Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.

Bild:
<< vorherige Seite

Mahlzeit ein Reißen in der ganzen rechten Seite fühlte, schwieg aber und führte Maud auf die Veranda, wo jetzt der Kaffee genommen wurde.

Dies war ein reizender, von wildem Wein überwachsener Platz, nach vorn hin offen, mit einem freien Blick auf einen quadratischen und von einer Böschung eingefaßten Teich. Auf dem Wasser schwammen Schwäne, und eine Strick-Fähre führte nach der von Baumgruppen umstellten Parkwiese hinüber, die sich jenseits des Teiches dehnte. Weit zurück aber, und über einen abschließenden Waldstrich hinweg, ragte der Brocken auf, mit seinem in der klaren Luft deutlich erkennbaren Brockenhause. Nähe und Ferne gleich schön. Um den Tisch her standen Garten- und Schaukelstühle, und Alice, die die Häusliche war, goß den Kaffee in die kleinen Meißner Tassen. Ein Diener reichte herum, während ein zweiter, ein Tablett in der Hand, je nach Wahl einen Cognac oder Allasch oder ein Basler Kirschwasser in die kleinen Krystallgläschen schenkte. "Ah, das ist gut," sagte Onkel Dodo. "Ich hasse, was sich ,Likör' nennt, und wenn er auf ,sette' endigt, so hass' ich ihn doppelt. Es hat etwas Französisches, etwas Süßliches, ein Anisette, ein Noisette, ein Rosette. Aber wo die gebrannten Wasser anfangen, fang' ich auch an. Wasser ist

Mahlzeit ein Reißen in der ganzen rechten Seite fühlte, schwieg aber und führte Maud auf die Veranda, wo jetzt der Kaffee genommen wurde.

Dies war ein reizender, von wildem Wein überwachsener Platz, nach vorn hin offen, mit einem freien Blick auf einen quadratischen und von einer Böschung eingefaßten Teich. Auf dem Wasser schwammen Schwäne, und eine Strick-Fähre führte nach der von Baumgruppen umstellten Parkwiese hinüber, die sich jenseits des Teiches dehnte. Weit zurück aber, und über einen abschließenden Waldstrich hinweg, ragte der Brocken auf, mit seinem in der klaren Luft deutlich erkennbaren Brockenhause. Nähe und Ferne gleich schön. Um den Tisch her standen Garten- und Schaukelstühle, und Alice, die die Häusliche war, goß den Kaffee in die kleinen Meißner Tassen. Ein Diener reichte herum, während ein zweiter, ein Tablett in der Hand, je nach Wahl einen Cognac oder Allasch oder ein Basler Kirschwasser in die kleinen Krystallgläschen schenkte. „Ah, das ist gut,“ sagte Onkel Dodo. „Ich hasse, was sich ‚Likör‘ nennt, und wenn er auf ‚sette‘ endigt, so hass’ ich ihn doppelt. Es hat etwas Französisches, etwas Süßliches, ein Anisette, ein Noisette, ein Rosette. Aber wo die gebrannten Wasser anfangen, fang’ ich auch an. Wasser ist

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0103" n="101"/>
Mahlzeit                     ein Reißen in der ganzen rechten Seite fühlte, schwieg aber und führte Maud auf                     die Veranda, wo jetzt der Kaffee genommen wurde.</p><lb/>
        <p>Dies war ein reizender, von wildem Wein überwachsener Platz, nach vorn hin offen,                     mit einem freien Blick auf einen quadratischen und von einer Böschung                     eingefaßten Teich. Auf dem Wasser schwammen Schwäne, und eine Strick-Fähre                     führte nach der von Baumgruppen umstellten Parkwiese hinüber, die sich jenseits                     des Teiches dehnte. Weit zurück aber, und über einen abschließenden Waldstrich                     hinweg, ragte der Brocken auf, mit seinem in der klaren Luft deutlich                     erkennbaren Brockenhause. Nähe und Ferne gleich schön. Um den Tisch her standen                     Garten- und Schaukelstühle, und Alice, die die Häusliche war, goß den Kaffee in                     die kleinen Meißner Tassen. Ein Diener reichte herum, während ein zweiter, ein                     Tablett in der Hand, je nach Wahl einen Cognac oder Allasch oder ein Basler                     Kirschwasser in die kleinen Krystallgläschen schenkte. &#x201E;Ah, das ist gut,&#x201C; sagte                     Onkel Dodo. &#x201E;Ich hasse, was sich &#x201A;Likör&#x2018; nennt, und wenn er auf &#x201A;sette&#x2018; endigt,                     so hass&#x2019; ich ihn doppelt. Es hat etwas Französisches, etwas Süßliches, ein                     Anisette, ein Noisette, ein Rosette. Aber wo die gebrannten Wasser anfangen,                     fang&#x2019; ich auch an. Wasser ist
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[101/0103] Mahlzeit ein Reißen in der ganzen rechten Seite fühlte, schwieg aber und führte Maud auf die Veranda, wo jetzt der Kaffee genommen wurde. Dies war ein reizender, von wildem Wein überwachsener Platz, nach vorn hin offen, mit einem freien Blick auf einen quadratischen und von einer Böschung eingefaßten Teich. Auf dem Wasser schwammen Schwäne, und eine Strick-Fähre führte nach der von Baumgruppen umstellten Parkwiese hinüber, die sich jenseits des Teiches dehnte. Weit zurück aber, und über einen abschließenden Waldstrich hinweg, ragte der Brocken auf, mit seinem in der klaren Luft deutlich erkennbaren Brockenhause. Nähe und Ferne gleich schön. Um den Tisch her standen Garten- und Schaukelstühle, und Alice, die die Häusliche war, goß den Kaffee in die kleinen Meißner Tassen. Ein Diener reichte herum, während ein zweiter, ein Tablett in der Hand, je nach Wahl einen Cognac oder Allasch oder ein Basler Kirschwasser in die kleinen Krystallgläschen schenkte. „Ah, das ist gut,“ sagte Onkel Dodo. „Ich hasse, was sich ‚Likör‘ nennt, und wenn er auf ‚sette‘ endigt, so hass’ ich ihn doppelt. Es hat etwas Französisches, etwas Süßliches, ein Anisette, ein Noisette, ein Rosette. Aber wo die gebrannten Wasser anfangen, fang’ ich auch an. Wasser ist

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2014-01-22T15:28:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-01-22T15:28:28Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2014-01-22T15:28:28Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Von vor und nach der Reise. Plaudereien und kleine Geschichten. Hrsg. von Walter Hettche und Gabriele Radecke. Berlin 2007 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 19]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet;
  • Druckfehler: stillschweigend korrigiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert;
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet;
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet;
  • langes s (ſ): als s transkribiert;
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;
  • Silbentrennung: aufgelöst;
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;
  • Zeilenumbrüche markiert: nein.

Auslassungszeichen im Text werden einheitlich als U+2026 <…> (HORIZONTAL ELLIPSIS) wiedergegeben.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/103
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/103>, abgerufen am 22.11.2024.