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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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rechten Seite hin der große Saal lag, in dem heute
Dubslaw, wenn nicht für die Welt, so doch für Rheins¬
berg-Wutz, und wenn nicht für Rheinsberg-Wutz, so doch
für Stechlin und Umgegend proklamiert werden sollte.
Dieser große Saal war ein fünffenstriger Längsraum,
der schon manchen Schottischen erlebt, was er in seiner
Erscheinung auch heute nicht zu verleugnen trachtete.
Denn nicht nur waren ihm alle seine blanken Wandleuchter
verblieben, auch die mächtige Baßgeige, die jedesmal weg¬
zuschaffen viel zu mühsam gewesen wäre, guckte, schräg
gestellt, mit ihrem langen Halse von der Musikempore her
über die Brüstung fort.

Unter dieser Empore, quer durch den Saal hin, stand
ein für das Komitee bestimmter länglicher Tisch mit Tisch¬
decke, während auf den links und rechts sich hinziehenden
Bänken einige zwanzig Vertrauensmänner saßen, denen
es hinterher oblag, im Sinne der Komiteebeschlüsse weiter
zu wirken. Die Vertrauensmänner waren meist wohl¬
habende Stechliner Bauern, untermischt mit offiziellen und
halboffiziellen Leuten aus der Nachbarschaft: Förster und
Waldhüter und Vormänner von den verschiedenen Glas-
und Teeröfen. Zu diesen gesellte sich noch ein Torf¬
inspektor, ein Vermessungsbeamter, ein Steueroffiziant und
schließlich ein gescheiterter Kaufmann, der jetzt Agent war
und die Post besorgte. Natürlich war auch Landbrief¬
träger Brose da samt der gesamten Sicherheitsbehörde:
Fußgendarm Uncke und Wachtmeister Pyterke von der
reitenden Gensdarmerie. Pyterke gehörte nur halb mit
zum Revier (es war das immer ein streitiger Punkt), er¬
schien aber trotzdem mit Vorliebe bei Versammlungen
derart. Es gab nämlich für ihn nichts Vergnüglicheres,
als seinen Kameraden und Amtsgenossen Uncke bei solcher
Gelegenheit zu beobachten und sich dabei seiner unge¬
heuren, übrigens durchaus berechtigten Überlegenheit als
schöner Mann und ehemaliger Gardekürassier bewußt zu

rechten Seite hin der große Saal lag, in dem heute
Dubslaw, wenn nicht für die Welt, ſo doch für Rheins¬
berg-Wutz, und wenn nicht für Rheinsberg-Wutz, ſo doch
für Stechlin und Umgegend proklamiert werden ſollte.
Dieſer große Saal war ein fünffenſtriger Längsraum,
der ſchon manchen Schottiſchen erlebt, was er in ſeiner
Erſcheinung auch heute nicht zu verleugnen trachtete.
Denn nicht nur waren ihm alle ſeine blanken Wandleuchter
verblieben, auch die mächtige Baßgeige, die jedesmal weg¬
zuſchaffen viel zu mühſam geweſen wäre, guckte, ſchräg
geſtellt, mit ihrem langen Halſe von der Muſikempore her
über die Brüſtung fort.

Unter dieſer Empore, quer durch den Saal hin, ſtand
ein für das Komitee beſtimmter länglicher Tiſch mit Tiſch¬
decke, während auf den links und rechts ſich hinziehenden
Bänken einige zwanzig Vertrauensmänner ſaßen, denen
es hinterher oblag, im Sinne der Komiteebeſchlüſſe weiter
zu wirken. Die Vertrauensmänner waren meiſt wohl¬
habende Stechliner Bauern, untermiſcht mit offiziellen und
halboffiziellen Leuten aus der Nachbarſchaft: Förſter und
Waldhüter und Vormänner von den verſchiedenen Glas-
und Teeröfen. Zu dieſen geſellte ſich noch ein Torf¬
inſpektor, ein Vermeſſungsbeamter, ein Steueroffiziant und
ſchließlich ein geſcheiterter Kaufmann, der jetzt Agent war
und die Poſt beſorgte. Natürlich war auch Landbrief¬
träger Broſe da ſamt der geſamten Sicherheitsbehörde:
Fußgendarm Uncke und Wachtmeiſter Pyterke von der
reitenden Gensdarmerie. Pyterke gehörte nur halb mit
zum Revier (es war das immer ein ſtreitiger Punkt), er¬
ſchien aber trotzdem mit Vorliebe bei Verſammlungen
derart. Es gab nämlich für ihn nichts Vergnüglicheres,
als ſeinen Kameraden und Amtsgenoſſen Uncke bei ſolcher
Gelegenheit zu beobachten und ſich dabei ſeiner unge¬
heuren, übrigens durchaus berechtigten Überlegenheit als
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[213/0220] rechten Seite hin der große Saal lag, in dem heute Dubslaw, wenn nicht für die Welt, ſo doch für Rheins¬ berg-Wutz, und wenn nicht für Rheinsberg-Wutz, ſo doch für Stechlin und Umgegend proklamiert werden ſollte. Dieſer große Saal war ein fünffenſtriger Längsraum, der ſchon manchen Schottiſchen erlebt, was er in ſeiner Erſcheinung auch heute nicht zu verleugnen trachtete. Denn nicht nur waren ihm alle ſeine blanken Wandleuchter verblieben, auch die mächtige Baßgeige, die jedesmal weg¬ zuſchaffen viel zu mühſam geweſen wäre, guckte, ſchräg geſtellt, mit ihrem langen Halſe von der Muſikempore her über die Brüſtung fort. Unter dieſer Empore, quer durch den Saal hin, ſtand ein für das Komitee beſtimmter länglicher Tiſch mit Tiſch¬ decke, während auf den links und rechts ſich hinziehenden Bänken einige zwanzig Vertrauensmänner ſaßen, denen es hinterher oblag, im Sinne der Komiteebeſchlüſſe weiter zu wirken. Die Vertrauensmänner waren meiſt wohl¬ habende Stechliner Bauern, untermiſcht mit offiziellen und halboffiziellen Leuten aus der Nachbarſchaft: Förſter und Waldhüter und Vormänner von den verſchiedenen Glas- und Teeröfen. Zu dieſen geſellte ſich noch ein Torf¬ inſpektor, ein Vermeſſungsbeamter, ein Steueroffiziant und ſchließlich ein geſcheiterter Kaufmann, der jetzt Agent war und die Poſt beſorgte. Natürlich war auch Landbrief¬ träger Broſe da ſamt der geſamten Sicherheitsbehörde: Fußgendarm Uncke und Wachtmeiſter Pyterke von der reitenden Gensdarmerie. Pyterke gehörte nur halb mit zum Revier (es war das immer ein ſtreitiger Punkt), er¬ ſchien aber trotzdem mit Vorliebe bei Verſammlungen derart. Es gab nämlich für ihn nichts Vergnüglicheres, als ſeinen Kameraden und Amtsgenoſſen Uncke bei ſolcher Gelegenheit zu beobachten und ſich dabei ſeiner unge¬ heuren, übrigens durchaus berechtigten Überlegenheit als ſchöner Mann und ehemaliger Gardeküraſſier bewußt zu

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/220>, abgerufen am 21.11.2024.