Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902.drei Brüder, zwei in der Voßstraße - hat ein besonderes Ansehen; der, in dessen Hause ich verkehre, ist ein Ehrenmann, beiläufig auch noch ein Humorist, und ich bin sicher, daß er bei der nächsten Anleihe geadelt wird. Jn meinen Augen ist das nichts von Bedeutung, ja, beinahe störend, denn ich hasse alles Halbe, was es doch am Ende bleibt. Aber vor der Welt ..." "Jch will es mir überlegen, Manon. Vorläufig find' ich es entzückend, so gleichsam die Wahl zu haben; wenigstens kann ich mir so was einbilden. Am liebsten freilich blieb' ich noch eine Weile was ich bin; ein Junggeselle steht doch obenan. Nur der ,Witwer' mit seinem Blick in Vergangenheit und Zukunft steht vielleicht noch höher. Aber das kann man nicht gleich so haben. Und nun gehab dich wohl. Mama wird sich schon wundern, was wir noch alles wieder miteinander gehabt haben." Und bei diesen Worten trennten sie sich. Manon aber trat noch an das Bett der Mutter, um zu sehen, ob sie schliefe. "Du hast geweint, Mama." "Ja, Kind. Aber gute Thränen; die thun wohl." drei Brüder, zwei in der Voßstraße – hat ein besonderes Ansehen; der, in dessen Hause ich verkehre, ist ein Ehrenmann, beiläufig auch noch ein Humorist, und ich bin sicher, daß er bei der nächsten Anleihe geadelt wird. Jn meinen Augen ist das nichts von Bedeutung, ja, beinahe störend, denn ich hasse alles Halbe, was es doch am Ende bleibt. Aber vor der Welt …“ „Jch will es mir überlegen, Manon. Vorläufig find’ ich es entzückend, so gleichsam die Wahl zu haben; wenigstens kann ich mir so was einbilden. Am liebsten freilich blieb’ ich noch eine Weile was ich bin; ein Junggeselle steht doch obenan. Nur der ‚Witwer‘ mit seinem Blick in Vergangenheit und Zukunft steht vielleicht noch höher. Aber das kann man nicht gleich so haben. Und nun gehab dich wohl. Mama wird sich schon wundern, was wir noch alles wieder miteinander gehabt haben.“ Und bei diesen Worten trennten sie sich. Manon aber trat noch an das Bett der Mutter, um zu sehen, ob sie schliefe. „Du hast geweint, Mama.“ „Ja, Kind. Aber gute Thränen; die thun wohl.“ <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0099" n="92"/> drei Brüder, zwei in der Voßstraße – hat ein besonderes Ansehen; der, in dessen Hause ich verkehre, ist ein Ehrenmann, beiläufig auch noch ein Humorist, und ich bin sicher, daß er bei der nächsten Anleihe geadelt wird. Jn meinen Augen ist das nichts von Bedeutung, ja, beinahe störend, denn ich hasse alles Halbe, was es doch am Ende bleibt. Aber vor der Welt …“</p><lb/> <p>„Jch will es mir überlegen, Manon. Vorläufig find’ ich es entzückend, so gleichsam die Wahl zu haben; wenigstens kann ich mir so was einbilden. Am liebsten freilich blieb’ ich noch eine Weile was ich bin; ein Junggeselle steht doch obenan. Nur der ‚Witwer‘ mit seinem Blick in Vergangenheit und Zukunft steht vielleicht noch höher. Aber das kann man nicht gleich so haben. Und nun gehab dich wohl. Mama wird sich schon wundern, was wir noch alles wieder miteinander gehabt haben.“</p><lb/> <p>Und bei diesen Worten trennten sie sich.</p><lb/> <p>Manon aber trat noch an das Bett der Mutter, um zu sehen, ob sie schliefe.</p><lb/> <p>„<choice><sic>Da</sic><corr>Du</corr></choice> hast geweint, Mama.“</p><lb/> <p>„Ja, Kind. Aber gute Thränen; die thun wohl.“ </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [92/0099]
drei Brüder, zwei in der Voßstraße – hat ein besonderes Ansehen; der, in dessen Hause ich verkehre, ist ein Ehrenmann, beiläufig auch noch ein Humorist, und ich bin sicher, daß er bei der nächsten Anleihe geadelt wird. Jn meinen Augen ist das nichts von Bedeutung, ja, beinahe störend, denn ich hasse alles Halbe, was es doch am Ende bleibt. Aber vor der Welt …“
„Jch will es mir überlegen, Manon. Vorläufig find’ ich es entzückend, so gleichsam die Wahl zu haben; wenigstens kann ich mir so was einbilden. Am liebsten freilich blieb’ ich noch eine Weile was ich bin; ein Junggeselle steht doch obenan. Nur der ‚Witwer‘ mit seinem Blick in Vergangenheit und Zukunft steht vielleicht noch höher. Aber das kann man nicht gleich so haben. Und nun gehab dich wohl. Mama wird sich schon wundern, was wir noch alles wieder miteinander gehabt haben.“
Und bei diesen Worten trennten sie sich.
Manon aber trat noch an das Bett der Mutter, um zu sehen, ob sie schliefe.
„Du hast geweint, Mama.“
„Ja, Kind. Aber gute Thränen; die thun wohl.“
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(2018-07-25T11:03:16Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T11:03:16Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Die Poggenpuhls. Hrsg. von Gabriele Radecke. Berlin 2006 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 16]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst). Anmerkungen zur Transkription:
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