Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.führen. Sie werden, eh die Biederherzigkeit der alten Teerjacke, die erfahrungsmäßig höchstens drei Sommer aushält, in Gewinnsucht untergeht, für ein Billiges leben und die unvermeidlichen Ausgaben der eigentlichen Reise, der Locomotion als solcher, durch andauernden Blaubeeren- und Flundergenuß wieder balancieren können; die Kinder werden primitive Hafenanlagen im Sande machen, und die erwachsenen Töchter Muscheln und Bernstein suchen; unsagbar alte Garderobenstücke werden aufgetragen, Reminiscenzen an Cooper und Marryat neu belebt, vor allem auch Abmachungen auf Lieferung von Spickaal und Sprotten getroffen werden. Im ganzen wird man dankbar und wohlbefriedigt in die Heimat zurückkehren, gefestigt in allem Guten und gewachsen in der Kraft, die uns jede intimere Berührung mit der Natur zu geben pflegt. Nur vereinzelt unangenehme Eindrücke und Erfahrungen werden den Frieden einer solchen Sommerfrische gestört haben und der endliche Reiseüberschlag wird ergeben, daß man sich diese Erholung ohne nachträgliche Gewissensbisse wohl gönnen durfte. "Die Extrafahrt nach Putbus war zwar teuer, aber bedenken wir auch, es ist eine Erinnerung fürs Leben." So oder ähnlich wird es vieler Orten heißen und führen. Sie werden, eh die Biederherzigkeit der alten Teerjacke, die erfahrungsmäßig höchstens drei Sommer aushält, in Gewinnsucht untergeht, für ein Billiges leben und die unvermeidlichen Ausgaben der eigentlichen Reise, der Locomotion als solcher, durch andauernden Blaubeeren- und Flundergenuß wieder balancieren können; die Kinder werden primitive Hafenanlagen im Sande machen, und die erwachsenen Töchter Muscheln und Bernstein suchen; unsagbar alte Garderobenstücke werden aufgetragen, Reminiscenzen an Cooper und Marryat neu belebt, vor allem auch Abmachungen auf Lieferung von Spickaal und Sprotten getroffen werden. Im ganzen wird man dankbar und wohlbefriedigt in die Heimat zurückkehren, gefestigt in allem Guten und gewachsen in der Kraft, die uns jede intimere Berührung mit der Natur zu geben pflegt. Nur vereinzelt unangenehme Eindrücke und Erfahrungen werden den Frieden einer solchen Sommerfrische gestört haben und der endliche Reiseüberschlag wird ergeben, daß man sich diese Erholung ohne nachträgliche Gewissensbisse wohl gönnen durfte. „Die Extrafahrt nach Putbus war zwar teuer, aber bedenken wir auch, es ist eine Erinnerung fürs Leben.“ So oder ähnlich wird es vieler Orten heißen und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0008" n="6"/> führen. Sie werden, eh die Biederherzigkeit der alten Teerjacke, die erfahrungsmäßig höchstens drei Sommer aushält, in Gewinnsucht untergeht, für ein Billiges leben und die unvermeidlichen Ausgaben der eigentlichen Reise, der Locomotion als solcher, durch andauernden Blaubeeren- und Flundergenuß wieder balancieren können; die Kinder werden primitive Hafenanlagen im Sande machen, und die erwachsenen Töchter Muscheln und Bernstein suchen; unsagbar alte Garderobenstücke werden aufgetragen, Reminiscenzen an Cooper und Marryat neu belebt, vor allem auch Abmachungen auf Lieferung von Spickaal und Sprotten getroffen werden. Im ganzen wird man dankbar und wohlbefriedigt in die Heimat zurückkehren, gefestigt in allem Guten und gewachsen in der Kraft, die uns jede <choice><sic>iutimere</sic><corr>intimere</corr></choice> Berührung mit der Natur zu geben pflegt. Nur vereinzelt <choice><sic>unaugenehme</sic><corr>unangenehme</corr></choice> Eindrücke und Erfahrungen werden den Frieden einer solchen Sommerfrische gestört haben und der endliche Reiseüberschlag wird ergeben, daß man sich diese Erholung ohne nachträgliche Gewissensbisse wohl gönnen durfte. „Die Extrafahrt nach Putbus war zwar teuer, aber bedenken wir auch, es ist eine Erinnerung fürs Leben.“</p><lb/> <p>So oder ähnlich wird es vieler Orten heißen und </p> </div> </body> </text> </TEI> [6/0008]
führen. Sie werden, eh die Biederherzigkeit der alten Teerjacke, die erfahrungsmäßig höchstens drei Sommer aushält, in Gewinnsucht untergeht, für ein Billiges leben und die unvermeidlichen Ausgaben der eigentlichen Reise, der Locomotion als solcher, durch andauernden Blaubeeren- und Flundergenuß wieder balancieren können; die Kinder werden primitive Hafenanlagen im Sande machen, und die erwachsenen Töchter Muscheln und Bernstein suchen; unsagbar alte Garderobenstücke werden aufgetragen, Reminiscenzen an Cooper und Marryat neu belebt, vor allem auch Abmachungen auf Lieferung von Spickaal und Sprotten getroffen werden. Im ganzen wird man dankbar und wohlbefriedigt in die Heimat zurückkehren, gefestigt in allem Guten und gewachsen in der Kraft, die uns jede intimere Berührung mit der Natur zu geben pflegt. Nur vereinzelt unangenehme Eindrücke und Erfahrungen werden den Frieden einer solchen Sommerfrische gestört haben und der endliche Reiseüberschlag wird ergeben, daß man sich diese Erholung ohne nachträgliche Gewissensbisse wohl gönnen durfte. „Die Extrafahrt nach Putbus war zwar teuer, aber bedenken wir auch, es ist eine Erinnerung fürs Leben.“
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(2014-01-22T15:28:28Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-01-22T15:28:28Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2014-01-22T15:28:28Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von vor und nach der Reise. Plaudereien und kleine Geschichten. Hrsg. von Walter Hettche und Gabriele Radecke. Berlin 2007 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 19]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Anmerkungen zur Transkription:
Auslassungszeichen im Text werden einheitlich als U+2026 <…> (HORIZONTAL ELLIPSIS) wiedergegeben.
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