Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902.Mama ihm sagen ließ, er solle nur an ihr Bett kommen und ihr was erzählen. Das war ihm denn allerdings erheblich lieber, als, wie er sich ausdrückte, "unter Betrachtung seines Jnnern" auf Therese zu warten. "Jst dir schlecht, Mama?" "Nein, Leo, schlecht eigentlich nicht. Jch habe mich nur hingelegt, weil ich morgen doch ein bißchen bei Kräften sein will. Nimm dir einen Stuhl und rücke 'ran und dann hole die Lampe, daß ich dich immer vor mir habe. Denn du hast ein gutes Poggenpuhlsches Gesicht, und wenn dann was kommt, was nicht stimmt, so kann ich es dir immer gleich ansehen und mir meinen Vers danach machen." "Ach, Mama, du denkst immer, ich mache Flausen; aber es ist nicht so schlimm damit. Jch habe nicht 'mal Talent dazu; ich übertreibe bloß ein bißchen." "Jst schon recht. Und du warst auch immer mein Liebling, und die andern haben es dir auch gegönnt. Aber du bist so leichtsinnig und denkst immer, ,es wird sich schon finden'. Und sieh, das ängstigt mich. Was finden! Wie soll sich denn was finden, wo soll es denn herkommen? Es ist ja doch eigentlich ein Wunder, daß es noch immer so gegangen ist." "Ja, Mutter, das ist es ja gerade; da steckt ja gerade die Hoffnung, und ich muß beinahe sagen die Mama ihm sagen ließ, er solle nur an ihr Bett kommen und ihr was erzählen. Das war ihm denn allerdings erheblich lieber, als, wie er sich ausdrückte, „unter Betrachtung seines Jnnern“ auf Therese zu warten. „Jst dir schlecht, Mama?“ „Nein, Leo, schlecht eigentlich nicht. Jch habe mich nur hingelegt, weil ich morgen doch ein bißchen bei Kräften sein will. Nimm dir einen Stuhl und rücke ’ran und dann hole die Lampe, daß ich dich immer vor mir habe. Denn du hast ein gutes Poggenpuhlsches Gesicht, und wenn dann was kommt, was nicht stimmt, so kann ich es dir immer gleich ansehen und mir meinen Vers danach machen.“ „Ach, Mama, du denkst immer, ich mache Flausen; aber es ist nicht so schlimm damit. Jch habe nicht ’mal Talent dazu; ich übertreibe bloß ein bißchen.“ „Jst schon recht. Und du warst auch immer mein Liebling, und die andern haben es dir auch gegönnt. Aber du bist so leichtsinnig und denkst immer, ‚es wird sich schon finden‘. Und sieh, das ängstigt mich. Was finden! Wie soll sich denn was finden, wo soll es denn herkommen? Es ist ja doch eigentlich ein Wunder, daß es noch immer so gegangen ist.“ „Ja, Mutter, das ist es ja gerade; da steckt ja gerade die Hoffnung, und ich muß beinahe sagen die <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0043" n="36"/> Mama ihm sagen ließ, er solle nur an ihr Bett kommen und ihr was erzählen. Das war ihm denn allerdings erheblich lieber, als, wie er sich ausdrückte, „unter Betrachtung seines Jnnern“ auf Therese zu warten.</p><lb/> <p>„Jst dir schlecht, Mama?“</p><lb/> <p>„Nein, Leo, schlecht eigentlich nicht. Jch habe mich nur hingelegt, weil ich morgen doch ein bißchen bei Kräften sein will. Nimm dir einen Stuhl und rücke ’ran und dann hole die Lampe, daß ich dich immer vor mir habe. Denn du hast ein gutes Poggenpuhlsches Gesicht, und wenn dann was kommt, was nicht stimmt, so kann ich es dir immer gleich ansehen und mir meinen Vers danach machen.“</p><lb/> <p>„Ach, Mama, du denkst immer, ich mache Flausen; aber es ist nicht so schlimm damit. Jch habe nicht ’mal Talent dazu; ich übertreibe bloß ein bißchen.“</p><lb/> <p>„Jst schon recht. Und du warst auch immer mein Liebling, und die andern haben es dir auch gegönnt. Aber du bist so leichtsinnig und denkst immer, ‚es wird sich schon finden‘. Und sieh, das ängstigt mich. Was <choice><sic>sinden</sic><corr>finden</corr></choice>! Wie soll sich denn was finden, wo soll es denn herkommen? Es ist ja doch eigentlich ein Wunder, daß es noch immer so gegangen ist.“</p><lb/> <p>„Ja, Mutter, das ist es ja gerade; da steckt ja gerade die Hoffnung, und ich muß beinahe sagen die<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [36/0043]
Mama ihm sagen ließ, er solle nur an ihr Bett kommen und ihr was erzählen. Das war ihm denn allerdings erheblich lieber, als, wie er sich ausdrückte, „unter Betrachtung seines Jnnern“ auf Therese zu warten.
„Jst dir schlecht, Mama?“
„Nein, Leo, schlecht eigentlich nicht. Jch habe mich nur hingelegt, weil ich morgen doch ein bißchen bei Kräften sein will. Nimm dir einen Stuhl und rücke ’ran und dann hole die Lampe, daß ich dich immer vor mir habe. Denn du hast ein gutes Poggenpuhlsches Gesicht, und wenn dann was kommt, was nicht stimmt, so kann ich es dir immer gleich ansehen und mir meinen Vers danach machen.“
„Ach, Mama, du denkst immer, ich mache Flausen; aber es ist nicht so schlimm damit. Jch habe nicht ’mal Talent dazu; ich übertreibe bloß ein bißchen.“
„Jst schon recht. Und du warst auch immer mein Liebling, und die andern haben es dir auch gegönnt. Aber du bist so leichtsinnig und denkst immer, ‚es wird sich schon finden‘. Und sieh, das ängstigt mich. Was finden! Wie soll sich denn was finden, wo soll es denn herkommen? Es ist ja doch eigentlich ein Wunder, daß es noch immer so gegangen ist.“
„Ja, Mutter, das ist es ja gerade; da steckt ja gerade die Hoffnung, und ich muß beinahe sagen die
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(2018-07-25T11:03:16Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T11:03:16Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Die Poggenpuhls. Hrsg. von Gabriele Radecke. Berlin 2006 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 16]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst). Anmerkungen zur Transkription:
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