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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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strauch keine Trauben. Im übrigen muß ich hier ab¬
brechen und Sie bitten, mich auf ein Weilchen entschuldigen
zu wollen. Ich muß da nämlich nach dem Forsthause
hinüber, da drüben neben der Waldecke."

"Aber Stechlin, was wollen Sie denn bei 'nem
Förster?"

"Kein Förster. Es ist ein Oberförster, zu dem ich
will, und zwar derselbe, den Sie gestern abend bei meinem
Papa gesehn haben. Oberförster Katzler, bürgerlich, aber
doch beinah' schon historischer Name."

"So, so; jedenfalls nach dem, was mir Rex erzählt,
ein brillanter Billardspieler. Und doch, wenn Sie nicht
ganz intim mit ihm sind, find' ich diesen Abstecher über¬
trieben artig."

"Sie hätten recht, Czako, wenn es sich lediglich um
Katzler handelte. Das ist aber nicht der Fall. Es handelt
sich nicht um ihn, sondern um seine junge Frau."

"A la bonne heure."

"Ja, da sind Sie nun auch wieder auf einer falschen
Fährte. So was kann nicht vorkommen, ganz abgesehen
davon, daß mit Oberförstern immer schlecht Kirschen
pflücken ist; die blasen einen weg, man weiß nicht wie.
... Es handelt sich hier einfach um einen Teilnahme¬
besuch, um etwas, wenn Sie wollen, schön Menschliches.
Frau Katzler erwartet nämlich."

"Aber mein Gott, Stechlin, Ihre Worte werden
immer rätselhafter. Sie können doch nicht bei jeder
Oberförstersfrau, die ,erwartet', eine Visite machen wollen.
Das wäre denn doch eine Riesenaufgabe, selbst wenn Sie
sich auf ihre Grafschaft hier beschränken wollten."

"Es liegt alles ganz exceptionell. Übrigens macht
ich es kurz mit meinem Besuch, und wenn Sie Schrit'
reiten, worum ich bitte, so hol' ich Sie bei Genshagen
noch wieder ein. Von da bis Wutz haben wir kaum

ſtrauch keine Trauben. Im übrigen muß ich hier ab¬
brechen und Sie bitten, mich auf ein Weilchen entſchuldigen
zu wollen. Ich muß da nämlich nach dem Forſthauſe
hinüber, da drüben neben der Waldecke.“

„Aber Stechlin, was wollen Sie denn bei 'nem
Förſter?“

„Kein Förſter. Es iſt ein Oberförſter, zu dem ich
will, und zwar derſelbe, den Sie geſtern abend bei meinem
Papa geſehn haben. Oberförſter Katzler, bürgerlich, aber
doch beinah' ſchon hiſtoriſcher Name.“

„So, ſo; jedenfalls nach dem, was mir Rex erzählt,
ein brillanter Billardſpieler. Und doch, wenn Sie nicht
ganz intim mit ihm ſind, find' ich dieſen Abſtecher über¬
trieben artig.“

„Sie hätten recht, Czako, wenn es ſich lediglich um
Katzler handelte. Das iſt aber nicht der Fall. Es handelt
ſich nicht um ihn, ſondern um ſeine junge Frau.“

A la bonne heure.“

„Ja, da ſind Sie nun auch wieder auf einer falſchen
Fährte. So was kann nicht vorkommen, ganz abgeſehen
davon, daß mit Oberförſtern immer ſchlecht Kirſchen
pflücken iſt; die blaſen einen weg, man weiß nicht wie.
... Es handelt ſich hier einfach um einen Teilnahme¬
beſuch, um etwas, wenn Sie wollen, ſchön Menſchliches.
Frau Katzler erwartet nämlich.“

„Aber mein Gott, Stechlin, Ihre Worte werden
immer rätſelhafter. Sie können doch nicht bei jeder
Oberförſtersfrau, die ‚erwartet‘, eine Viſite machen wollen.
Das wäre denn doch eine Rieſenaufgabe, ſelbſt wenn Sie
ſich auf ihre Grafſchaft hier beſchränken wollten.“

„Es liegt alles ganz exceptionell. Übrigens macht
ich es kurz mit meinem Beſuch, und wenn Sie Schrit'
reiten, worum ich bitte, ſo hol' ich Sie bei Genshagen
noch wieder ein. Von da bis Wutz haben wir kaum

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[87/0094] ſtrauch keine Trauben. Im übrigen muß ich hier ab¬ brechen und Sie bitten, mich auf ein Weilchen entſchuldigen zu wollen. Ich muß da nämlich nach dem Forſthauſe hinüber, da drüben neben der Waldecke.“ „Aber Stechlin, was wollen Sie denn bei 'nem Förſter?“ „Kein Förſter. Es iſt ein Oberförſter, zu dem ich will, und zwar derſelbe, den Sie geſtern abend bei meinem Papa geſehn haben. Oberförſter Katzler, bürgerlich, aber doch beinah' ſchon hiſtoriſcher Name.“ „So, ſo; jedenfalls nach dem, was mir Rex erzählt, ein brillanter Billardſpieler. Und doch, wenn Sie nicht ganz intim mit ihm ſind, find' ich dieſen Abſtecher über¬ trieben artig.“ „Sie hätten recht, Czako, wenn es ſich lediglich um Katzler handelte. Das iſt aber nicht der Fall. Es handelt ſich nicht um ihn, ſondern um ſeine junge Frau.“ „A la bonne heure.“ „Ja, da ſind Sie nun auch wieder auf einer falſchen Fährte. So was kann nicht vorkommen, ganz abgeſehen davon, daß mit Oberförſtern immer ſchlecht Kirſchen pflücken iſt; die blaſen einen weg, man weiß nicht wie. ... Es handelt ſich hier einfach um einen Teilnahme¬ beſuch, um etwas, wenn Sie wollen, ſchön Menſchliches. Frau Katzler erwartet nämlich.“ „Aber mein Gott, Stechlin, Ihre Worte werden immer rätſelhafter. Sie können doch nicht bei jeder Oberförſtersfrau, die ‚erwartet‘, eine Viſite machen wollen. Das wäre denn doch eine Rieſenaufgabe, ſelbſt wenn Sie ſich auf ihre Grafſchaft hier beſchränken wollten.“ „Es liegt alles ganz exceptionell. Übrigens macht ich es kurz mit meinem Beſuch, und wenn Sie Schrit' reiten, worum ich bitte, ſo hol' ich Sie bei Genshagen noch wieder ein. Von da bis Wutz haben wir kaum

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/94>, abgerufen am 21.11.2024.