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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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müssen wir fort; wir haben also nur noch vier Stunden.
Und Globsow, ohne das es nicht gehen wird, ist weit
und kostet uns wenigstens die Hälfte davon."

"Alles richtig. Also das Menü, meine Herren. Ich
denke mir die Sache so. Erst (da gleich hinter dem Bux¬
baumgange) Besteigung des Aussichtsturms, -- noch eine
Anlage von meinem Vater her, die sich, nach Ansicht der
Leute hier, vordem um vieles schöner ausnahm als jetzt.
Damals waren nämlich noch lauter bunte Scheiben da
oben, und alles, was man sah, sah rot oder blau oder
orangefarben aus. Und alle Welt hier war unglücklich,
als ich diese bunten Gläser wegnehmen ließ. Ich empfand
es aber wie 'ne Naturbeleidigung. Grün ist grün und
Wald ist Wald ... Also Nummer eins der Aussichts¬
turm; Nummer zwei Krippenstapel und die Schule; Nummer
drei die Kirche samt Kirchhof. Pfarre schenken wir uns.
Dann Wald und See. Und dann Globsow, wo sich eine
Glasindustrie befindet. Und dann wieder zurück und zum
Abschluß ein zweites Frühstück, eine altmodische Bezeich¬
nung, die mir aber trotzdem immer besser klingt als Lunch.
,Zweites Frühstück' hat etwas ausgesprochen Behagliches
und giebt zu verstehen, daß man ein erstes schon hinter
sich hat ... Woldemar, dies ist mein Programm, das
ich dir, als einem Eingeweihten, hiermit unterbreite. Ja
oder nein?"

"Natürlich ja, Papa. Du triffst dergleichen immer
am besten. Ich meinerseits mache aber nur die erste
Hälfte mit. Wenn wir in der Kirche fertig sind, muß ich
zu Lorenzen. Krippenstapel kann mich ja mehr als er¬
setzen, und in Globsow weiß er all und jedes. Er spricht,
als ob er Glasbläser gewesen wäre."

"Darf dich nicht wundern. Dafür ist er Lehrer im
allgemeinen und Krippenstapel im besonderen."


Fontane, Der Stechlin. 5

müſſen wir fort; wir haben alſo nur noch vier Stunden.
Und Globſow, ohne das es nicht gehen wird, iſt weit
und koſtet uns wenigſtens die Hälfte davon.“

„Alles richtig. Alſo das Menü, meine Herren. Ich
denke mir die Sache ſo. Erſt (da gleich hinter dem Bux¬
baumgange) Beſteigung des Ausſichtsturms, — noch eine
Anlage von meinem Vater her, die ſich, nach Anſicht der
Leute hier, vordem um vieles ſchöner ausnahm als jetzt.
Damals waren nämlich noch lauter bunte Scheiben da
oben, und alles, was man ſah, ſah rot oder blau oder
orangefarben aus. Und alle Welt hier war unglücklich,
als ich dieſe bunten Gläſer wegnehmen ließ. Ich empfand
es aber wie 'ne Naturbeleidigung. Grün iſt grün und
Wald iſt Wald ... Alſo Nummer eins der Ausſichts¬
turm; Nummer zwei Krippenſtapel und die Schule; Nummer
drei die Kirche ſamt Kirchhof. Pfarre ſchenken wir uns.
Dann Wald und See. Und dann Globſow, wo ſich eine
Glasinduſtrie befindet. Und dann wieder zurück und zum
Abſchluß ein zweites Frühſtück, eine altmodiſche Bezeich¬
nung, die mir aber trotzdem immer beſſer klingt als Lunch.
‚Zweites Frühſtück‘ hat etwas ausgeſprochen Behagliches
und giebt zu verſtehen, daß man ein erſtes ſchon hinter
ſich hat ... Woldemar, dies iſt mein Programm, das
ich dir, als einem Eingeweihten, hiermit unterbreite. Ja
oder nein?“

„Natürlich ja, Papa. Du triffſt dergleichen immer
am beſten. Ich meinerſeits mache aber nur die erſte
Hälfte mit. Wenn wir in der Kirche fertig ſind, muß ich
zu Lorenzen. Krippenſtapel kann mich ja mehr als er¬
ſetzen, und in Globſow weiß er all und jedes. Er ſpricht,
als ob er Glasbläſer geweſen wäre.“

„Darf dich nicht wundern. Dafür iſt er Lehrer im
allgemeinen und Krippenſtapel im beſonderen.“


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[65/0072] müſſen wir fort; wir haben alſo nur noch vier Stunden. Und Globſow, ohne das es nicht gehen wird, iſt weit und koſtet uns wenigſtens die Hälfte davon.“ „Alles richtig. Alſo das Menü, meine Herren. Ich denke mir die Sache ſo. Erſt (da gleich hinter dem Bux¬ baumgange) Beſteigung des Ausſichtsturms, — noch eine Anlage von meinem Vater her, die ſich, nach Anſicht der Leute hier, vordem um vieles ſchöner ausnahm als jetzt. Damals waren nämlich noch lauter bunte Scheiben da oben, und alles, was man ſah, ſah rot oder blau oder orangefarben aus. Und alle Welt hier war unglücklich, als ich dieſe bunten Gläſer wegnehmen ließ. Ich empfand es aber wie 'ne Naturbeleidigung. Grün iſt grün und Wald iſt Wald ... Alſo Nummer eins der Ausſichts¬ turm; Nummer zwei Krippenſtapel und die Schule; Nummer drei die Kirche ſamt Kirchhof. Pfarre ſchenken wir uns. Dann Wald und See. Und dann Globſow, wo ſich eine Glasinduſtrie befindet. Und dann wieder zurück und zum Abſchluß ein zweites Frühſtück, eine altmodiſche Bezeich¬ nung, die mir aber trotzdem immer beſſer klingt als Lunch. ‚Zweites Frühſtück‘ hat etwas ausgeſprochen Behagliches und giebt zu verſtehen, daß man ein erſtes ſchon hinter ſich hat ... Woldemar, dies iſt mein Programm, das ich dir, als einem Eingeweihten, hiermit unterbreite. Ja oder nein?“ „Natürlich ja, Papa. Du triffſt dergleichen immer am beſten. Ich meinerſeits mache aber nur die erſte Hälfte mit. Wenn wir in der Kirche fertig ſind, muß ich zu Lorenzen. Krippenſtapel kann mich ja mehr als er¬ ſetzen, und in Globſow weiß er all und jedes. Er ſpricht, als ob er Glasbläſer geweſen wäre.“ „Darf dich nicht wundern. Dafür iſt er Lehrer im allgemeinen und Krippenſtapel im beſonderen.“ Fontane, Der Stechlin. 5

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/72>, abgerufen am 21.11.2024.