Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.Maulwurfshügels stand, tritt jetzt die Rechnungsforderung wie ein Finsteraarhorn an sie heran. Und in diesem Vergleich ist der ganze, auf die Dauer unertragbare Zustand gekennzeichnet! Was in allem waltet, ist ein kolossales Mißverhältnis; weder der Ton, der herrscht, noch der Wert dessen, was geboten wird, entspricht dem Preise, der gezahlt werden soll. Ueber den einzelnen Fall wär' es unschwer hinwegzukommen, aber die Fülle der Einzelfälle erzeugt schließlich einen Groll, der fast mehr noch in der Unbill, der man sich ausgesetzt fühlt, als in den direkten Einbußen seine Wurzel hat. Ein Gefühl von Ungehörigkeit, und zwar nicht bloß in Geldsachen, begleitet den Reisenden von Stunde zu Stunde und bringt ihn recht eigentlich um den Zweck seiner und jeder Reise, um die Glättung und Ruhigmachung seines Gemüts. Er will den Vibrierungen entfliehen und zittert häufiger als daheim. Aerger hängt sich an Aerger, und der nach nervenstillendem Ozon verlangende Körper findet jene vorbeschriebene "frische Nachtluft", die ihn bis an den Rand des Typhus bringt. Die Prätensionen und die Preise richten sich wo möglich nach dem Clarendon-Hotel in London, während doch der alte Herbergs-Charakter immer noch umgeht und sich wie Banquo, die Gäste schreckend, mit zu Tische setzt. Maulwurfshügels stand, tritt jetzt die Rechnungsforderung wie ein Finsteraarhorn an sie heran. Und in diesem Vergleich ist der ganze, auf die Dauer unertragbare Zustand gekennzeichnet! Was in allem waltet, ist ein kolossales Mißverhältnis; weder der Ton, der herrscht, noch der Wert dessen, was geboten wird, entspricht dem Preise, der gezahlt werden soll. Ueber den einzelnen Fall wär’ es unschwer hinwegzukommen, aber die Fülle der Einzelfälle erzeugt schließlich einen Groll, der fast mehr noch in der Unbill, der man sich ausgesetzt fühlt, als in den direkten Einbußen seine Wurzel hat. Ein Gefühl von Ungehörigkeit, und zwar nicht bloß in Geldsachen, begleitet den Reisenden von Stunde zu Stunde und bringt ihn recht eigentlich um den Zweck seiner und jeder Reise, um die Glättung und Ruhigmachung seines Gemüts. Er will den Vibrierungen entfliehen und zittert häufiger als daheim. Aerger hängt sich an Aerger, und der nach nervenstillendem Ozon verlangende Körper findet jene vorbeschriebene „frische Nachtluft“, die ihn bis an den Rand des Typhus bringt. Die Prätensionen und die Preise richten sich wo möglich nach dem Clarendon-Hotel in London, während doch der alte Herbergs-Charakter immer noch umgeht und sich wie Banquo, die Gäste schreckend, mit zu Tische setzt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0017" n="15"/> Maulwurfshügels stand, tritt jetzt die Rechnungsforderung wie ein Finsteraarhorn an sie heran. Und in diesem Vergleich ist der ganze, auf die Dauer unertragbare Zustand gekennzeichnet! Was in allem waltet, ist ein kolossales <hi rendition="#g">Mißverhältnis</hi>; weder der Ton, der herrscht, noch der Wert dessen, was geboten wird, entspricht dem Preise, der gezahlt werden soll. Ueber den einzelnen Fall wär’ es unschwer hinwegzukommen, aber die Fülle der Einzelfälle erzeugt schließlich einen Groll, der fast mehr noch in der Unbill, der man sich ausgesetzt fühlt, als in den direkten Einbußen seine Wurzel hat. Ein Gefühl von Ungehörigkeit, und zwar nicht bloß in Geldsachen, begleitet den Reisenden von Stunde zu Stunde und bringt ihn recht eigentlich um den Zweck seiner und jeder Reise, um die Glättung und Ruhigmachung seines Gemüts. Er will den Vibrierungen entfliehen und zittert häufiger als daheim. Aerger hängt sich an Aerger, und der nach nervenstillendem Ozon verlangende Körper findet jene vorbeschriebene „frische Nachtluft“, die ihn bis an den Rand des Typhus bringt. Die Prätensionen und die Preise richten sich wo möglich nach dem Clarendon-Hotel in London, während doch der alte Herbergs-Charakter immer noch umgeht und sich wie Banquo, die Gäste schreckend, mit zu Tische setzt.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [15/0017]
Maulwurfshügels stand, tritt jetzt die Rechnungsforderung wie ein Finsteraarhorn an sie heran. Und in diesem Vergleich ist der ganze, auf die Dauer unertragbare Zustand gekennzeichnet! Was in allem waltet, ist ein kolossales Mißverhältnis; weder der Ton, der herrscht, noch der Wert dessen, was geboten wird, entspricht dem Preise, der gezahlt werden soll. Ueber den einzelnen Fall wär’ es unschwer hinwegzukommen, aber die Fülle der Einzelfälle erzeugt schließlich einen Groll, der fast mehr noch in der Unbill, der man sich ausgesetzt fühlt, als in den direkten Einbußen seine Wurzel hat. Ein Gefühl von Ungehörigkeit, und zwar nicht bloß in Geldsachen, begleitet den Reisenden von Stunde zu Stunde und bringt ihn recht eigentlich um den Zweck seiner und jeder Reise, um die Glättung und Ruhigmachung seines Gemüts. Er will den Vibrierungen entfliehen und zittert häufiger als daheim. Aerger hängt sich an Aerger, und der nach nervenstillendem Ozon verlangende Körper findet jene vorbeschriebene „frische Nachtluft“, die ihn bis an den Rand des Typhus bringt. Die Prätensionen und die Preise richten sich wo möglich nach dem Clarendon-Hotel in London, während doch der alte Herbergs-Charakter immer noch umgeht und sich wie Banquo, die Gäste schreckend, mit zu Tische setzt.
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(2014-01-22T15:28:28Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-01-22T15:28:28Z)
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Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von vor und nach der Reise. Plaudereien und kleine Geschichten. Hrsg. von Walter Hettche und Gabriele Radecke. Berlin 2007 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 19]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Anmerkungen zur Transkription:
Auslassungszeichen im Text werden einheitlich als U+2026 <…> (HORIZONTAL ELLIPSIS) wiedergegeben.
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