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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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unserm Stechliner Erdenwinkel bestellt ist. Wir haben da,
von einem Pastor abgesehen, der beinah' Sozialdemokrat
ist, und des weiteren von einem Oberförster abgesehen,
der eine Prinzessin, eine Ippe-Büchsenstein, geheiratet
hat ..."

"Aber das ist ja alles großartig ..."

"Wir haben da, von diesen zwei Sehenswürdigkeiten
abgesehen, eigentlich nur noch den ,Stechlin'. Der ginge
vielleicht, über den ließe sich vielleicht etwas sagen."

"Den Stechlin? Was ist das? Ich bin so glück¬
lich, zu wissen" (und sie machte verbindlich eine Hand¬
bewegung auf Woldemar zu) "ich bin so glücklich, zu wissen,
daß es Stechline giebt. Aber der Stechlin! Was ist der
Stechlin?"

"Das ist ein See."

"Ein See. Das besagt nicht viel. Seen, wenn es
nicht grade der Vierwaldstätter ist, werden immer erst inter¬
essant durch ihre Fische, durch Sterlet oder Felchen.
Ich will nicht weiter aufzählen. Aber was hat der Stechlin?
Ich vermute, Steckerlinge."

"Nein, Gräfin, die hat er nun gerade nicht. Er hat
genau das, was Sie geneigt sind am wenigsten zu ver¬
muten. Er hat Weltbeziehungen, vornehme, geheimnis¬
volle Beziehungen, und nur alles Gewöhnliche, wie bei¬
spielsweise Steckerlinge, hat er nicht. Steckerlinge fehlen
ihm."

"Aber, Stechlin, Sie werden doch nicht den Empfind¬
lichen spielen. Rittmeister in der Garde!"

"Nein, Gräfin. Und außerdem, den wollt' ich sehen,
der das Ihnen gegenüber zuwege brächte."

"Nun dann also, was ist es? Worin bestehen seine
vornehmen Beziehungen?"

"Er steht mit den höchsten und allerhöchsten Herr¬
schaften, deren genealogischer Kalender noch über den
Gothaischen hinauswächst, auf du und du. Und wenn es

unſerm Stechliner Erdenwinkel beſtellt iſt. Wir haben da,
von einem Paſtor abgeſehen, der beinah' Sozialdemokrat
iſt, und des weiteren von einem Oberförſter abgeſehen,
der eine Prinzeſſin, eine Ippe-Büchſenſtein, geheiratet
hat ...“

„Aber das iſt ja alles großartig ...“

„Wir haben da, von dieſen zwei Sehenswürdigkeiten
abgeſehen, eigentlich nur noch den ‚Stechlin‘. Der ginge
vielleicht, über den ließe ſich vielleicht etwas ſagen.“

„Den Stechlin? Was iſt das? Ich bin ſo glück¬
lich, zu wiſſen“ (und ſie machte verbindlich eine Hand¬
bewegung auf Woldemar zu) „ich bin ſo glücklich, zu wiſſen,
daß es Stechline giebt. Aber der Stechlin! Was iſt der
Stechlin?“

„Das iſt ein See.“

„Ein See. Das beſagt nicht viel. Seen, wenn es
nicht grade der Vierwaldſtätter iſt, werden immer erſt inter¬
eſſant durch ihre Fiſche, durch Sterlet oder Felchen.
Ich will nicht weiter aufzählen. Aber was hat der Stechlin?
Ich vermute, Steckerlinge.“

„Nein, Gräfin, die hat er nun gerade nicht. Er hat
genau das, was Sie geneigt ſind am wenigſten zu ver¬
muten. Er hat Weltbeziehungen, vornehme, geheimnis¬
volle Beziehungen, und nur alles Gewöhnliche, wie bei¬
ſpielsweiſe Steckerlinge, hat er nicht. Steckerlinge fehlen
ihm.“

„Aber, Stechlin, Sie werden doch nicht den Empfind¬
lichen ſpielen. Rittmeiſter in der Garde!“

„Nein, Gräfin. Und außerdem, den wollt' ich ſehen,
der das Ihnen gegenüber zuwege brächte.“

„Nun dann alſo, was iſt es? Worin beſtehen ſeine
vornehmen Beziehungen?“

„Er ſteht mit den höchſten und allerhöchſten Herr¬
ſchaften, deren genealogiſcher Kalender noch über den
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[172/0179] unſerm Stechliner Erdenwinkel beſtellt iſt. Wir haben da, von einem Paſtor abgeſehen, der beinah' Sozialdemokrat iſt, und des weiteren von einem Oberförſter abgeſehen, der eine Prinzeſſin, eine Ippe-Büchſenſtein, geheiratet hat ...“ „Aber das iſt ja alles großartig ...“ „Wir haben da, von dieſen zwei Sehenswürdigkeiten abgeſehen, eigentlich nur noch den ‚Stechlin‘. Der ginge vielleicht, über den ließe ſich vielleicht etwas ſagen.“ „Den Stechlin? Was iſt das? Ich bin ſo glück¬ lich, zu wiſſen“ (und ſie machte verbindlich eine Hand¬ bewegung auf Woldemar zu) „ich bin ſo glücklich, zu wiſſen, daß es Stechline giebt. Aber der Stechlin! Was iſt der Stechlin?“ „Das iſt ein See.“ „Ein See. Das beſagt nicht viel. Seen, wenn es nicht grade der Vierwaldſtätter iſt, werden immer erſt inter¬ eſſant durch ihre Fiſche, durch Sterlet oder Felchen. Ich will nicht weiter aufzählen. Aber was hat der Stechlin? Ich vermute, Steckerlinge.“ „Nein, Gräfin, die hat er nun gerade nicht. Er hat genau das, was Sie geneigt ſind am wenigſten zu ver¬ muten. Er hat Weltbeziehungen, vornehme, geheimnis¬ volle Beziehungen, und nur alles Gewöhnliche, wie bei¬ ſpielsweiſe Steckerlinge, hat er nicht. Steckerlinge fehlen ihm.“ „Aber, Stechlin, Sie werden doch nicht den Empfind¬ lichen ſpielen. Rittmeiſter in der Garde!“ „Nein, Gräfin. Und außerdem, den wollt' ich ſehen, der das Ihnen gegenüber zuwege brächte.“ „Nun dann alſo, was iſt es? Worin beſtehen ſeine vornehmen Beziehungen?“ „Er ſteht mit den höchſten und allerhöchſten Herr¬ ſchaften, deren genealogiſcher Kalender noch über den Gothaiſchen hinauswächſt, auf du und du. Und wenn es

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/179>, abgerufen am 21.11.2024.