Das war in den letzten Dezembertagen; auf Ende Februar hatte man die Hochzeit des jungen Paares fest¬ gesetzt. In der Zwischenzeit war seitens des alten Grafen erwogen worden, ob die Trauung nicht doch vielleicht auf einem der Barbyschen Elbgüter stattfinden solle, die Braut selbst aber war dagegen gewesen und hatte mit einer ihr sonst nicht eignen Lebhaftigkeit versichert: sie hänge an der Armee, weshalb sie -- ganz abgesehn von ihrem teuren Frommel -- die Berliner Garnisonkirche weit vorziehe. Daß diese, nach Ansicht vieler, bloß ein großer Schuppen sei, habe für sie gar keine Bedeutung; was ihr an der Garnisonkirche so viel gelte, das seien die großen Erinne¬ rungen und ein Gotteshaus, drin die Schwerins und die Zietens ständen (und wenn sie nicht drin ständen, so doch andre, die kaum schlechter wären) -- eine historisch so be¬ vorzugte Stelle wäre ihr an ihrem Trautage viel lieber als ihre Familienkirche, trotz der Särge so vieler Barbys unterm Altar. Woldemar war sehr glücklich darüber, seine Braut so preußisch-militärisch zu finden, die denn auch, als einmal die Zukunft und mit ihr die Frage nach ,Verbleib oder Nichtverbleib' in der Armee durchgesprochen wurde, lachend erwidert hatte: "Nein Woldemar, nicht jetzt schon Abschied; ich bin sehr für Freiheit, aber doch beinah' mehr noch für Major."
Dreiunddreißigſtes Kapitel.
Das war in den letzten Dezembertagen; auf Ende Februar hatte man die Hochzeit des jungen Paares feſt¬ geſetzt. In der Zwiſchenzeit war ſeitens des alten Grafen erwogen worden, ob die Trauung nicht doch vielleicht auf einem der Barbyſchen Elbgüter ſtattfinden ſolle, die Braut ſelbſt aber war dagegen geweſen und hatte mit einer ihr ſonſt nicht eignen Lebhaftigkeit verſichert: ſie hänge an der Armee, weshalb ſie — ganz abgeſehn von ihrem teuren Frommel — die Berliner Garniſonkirche weit vorziehe. Daß dieſe, nach Anſicht vieler, bloß ein großer Schuppen ſei, habe für ſie gar keine Bedeutung; was ihr an der Garniſonkirche ſo viel gelte, das ſeien die großen Erinne¬ rungen und ein Gotteshaus, drin die Schwerins und die Zietens ſtänden (und wenn ſie nicht drin ſtänden, ſo doch andre, die kaum ſchlechter wären) — eine hiſtoriſch ſo be¬ vorzugte Stelle wäre ihr an ihrem Trautage viel lieber als ihre Familienkirche, trotz der Särge ſo vieler Barbys unterm Altar. Woldemar war ſehr glücklich darüber, ſeine Braut ſo preußiſch-militäriſch zu finden, die denn auch, als einmal die Zukunft und mit ihr die Frage nach ‚Verbleib oder Nichtverbleib‘ in der Armee durchgeſprochen wurde, lachend erwidert hatte: „Nein Woldemar, nicht jetzt ſchon Abſchied; ich bin ſehr für Freiheit, aber doch beinah’ mehr noch für Major.“
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Dreiunddreißigſtes Kapitel.
Das war in den letzten Dezembertagen; auf Ende
Februar hatte man die Hochzeit des jungen Paares feſt¬
geſetzt. In der Zwiſchenzeit war ſeitens des alten Grafen
erwogen worden, ob die Trauung nicht doch vielleicht auf einem
der Barbyſchen Elbgüter ſtattfinden ſolle, die Braut ſelbſt
aber war dagegen geweſen und hatte mit einer ihr ſonſt
nicht eignen Lebhaftigkeit verſichert: ſie hänge an der
Armee, weshalb ſie — ganz abgeſehn von ihrem teuren
Frommel — die Berliner Garniſonkirche weit vorziehe.
Daß dieſe, nach Anſicht vieler, bloß ein großer Schuppen
ſei, habe für ſie gar keine Bedeutung; was ihr an der
Garniſonkirche ſo viel gelte, das ſeien die großen Erinne¬
rungen und ein Gotteshaus, drin die Schwerins und die
Zietens ſtänden (und wenn ſie nicht drin ſtänden, ſo doch
andre, die kaum ſchlechter wären) — eine hiſtoriſch ſo be¬
vorzugte Stelle wäre ihr an ihrem Trautage viel lieber als
ihre Familienkirche, trotz der Särge ſo vieler Barbys
unterm Altar. Woldemar war ſehr glücklich darüber,
ſeine Braut ſo preußiſch-militäriſch zu finden, die denn
auch, als einmal die Zukunft und mit ihr die Frage nach
‚Verbleib oder Nichtverbleib‘ in der Armee durchgeſprochen
wurde, lachend erwidert hatte: „Nein Woldemar, nicht
jetzt ſchon Abſchied; ich bin ſehr für Freiheit, aber doch
beinah’ mehr noch für Major.“
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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. [383]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/390>, abgerufen am 22.11.2024.
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