesunde Farben und blonde Löckchen und trug eine goldne Brille. Noch ehe er da war, war schon eine Art Opposition gegen ihn im Gange, was der Sachlage nach, eigentlich nur natürlich war. Es hatte bis dahin, wenn ich recht berichtet bin, keine Schifffahrtsdirektor-Stelle gegeben und nun schuf man eine solche. Wenn man nach dem Namen gehen durfte, so mußte die Stelle nothwendig den Zweck haben, der Schifffahrt aufzuhelfen und der, der bestimmt war, diese Hülfe zu leisten, mußte was davon verstehn. Aber verstand der in Sicht Stehende wirklich etwas davon? Das wollte nicht recht einleuchten. Er war ein Binnenlandsmensch und hatte von Schiffen schwerlich mehr gesehn, als eine Gondelflottille zwischen Treptow und Stralau. Was Reden in dem ihm eignen Stil, was jedesmal einen Gegenstand äußerster Erheitrung für meine Mutter ausmachte, während ich selbst, wenn ich an Ballabenden dem Tanze dieser drei Huldinnen zusehen durfte, den Olthoffschen Ressourcensaal sich in einen Weihetempel verwandeln sah. Ziemlich um dieselbe Zeit als Major Thomas eintraf, kam auch Schifffahrtsdirektor Bauer. Er hatte keine schönen Töchter, spielte sich aber selber auf Schönheit oder um mit meinem Vater zu sprechen „auf ein gefälliges Exterieur hin“ aus. Und nicht ohne Grund, denn er hatte gesunde Farben und blonde Löckchen und trug eine goldne Brille. Noch ehe er da war, war schon eine Art Opposition gegen ihn im Gange, was der Sachlage nach, eigentlich nur natürlich war. Es hatte bis dahin, wenn ich recht berichtet bin, keine Schifffahrtsdirektor-Stelle gegeben und nun schuf man eine solche. Wenn man nach dem Namen gehen durfte, so mußte die Stelle nothwendig den Zweck haben, der Schifffahrt aufzuhelfen und der, der bestimmt war, diese Hülfe zu leisten, mußte was davon verstehn. Aber verstand der in Sicht Stehende wirklich etwas davon? Das wollte nicht recht einleuchten. Er war ein Binnenlandsmensch und hatte von Schiffen schwerlich mehr gesehn, als eine Gondelflottille zwischen Treptow und Stralau. Was <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0111" n="103"/> Reden in dem ihm eignen Stil, was jedesmal einen Gegenstand äußerster Erheitrung für meine Mutter ausmachte, während ich selbst, wenn ich an Ballabenden dem Tanze dieser drei Huldinnen zusehen durfte, den Olthoffschen Ressourcensaal sich in einen Weihetempel verwandeln sah.</p> <p>Ziemlich um dieselbe Zeit als Major Thomas eintraf, kam auch Schifffahrtsdirektor <hi rendition="#g">Bauer</hi>. Er hatte keine schönen Töchter, spielte sich aber selber auf Schönheit oder um mit meinem Vater zu sprechen „auf ein gefälliges Exterieur hin“ aus. Und nicht ohne Grund, denn er hatte gesunde Farben und blonde Löckchen und trug eine goldne Brille. Noch ehe er da war, war schon eine Art Opposition gegen ihn im Gange, was der Sachlage nach, eigentlich nur natürlich war. Es hatte bis dahin, wenn ich recht berichtet bin, keine Schifffahrtsdirektor-Stelle gegeben und nun schuf man eine solche. Wenn man nach dem Namen gehen durfte, so mußte die Stelle nothwendig den Zweck haben, der Schifffahrt aufzuhelfen und der, der bestimmt war, diese Hülfe zu leisten, mußte was davon verstehn. Aber verstand der in Sicht Stehende wirklich etwas davon? Das wollte nicht recht einleuchten. Er war ein Binnenlandsmensch und hatte <choice><sic>ovn</sic><corr type="editorial">von</corr></choice> Schiffen schwerlich mehr gesehn, als eine Gondelflottille zwischen Treptow und Stralau. Was </p> </div> </body> </text> </TEI> [103/0111]
Reden in dem ihm eignen Stil, was jedesmal einen Gegenstand äußerster Erheitrung für meine Mutter ausmachte, während ich selbst, wenn ich an Ballabenden dem Tanze dieser drei Huldinnen zusehen durfte, den Olthoffschen Ressourcensaal sich in einen Weihetempel verwandeln sah.
Ziemlich um dieselbe Zeit als Major Thomas eintraf, kam auch Schifffahrtsdirektor Bauer. Er hatte keine schönen Töchter, spielte sich aber selber auf Schönheit oder um mit meinem Vater zu sprechen „auf ein gefälliges Exterieur hin“ aus. Und nicht ohne Grund, denn er hatte gesunde Farben und blonde Löckchen und trug eine goldne Brille. Noch ehe er da war, war schon eine Art Opposition gegen ihn im Gange, was der Sachlage nach, eigentlich nur natürlich war. Es hatte bis dahin, wenn ich recht berichtet bin, keine Schifffahrtsdirektor-Stelle gegeben und nun schuf man eine solche. Wenn man nach dem Namen gehen durfte, so mußte die Stelle nothwendig den Zweck haben, der Schifffahrt aufzuhelfen und der, der bestimmt war, diese Hülfe zu leisten, mußte was davon verstehn. Aber verstand der in Sicht Stehende wirklich etwas davon? Das wollte nicht recht einleuchten. Er war ein Binnenlandsmensch und hatte von Schiffen schwerlich mehr gesehn, als eine Gondelflottille zwischen Treptow und Stralau. Was
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2013-01-21T13:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Digitale Drucke der Uni Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-01-21T13:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-01-21T13:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |