Fontane, Theodor: Meine Kinderjahre. Berlin, 1894.mit einigen kleinen Sonderbarkeiten zusammen hing, die diese Unterhaltungsgabe begleiteten. Zu diesen Sonderbarkeiten zählte, neben anderem, auch eine ihm eigenthümliche Vortragsweise, die bei Citaten oder Namensnennungen immer höchst pathetisch war. Er sagte nicht gern "auf Erden" sondern bevorzugte die Wendung "auf dieser sublunarischen Welt" und wenn er das Wort "sort", z. B. in seinem Lieblingssatze: "der und der wird sein sort machen" betonte, so hätten ihn drei Franzosen um die Aussprache des "o" beneiden können. Auf gleicher Höhe, wenn nicht höher, stand sein "la mort sans phrase" oder wohl gar "la garde meurt et ne se rend pas" woraus man übrigens nicht schließen wolle, daß dies, so sehr er an allem Französischen hing, aus Gallomanie geschehen sei. Was ihn dazu bestimmte, war lediglich ein Klangbedürfniß und jede Sprache, die dazu mithalf, war ihm gleich willkommen. Es war eine Lust ihm zuzuhören, wenn er beispielsweise den Titel eines damals erschienenen Romans: "Gustav Wasa oder das Blutbad zu Stockholm" aussprach oder wenn er, sobald von Schill die Rede war, hinzusetzte: "Schill, der in den Straßen von Stralsund fiel." Alles Allitterirende und Spondäische wurde von ihm bevorzugt. Er wiegte sich darauf. Am größten aber mit einigen kleinen Sonderbarkeiten zusammen hing, die diese Unterhaltungsgabe begleiteten. Zu diesen Sonderbarkeiten zählte, neben anderem, auch eine ihm eigenthümliche Vortragsweise, die bei Citaten oder Namensnennungen immer höchst pathetisch war. Er sagte nicht gern „auf Erden“ sondern bevorzugte die Wendung „auf dieser sublunarischen Welt“ und wenn er das Wort „sort“, z. B. in seinem Lieblingssatze: „der und der wird sein sort machen“ betonte, so hätten ihn drei Franzosen um die Aussprache des „o“ beneiden können. Auf gleicher Höhe, wenn nicht höher, stand sein „la mort sans phrase“ oder wohl gar „la garde meurt et ne se rend pas“ woraus man übrigens nicht schließen wolle, daß dies, so sehr er an allem Französischen hing, aus Gallomanie geschehen sei. Was ihn dazu bestimmte, war lediglich ein Klangbedürfniß und jede Sprache, die dazu mithalf, war ihm gleich willkommen. Es war eine Lust ihm zuzuhören, wenn er beispielsweise den Titel eines damals erschienenen Romans: „Gustav Wasa oder das Blutbad zu Stockholm“ aussprach oder wenn er, sobald von Schill die Rede war, hinzusetzte: „Schill, der in den Straßen von Stralsund fiel.“ Alles Allitterirende und Spondäische wurde von ihm bevorzugt. Er wiegte sich darauf. Am größten aber <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0080" n="72"/> mit einigen kleinen Sonderbarkeiten zusammen hing, die diese Unterhaltungsgabe begleiteten. Zu diesen Sonderbarkeiten zählte, neben anderem, auch eine ihm eigenthümliche Vortragsweise, die bei Citaten oder Namensnennungen immer höchst pathetisch war. Er sagte nicht gern „auf Erden“ sondern bevorzugte die Wendung „auf dieser sublunarischen Welt“ und wenn er das Wort <hi rendition="#aq">„sort“</hi>, z. B. in seinem Lieblingssatze: „der und der wird sein <hi rendition="#aq">sort</hi> machen“ betonte, so hätten ihn drei Franzosen um die Aussprache des „o“ beneiden können. Auf gleicher Höhe, wenn nicht höher, stand sein <hi rendition="#aq">„la mort sans <choice><sic>phrae</sic><corr type="editorial">phrase</corr></choice>“</hi> oder wohl gar <hi rendition="#aq">„la garde meurt et ne se rend pas“</hi> woraus man übrigens nicht schließen wolle, daß dies, so sehr er an allem Französischen hing, aus Gallomanie geschehen sei. Was ihn dazu bestimmte, war lediglich ein Klangbedürfniß und jede Sprache, die dazu mithalf, war ihm gleich willkommen. Es war eine Lust ihm zuzuhören, wenn er beispielsweise den Titel eines damals erschienenen Romans: <choice><sic>Gustav</sic><corr type="editorial">„Gustav</corr></choice> Wasa oder das Blutbad zu Stockholm“ aussprach oder wenn er, sobald von Schill die Rede war, hinzusetzte: „Schill, der in den Straßen von Stralsund fiel.“ Alles Allitterirende und Spondäische wurde von ihm bevorzugt. Er wiegte sich darauf. Am größten aber </p> </div> </body> </text> </TEI> [72/0080]
mit einigen kleinen Sonderbarkeiten zusammen hing, die diese Unterhaltungsgabe begleiteten. Zu diesen Sonderbarkeiten zählte, neben anderem, auch eine ihm eigenthümliche Vortragsweise, die bei Citaten oder Namensnennungen immer höchst pathetisch war. Er sagte nicht gern „auf Erden“ sondern bevorzugte die Wendung „auf dieser sublunarischen Welt“ und wenn er das Wort „sort“, z. B. in seinem Lieblingssatze: „der und der wird sein sort machen“ betonte, so hätten ihn drei Franzosen um die Aussprache des „o“ beneiden können. Auf gleicher Höhe, wenn nicht höher, stand sein „la mort sans phrase“ oder wohl gar „la garde meurt et ne se rend pas“ woraus man übrigens nicht schließen wolle, daß dies, so sehr er an allem Französischen hing, aus Gallomanie geschehen sei. Was ihn dazu bestimmte, war lediglich ein Klangbedürfniß und jede Sprache, die dazu mithalf, war ihm gleich willkommen. Es war eine Lust ihm zuzuhören, wenn er beispielsweise den Titel eines damals erschienenen Romans: „Gustav Wasa oder das Blutbad zu Stockholm“ aussprach oder wenn er, sobald von Schill die Rede war, hinzusetzte: „Schill, der in den Straßen von Stralsund fiel.“ Alles Allitterirende und Spondäische wurde von ihm bevorzugt. Er wiegte sich darauf. Am größten aber
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Meine Kinderjahre. Berlin, 1894, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_kinderjahre_1894/80>, abgerufen am 18.07.2024. |