Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Meine Kinderjahre. Berlin, 1894.

Bild:
<< vorherige Seite

anging, vor allem den Abputz des ganzen Hauses, was das "Innen" anging, die Möblierung und Einrichtung zweier Räume: des für seine Frau bestimmten "Salons" und seines eigenen Wohnzimmers zur Aufgabe.

Dies doppelte Vorgehen war von einem sehr verschiedenen Erfolge begleitet.

Was zunächst den Angriff von "Außen", also die dem Abputz und Anstrich des Hauses geltende Neuerung betraf, so scheiterte diese total. Von der aus einem feineren Stilgefühl hervorgehenden Anschauung, daß, unter Umständen, etwas geradezu Häßliches einem an und für sich Hübscheren aber durchaus Unpassenden immer noch vorzuziehen sein könne, wußte man damals im Publikum nicht viel und so kam es, daß mein Vater, nachdem er sich mit einem uns schräg gegenüber wohnenden Haus- und Stubenmaler in Verbindung gesetzt hatte, mit eben diesem einen himmelblauen Oelfarbenanstrich verabredete. Für den Maler war dies, bei der beträchtlichen Zahl von Quadratfußen, die mit dem theuren Anstrich zu bedecken waren, eine sehr lohnende Aufgabe, für das Haus selbst aber, dem diese Verschönerung galt, ging dadurch das Beste verloren, was es bis dahin gehabt hatte: sein grotesker Charakter.

anging, vor allem den Abputz des ganzen Hauses, was das „Innen“ anging, die Möblierung und Einrichtung zweier Räume: des für seine Frau bestimmten „Salons“ und seines eigenen Wohnzimmers zur Aufgabe.

Dies doppelte Vorgehen war von einem sehr verschiedenen Erfolge begleitet.

Was zunächst den Angriff von „Außen“, also die dem Abputz und Anstrich des Hauses geltende Neuerung betraf, so scheiterte diese total. Von der aus einem feineren Stilgefühl hervorgehenden Anschauung, daß, unter Umständen, etwas geradezu Häßliches einem an und für sich Hübscheren aber durchaus Unpassenden immer noch vorzuziehen sein könne, wußte man damals im Publikum nicht viel und so kam es, daß mein Vater, nachdem er sich mit einem uns schräg gegenüber wohnenden Haus- und Stubenmaler in Verbindung gesetzt hatte, mit eben diesem einen himmelblauen Oelfarbenanstrich verabredete. Für den Maler war dies, bei der beträchtlichen Zahl von Quadratfußen, die mit dem theuren Anstrich zu bedecken waren, eine sehr lohnende Aufgabe, für das Haus selbst aber, dem diese Verschönerung galt, ging dadurch das Beste verloren, was es bis dahin gehabt hatte: sein grotesker Charakter.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0071" n="63"/>
anging, vor allem den Abputz des ganzen Hauses, was das &#x201E;Innen&#x201C; anging, die Möblierung und Einrichtung zweier Räume: des für seine Frau bestimmten &#x201E;Salons&#x201C; und seines eigenen Wohnzimmers zur Aufgabe.</p>
        <p>Dies doppelte Vorgehen war von einem sehr verschiedenen Erfolge begleitet.</p>
        <p>Was zunächst den Angriff von &#x201E;Außen&#x201C;, also die dem Abputz und Anstrich des Hauses geltende Neuerung betraf, so scheiterte diese total. Von der aus einem feineren Stilgefühl hervorgehenden Anschauung, daß, unter Umständen, etwas geradezu Häßliches einem an und für sich Hübscheren aber durchaus Unpassenden immer noch vorzuziehen sein könne, wußte man damals im Publikum nicht viel und so kam es, daß mein Vater, nachdem er sich mit einem uns schräg gegenüber wohnenden Haus- und Stubenmaler in Verbindung gesetzt hatte, mit eben diesem einen himmelblauen Oelfarbenanstrich verabredete. Für den Maler war dies, bei der beträchtlichen Zahl von Quadratfußen, die mit dem theuren Anstrich zu bedecken waren, eine sehr lohnende Aufgabe, für das Haus selbst aber, dem diese Verschönerung galt, ging dadurch das Beste verloren, was es bis dahin gehabt hatte: sein grotesker Charakter.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[63/0071] anging, vor allem den Abputz des ganzen Hauses, was das „Innen“ anging, die Möblierung und Einrichtung zweier Räume: des für seine Frau bestimmten „Salons“ und seines eigenen Wohnzimmers zur Aufgabe. Dies doppelte Vorgehen war von einem sehr verschiedenen Erfolge begleitet. Was zunächst den Angriff von „Außen“, also die dem Abputz und Anstrich des Hauses geltende Neuerung betraf, so scheiterte diese total. Von der aus einem feineren Stilgefühl hervorgehenden Anschauung, daß, unter Umständen, etwas geradezu Häßliches einem an und für sich Hübscheren aber durchaus Unpassenden immer noch vorzuziehen sein könne, wußte man damals im Publikum nicht viel und so kam es, daß mein Vater, nachdem er sich mit einem uns schräg gegenüber wohnenden Haus- und Stubenmaler in Verbindung gesetzt hatte, mit eben diesem einen himmelblauen Oelfarbenanstrich verabredete. Für den Maler war dies, bei der beträchtlichen Zahl von Quadratfußen, die mit dem theuren Anstrich zu bedecken waren, eine sehr lohnende Aufgabe, für das Haus selbst aber, dem diese Verschönerung galt, ging dadurch das Beste verloren, was es bis dahin gehabt hatte: sein grotesker Charakter.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-01-21T13:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Digitale Drucke der Uni Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-21T13:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-01-21T13:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Worttrennungen am Zeilenende werden ignoriert. Das Wort wird noch auf der gleichen Seite vervollständigt.
  • Die Transkription folgt im Übrigen dem Original.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_kinderjahre_1894
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_kinderjahre_1894/71
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Meine Kinderjahre. Berlin, 1894, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_kinderjahre_1894/71>, abgerufen am 24.11.2024.