Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902.recht, das ist eine vorzügliche Frau und, wenn du's so haben willst, auch eine adlige Frau. Das hab' ich immer gewußt und seit diesen Tagen weiß ich es noch besser. Aber das alles - und es ist hart, daß ich das meiner eigenen Tochter immer wieder versichern muß, während sie's doch wissen könnte, auch ohne meine Versicherung - aber das alles hätte das Leben auch aus mir machen können. Es hat es nur nicht gewollt. Jn einem Schlosse zu Hause zu sein und Hunderte beglücken und dann durch Entziehung von Glück auch 'mal wieder strafen zu können, das alles ist eine andre Lebensschule, wie wenn man nach Herrn Nebelungs Augen sehen und sich um seine Gunst bewerben muß. Jch habe nur sorgen und entbehren gelernt. Das ist meine Schule gewesen. Viel Vornehmes ist dabei nicht herausgekommen, nur Demut. Aber Gott verzeih es mir, wenn ich etwas Unrechtes damit sage, die Demut, wenn sie recht und echt ist, ist vielleicht auch eine Eigenschaft, die sich unter dem Adel sehen lassen kann." Sophie glitt leise von dem Sofa nieder auf ihre Kniee und bedeckte die Hände der alten Frau mit Thränen und Küssen. "Das kannst du nicht verantworten, Therese," sagte Manon und trat ans Fenster. recht, das ist eine vorzügliche Frau und, wenn du’s so haben willst, auch eine adlige Frau. Das hab’ ich immer gewußt und seit diesen Tagen weiß ich es noch besser. Aber das alles – und es ist hart, daß ich das meiner eigenen Tochter immer wieder versichern muß, während sie’s doch wissen könnte, auch ohne meine Versicherung – aber das alles hätte das Leben auch aus mir machen können. Es hat es nur nicht gewollt. Jn einem Schlosse zu Hause zu sein und Hunderte beglücken und dann durch Entziehung von Glück auch ’mal wieder strafen zu können, das alles ist eine andre Lebensschule, wie wenn man nach Herrn Nebelungs Augen sehen und sich um seine Gunst bewerben muß. Jch habe nur sorgen und entbehren gelernt. Das ist meine Schule gewesen. Viel Vornehmes ist dabei nicht herausgekommen, nur Demut. Aber Gott verzeih es mir, wenn ich etwas Unrechtes damit sage, die Demut, wenn sie recht und echt ist, ist vielleicht auch eine Eigenschaft, die sich unter dem Adel sehen lassen kann.“ Sophie glitt leise von dem Sofa nieder auf ihre Kniee und bedeckte die Hände der alten Frau mit Thränen und Küssen. „Das kannst du nicht verantworten, Therese,“ sagte Manon und trat ans Fenster. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0180" n="173"/> recht, das ist eine vorzügliche Frau und, wenn du’s so haben willst, auch eine adlige Frau. Das hab’ ich immer gewußt und seit diesen Tagen weiß ich es noch besser. Aber das alles – und es ist hart, daß ich das meiner eigenen Tochter immer wieder versichern muß, während sie’s doch wissen könnte, auch ohne meine Versicherung – aber das alles hätte das Leben auch aus mir machen können. Es hat es nur nicht gewollt. Jn einem Schlosse zu Hause zu sein und Hunderte beglücken und dann durch Entziehung von Glück auch ’mal wieder strafen zu können, das alles ist eine andre Lebensschule, wie wenn man nach Herrn Nebelungs Augen sehen und sich um seine Gunst bewerben muß. Jch habe nur sorgen und entbehren gelernt. Das ist <hi rendition="#g">meine</hi> Schule gewesen. Viel Vornehmes ist dabei nicht herausgekommen, nur Demut. Aber Gott verzeih es mir, wenn ich etwas Unrechtes damit sage, die Demut, wenn sie recht und echt ist, ist vielleicht auch eine Eigenschaft, die sich unter dem Adel sehen lassen kann.“</p><lb/> <p>Sophie glitt leise von dem Sofa nieder auf ihre Kniee und bedeckte die Hände der alten Frau mit Thränen und Küssen. „Das kannst du nicht verantworten, Therese,“ sagte Manon und trat ans Fenster. </p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [173/0180]
recht, das ist eine vorzügliche Frau und, wenn du’s so haben willst, auch eine adlige Frau. Das hab’ ich immer gewußt und seit diesen Tagen weiß ich es noch besser. Aber das alles – und es ist hart, daß ich das meiner eigenen Tochter immer wieder versichern muß, während sie’s doch wissen könnte, auch ohne meine Versicherung – aber das alles hätte das Leben auch aus mir machen können. Es hat es nur nicht gewollt. Jn einem Schlosse zu Hause zu sein und Hunderte beglücken und dann durch Entziehung von Glück auch ’mal wieder strafen zu können, das alles ist eine andre Lebensschule, wie wenn man nach Herrn Nebelungs Augen sehen und sich um seine Gunst bewerben muß. Jch habe nur sorgen und entbehren gelernt. Das ist meine Schule gewesen. Viel Vornehmes ist dabei nicht herausgekommen, nur Demut. Aber Gott verzeih es mir, wenn ich etwas Unrechtes damit sage, die Demut, wenn sie recht und echt ist, ist vielleicht auch eine Eigenschaft, die sich unter dem Adel sehen lassen kann.“
Sophie glitt leise von dem Sofa nieder auf ihre Kniee und bedeckte die Hände der alten Frau mit Thränen und Küssen. „Das kannst du nicht verantworten, Therese,“ sagte Manon und trat ans Fenster.
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(2018-07-25T11:03:16Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T11:03:16Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Die Poggenpuhls. Hrsg. von Gabriele Radecke. Berlin 2006 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 16]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst). Anmerkungen zur Transkription:
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