Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.

Bild:
<< vorherige Seite

den wissenschaftlichen Ertrag seiner diesmaligen Wanderung in Gestalt eines umfangreichen Herbariums untergebracht hatte.

Sechs Uhr sechs Minuten hielt der Zug in Bahnhof Friedrichstraße. Lezius liebte nicht empfangen zu werden, und so war denn auch niemand da, was ihn sichtlich erfreute. Eine graue Filzmütze auf dem stark angegrauten Kopf, einen Spatenstock in der Hand und die Botanisirtrommel en bandouliere, so stieg er die Bahnhofstreppe hinunter und empfing unten von dem Schutzmann, an den er herantrat, die Blechmarke 1727. Diese, samt Gepäckschein gab er ab, und eine Minute später rief auch schon der von ihm ins Vertrauen gezogene Kofferträger in die Droschkenwagenburg hinein "17 ... 27 ..." "Hier!" antwortete eine Hintergrundsstimme, deren Hintergrundscharakter sich durch natürliche Berliner Heiserkeit gesteigert sah. Und nun flog die Kiste auf die Droschke hinauf, Lezius kletterte nach, und fort ging es, erst in die Friedrich- und gleich danach mit scharfer Biegung in die Dorotheenstraße hinein.

Der alte Professor sah hier, so gut es ging, durch das erst nach langem Bemühen in seine Versenkung niedergleitende Fenster auf die Straße hinaus. Hm, das also war Berlin. Versteht sich,

den wissenschaftlichen Ertrag seiner diesmaligen Wanderung in Gestalt eines umfangreichen Herbariums untergebracht hatte.

Sechs Uhr sechs Minuten hielt der Zug in Bahnhof Friedrichstraße. Lezius liebte nicht empfangen zu werden, und so war denn auch niemand da, was ihn sichtlich erfreute. Eine graue Filzmütze auf dem stark angegrauten Kopf, einen Spatenstock in der Hand und die Botanisirtrommel en bandoulière, so stieg er die Bahnhofstreppe hinunter und empfing unten von dem Schutzmann, an den er herantrat, die Blechmarke 1727. Diese, samt Gepäckschein gab er ab, und eine Minute später rief auch schon der von ihm ins Vertrauen gezogene Kofferträger in die Droschkenwagenburg hinein „17 … 27 …“ „Hier!“ antwortete eine Hintergrundsstimme, deren Hintergrundscharakter sich durch natürliche Berliner Heiserkeit gesteigert sah. Und nun flog die Kiste auf die Droschke hinauf, Lezius kletterte nach, und fort ging es, erst in die Friedrich- und gleich danach mit scharfer Biegung in die Dorotheenstraße hinein.

Der alte Professor sah hier, so gut es ging, durch das erst nach langem Bemühen in seine Versenkung niedergleitende Fenster auf die Straße hinaus. Hm, das also war Berlin. Versteht sich,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0230" n="228"/>
den                     wissenschaftlichen Ertrag seiner diesmaligen Wanderung in Gestalt eines                     umfangreichen Herbariums untergebracht hatte.</p><lb/>
        <p>Sechs Uhr sechs Minuten hielt der Zug in Bahnhof Friedrichstraße. Lezius liebte                     nicht empfangen zu werden, und so war denn auch niemand da, was ihn sichtlich                     erfreute. Eine graue Filzmütze auf dem stark angegrauten Kopf, einen Spatenstock                     in der Hand und die Botanisirtrommel en bandoulière, so stieg er die                     Bahnhofstreppe hinunter und empfing unten von dem Schutzmann, an den er                     herantrat, die Blechmarke 1727. Diese, samt Gepäckschein gab er ab, und eine                     Minute später rief auch schon der von ihm ins Vertrauen gezogene Kofferträger in                     die Droschkenwagenburg hinein &#x201E;17 &#x2026; 27 &#x2026;&#x201C; &#x201E;Hier!&#x201C; antwortete eine                     Hintergrundsstimme, deren Hintergrundscharakter sich durch natürliche Berliner                     Heiserkeit gesteigert sah. Und nun flog die Kiste auf die Droschke hinauf,                     Lezius kletterte nach, und fort ging es, erst in die Friedrich- und gleich                     danach mit scharfer Biegung in die Dorotheenstraße hinein.</p><lb/>
        <p>Der alte Professor sah hier, so gut es ging, durch das erst nach langem Bemühen                     in seine Versenkung niedergleitende Fenster auf die Straße hinaus. Hm, das also                     war Berlin. Versteht sich,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[228/0230] den wissenschaftlichen Ertrag seiner diesmaligen Wanderung in Gestalt eines umfangreichen Herbariums untergebracht hatte. Sechs Uhr sechs Minuten hielt der Zug in Bahnhof Friedrichstraße. Lezius liebte nicht empfangen zu werden, und so war denn auch niemand da, was ihn sichtlich erfreute. Eine graue Filzmütze auf dem stark angegrauten Kopf, einen Spatenstock in der Hand und die Botanisirtrommel en bandoulière, so stieg er die Bahnhofstreppe hinunter und empfing unten von dem Schutzmann, an den er herantrat, die Blechmarke 1727. Diese, samt Gepäckschein gab er ab, und eine Minute später rief auch schon der von ihm ins Vertrauen gezogene Kofferträger in die Droschkenwagenburg hinein „17 … 27 …“ „Hier!“ antwortete eine Hintergrundsstimme, deren Hintergrundscharakter sich durch natürliche Berliner Heiserkeit gesteigert sah. Und nun flog die Kiste auf die Droschke hinauf, Lezius kletterte nach, und fort ging es, erst in die Friedrich- und gleich danach mit scharfer Biegung in die Dorotheenstraße hinein. Der alte Professor sah hier, so gut es ging, durch das erst nach langem Bemühen in seine Versenkung niedergleitende Fenster auf die Straße hinaus. Hm, das also war Berlin. Versteht sich,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2014-01-22T15:28:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-01-22T15:28:28Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2014-01-22T15:28:28Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Von vor und nach der Reise. Plaudereien und kleine Geschichten. Hrsg. von Walter Hettche und Gabriele Radecke. Berlin 2007 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 19]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet;
  • Druckfehler: stillschweigend korrigiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert;
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet;
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet;
  • langes s (ſ): als s transkribiert;
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;
  • Silbentrennung: aufgelöst;
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;
  • Zeilenumbrüche markiert: nein.

Auslassungszeichen im Text werden einheitlich als U+2026 <…> (HORIZONTAL ELLIPSIS) wiedergegeben.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/230
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/230>, abgerufen am 04.12.2024.