Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Meine Kinderjahre. Berlin, 1894.

Bild:
<< vorherige Seite

werden zu können; ihr war die Sache gerade dann am widerstrebendsten, wenn sie in's Leichte und Heitere gezogen werden sollte. "Was ernst ist, ist eben nicht heiter." Uebrigens bestritt sie ihm nicht, daß er, als glücklicher Humorist, es immer verstanden habe, die Leute auf seine Seite zu ziehen, setzte dann aber hinzu "leider."

Und nun zurück zu dem Sommerbesuch in unserm Hause. Das junge Weibervolk immer zu vergnügen, war mitunter etwas schwer und es hätte sich vielleicht als unmöglich erwiesen, wenn nicht die Pferde gewesen wären. An fast jedem schönen Nachmittage fuhr der Wagen vor und diese mit ihrem Besuch uns zeitweilig fast erdrückenden Badesaisontage mögen wohl die einzigen gewesen sein, wo sich meine Mutter, ohne übrigens ihre Grundanschauung deshalb aufzugeben, vorübergehend mit der Existenz von Pferd und Wagen aussöhnte. Wer Swinemünde kennt, und es kennen es viele, weiß, daß man, bei Nachmittagspartieen, wegen hübscher Zielpunkte nicht in Verlegenheit kommt und auch schon damals war es so wie heute. Da ging es, am Strand hin, bis Heringsdorf oder nach der andern Seite hin, bis an die Moolen, am beliebtesten aber, schon um Schutz gegen die Sonne zu haben, waren die Fahrten landeinwärts, entweder durch dichten Buchenwald

werden zu können; ihr war die Sache gerade dann am widerstrebendsten, wenn sie in’s Leichte und Heitere gezogen werden sollte. „Was ernst ist, ist eben nicht heiter.“ Uebrigens bestritt sie ihm nicht, daß er, als glücklicher Humorist, es immer verstanden habe, die Leute auf seine Seite zu ziehen, setzte dann aber hinzu „leider.“

Und nun zurück zu dem Sommerbesuch in unserm Hause. Das junge Weibervolk immer zu vergnügen, war mitunter etwas schwer und es hätte sich vielleicht als unmöglich erwiesen, wenn nicht die Pferde gewesen wären. An fast jedem schönen Nachmittage fuhr der Wagen vor und diese mit ihrem Besuch uns zeitweilig fast erdrückenden Badesaisontage mögen wohl die einzigen gewesen sein, wo sich meine Mutter, ohne übrigens ihre Grundanschauung deshalb aufzugeben, vorübergehend mit der Existenz von Pferd und Wagen aussöhnte. Wer Swinemünde kennt, und es kennen es viele, weiß, daß man, bei Nachmittagspartieen, wegen hübscher Zielpunkte nicht in Verlegenheit kommt und auch schon damals war es so wie heute. Da ging es, am Strand hin, bis Heringsdorf oder nach der andern Seite hin, bis an die Moolen, am beliebtesten aber, schon um Schutz gegen die Sonne zu haben, waren die Fahrten landeinwärts, entweder durch dichten Buchenwald

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0148" n="140"/>
werden zu können; ihr war die Sache gerade dann am widerstrebendsten, wenn sie in&#x2019;s Leichte und Heitere gezogen werden sollte. &#x201E;Was ernst ist, ist eben nicht heiter.&#x201C; Uebrigens bestritt sie ihm nicht, daß er, als glücklicher Humorist, es immer verstanden habe, die Leute auf seine Seite zu ziehen, setzte dann aber hinzu &#x201E;leider.&#x201C;</p>
        <p>Und nun zurück zu dem Sommerbesuch in unserm Hause. Das junge Weibervolk immer zu vergnügen, war mitunter etwas schwer und es hätte sich vielleicht als unmöglich erwiesen, wenn nicht die Pferde gewesen wären. An fast jedem schönen Nachmittage fuhr der Wagen vor und diese mit ihrem Besuch uns zeitweilig fast erdrückenden Badesaisontage mögen wohl die einzigen gewesen sein, wo sich meine Mutter, ohne übrigens ihre Grundanschauung deshalb aufzugeben, vorübergehend mit der Existenz von Pferd und Wagen aussöhnte. Wer Swinemünde kennt, und es kennen es viele, weiß, daß man, bei Nachmittagspartieen, wegen hübscher Zielpunkte nicht in Verlegenheit kommt und auch schon damals war es so wie heute. Da ging es, am Strand hin, bis Heringsdorf oder nach der andern Seite hin, bis an die Moolen, am beliebtesten aber, schon um Schutz gegen die Sonne zu haben, waren die Fahrten landeinwärts, entweder durch dichten Buchenwald
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[140/0148] werden zu können; ihr war die Sache gerade dann am widerstrebendsten, wenn sie in’s Leichte und Heitere gezogen werden sollte. „Was ernst ist, ist eben nicht heiter.“ Uebrigens bestritt sie ihm nicht, daß er, als glücklicher Humorist, es immer verstanden habe, die Leute auf seine Seite zu ziehen, setzte dann aber hinzu „leider.“ Und nun zurück zu dem Sommerbesuch in unserm Hause. Das junge Weibervolk immer zu vergnügen, war mitunter etwas schwer und es hätte sich vielleicht als unmöglich erwiesen, wenn nicht die Pferde gewesen wären. An fast jedem schönen Nachmittage fuhr der Wagen vor und diese mit ihrem Besuch uns zeitweilig fast erdrückenden Badesaisontage mögen wohl die einzigen gewesen sein, wo sich meine Mutter, ohne übrigens ihre Grundanschauung deshalb aufzugeben, vorübergehend mit der Existenz von Pferd und Wagen aussöhnte. Wer Swinemünde kennt, und es kennen es viele, weiß, daß man, bei Nachmittagspartieen, wegen hübscher Zielpunkte nicht in Verlegenheit kommt und auch schon damals war es so wie heute. Da ging es, am Strand hin, bis Heringsdorf oder nach der andern Seite hin, bis an die Moolen, am beliebtesten aber, schon um Schutz gegen die Sonne zu haben, waren die Fahrten landeinwärts, entweder durch dichten Buchenwald

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-01-21T13:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Digitale Drucke der Uni Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-21T13:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-01-21T13:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Worttrennungen am Zeilenende werden ignoriert. Das Wort wird noch auf der gleichen Seite vervollständigt.
  • Die Transkription folgt im Übrigen dem Original.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_kinderjahre_1894
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_kinderjahre_1894/148
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Meine Kinderjahre. Berlin, 1894, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_kinderjahre_1894/148>, abgerufen am 24.11.2024.