Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902."Zukunft? - Ach, du meinst heiraten?" "Ja, das vielleicht auch. Aber zunächst meine ich hinsichtlich deines Umgangs, deines gesellschaftlichen Verkehrs. Wie denkst du darüber?" "Nun gerade so wie früher. Mein Verkehr bleibt wie er ist." "Das solltest du doch überlegen." "Ueberlegen? Jch bitte dich ... Jch möchte wohl das Gesicht des alten Bartenstein sehen, wenn ich mich, angesichts meiner zweihundert Thaler Zinsen, plötzlich auf meinen alten Adel besönne. Wenn es mehr wäre, verzieh er mir's vielleicht. Aber ..." "Also alles beim alten?" "Ja. Und nun gar heiraten! So dumme Gedanken dürfen wir doch nicht haben; wir bleiben eben arme Mädchen. Aber Mama wird besser verpflegt werden und Leo braucht nicht nach dem Aequator. Denn ich denke mir, seine Schulden werden nun wohl bezahlt werden können, ohne Blumenthals und selbst ohne Flora. Flora selbst aber bleibt meine Freundin. Das ist das, was ich haben will. Und so leben wir glücklich und zufrieden weiter, bis Wendelin und Leo etwas Ordentliches geworden sind und wir wieder ein paar andre Größen haben als den Sohrschen und den Hochkircher." „Zukunft? – Ach, du meinst heiraten?“ „Ja, das vielleicht auch. Aber zunächst meine ich hinsichtlich deines Umgangs, deines gesellschaftlichen Verkehrs. Wie denkst du darüber?“ „Nun gerade so wie früher. Mein Verkehr bleibt wie er ist.“ „Das solltest du doch überlegen.“ „Ueberlegen? Jch bitte dich … Jch möchte wohl das Gesicht des alten Bartenstein sehen, wenn ich mich, angesichts meiner zweihundert Thaler Zinsen, plötzlich auf meinen alten Adel besönne. Wenn es mehr wäre, verzieh er mir’s vielleicht. Aber …“ „Also alles beim alten?“ „Ja. Und nun gar heiraten! So dumme Gedanken dürfen wir doch nicht haben; wir bleiben eben arme Mädchen. Aber Mama wird besser verpflegt werden und Leo braucht nicht nach dem Aequator. Denn ich denke mir, seine Schulden werden nun wohl bezahlt werden können, ohne Blumenthals und selbst ohne Flora. Flora selbst aber bleibt meine Freundin. Das ist das, was ich haben will. Und so leben wir glücklich und zufrieden weiter, bis Wendelin und Leo etwas Ordentliches geworden sind und wir wieder ein paar andre Größen haben als den Sohrschen und den Hochkircher.“ <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0182" n="175"/> <p>„Zukunft? – Ach, du meinst heiraten?“</p><lb/> <p>„Ja, das vielleicht auch. Aber zunächst meine ich hinsichtlich deines Umgangs, deines gesellschaftlichen Verkehrs. Wie denkst du darüber?“</p><lb/> <p>„Nun gerade so wie früher. Mein Verkehr bleibt wie er ist.“</p><lb/> <p>„Das solltest du doch überlegen.“</p><lb/> <p>„Ueberlegen? Jch bitte dich … Jch möchte wohl das Gesicht des alten Bartenstein sehen, wenn ich mich, angesichts meiner zweihundert Thaler Zinsen, plötzlich auf meinen alten Adel besönne. Wenn es mehr wäre, verzieh er mir’s vielleicht. Aber …“</p><lb/> <p>„Also alles beim alten?“</p><lb/> <p>„Ja. Und nun gar heiraten! So dumme Gedanken dürfen wir doch nicht haben; wir bleiben eben arme Mädchen. Aber Mama wird besser verpflegt werden und Leo braucht nicht nach dem Aequator. Denn ich denke mir, seine Schulden werden nun wohl bezahlt werden können, ohne Blumenthals und selbst ohne Flora. Flora selbst aber bleibt meine Freundin. Das ist das, was <hi rendition="#g">ich</hi> haben will. Und so leben wir glücklich und zufrieden weiter, bis Wendelin und Leo etwas Ordentliches geworden sind und wir wieder ein paar andre Größen haben als den Sohrschen und den Hochkircher.“ </p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [175/0182]
„Zukunft? – Ach, du meinst heiraten?“
„Ja, das vielleicht auch. Aber zunächst meine ich hinsichtlich deines Umgangs, deines gesellschaftlichen Verkehrs. Wie denkst du darüber?“
„Nun gerade so wie früher. Mein Verkehr bleibt wie er ist.“
„Das solltest du doch überlegen.“
„Ueberlegen? Jch bitte dich … Jch möchte wohl das Gesicht des alten Bartenstein sehen, wenn ich mich, angesichts meiner zweihundert Thaler Zinsen, plötzlich auf meinen alten Adel besönne. Wenn es mehr wäre, verzieh er mir’s vielleicht. Aber …“
„Also alles beim alten?“
„Ja. Und nun gar heiraten! So dumme Gedanken dürfen wir doch nicht haben; wir bleiben eben arme Mädchen. Aber Mama wird besser verpflegt werden und Leo braucht nicht nach dem Aequator. Denn ich denke mir, seine Schulden werden nun wohl bezahlt werden können, ohne Blumenthals und selbst ohne Flora. Flora selbst aber bleibt meine Freundin. Das ist das, was ich haben will. Und so leben wir glücklich und zufrieden weiter, bis Wendelin und Leo etwas Ordentliches geworden sind und wir wieder ein paar andre Größen haben als den Sohrschen und den Hochkircher.“
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(2018-07-25T11:03:16Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T11:03:16Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Die Poggenpuhls. Hrsg. von Gabriele Radecke. Berlin 2006 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 16]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst). Anmerkungen zur Transkription:
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