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Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.

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wir zunächst einen (leider unvollendet gebliebenen) Tempelbau, der in Erinnerung an die Schlacht von Waterloo und die ausgezeichnete Mitwirkung der schottischen Regimenter errichtet wurde; da ist ein Monument Robert Burns' und zwei andere noch, von denen das eine dem Andenken Dugald Stewarts, das andere zu Ehren Professor Playfairs errichtet ist.

Die Mehrzahl meiner Leser wird hier die Frage aufwerfen, was es mit Dugald Stewart und Professor Playfair denn eigentlich auf sich habe? wer sie gewesen seien und was sie gethan hätten, um sich auf der Höhe von Calton Hill und zwar, von Vaterlands wegen, monumental verherrlicht zu sehen. Genau dieselbe Frage war ich gezwungen mir selbst zu stellen, der ich bis dahin doch den eitlen Glauben in mir groß gezogen hatte, daß jeder Monument-berechtigte Schotte mir aus Dichtung oder Geschichte wenigstens dem Namen nach bekannt sein müsse. Aber ich sollte während meines Aufenthalts in Schottland nur allzu oft an das Irrige dieser meiner Vorstellung erinnert werden. Die Sache ist die, daß wir im Auslande nur die romantische Hälfte Schottlands kennen und wenig oder nichts von der Kehrseite derselben. Dichtung und Romane lesend, sind wir mit unseren Sympathieen in der Vergangenheit Schottlands stecken geblieben, während die Schotten selbst nichts ernstlicheres zu thun hatten, als mit dieser Vergangenheit zu brechen und völlig neue, völlig abweichende Berühmtheiten zu etabliren. Sie haben, um einen Vergleich aus unserer eigenen Ge-

wir zunächst einen (leider unvollendet gebliebenen) Tempelbau, der in Erinnerung an die Schlacht von Waterloo und die ausgezeichnete Mitwirkung der schottischen Regimenter errichtet wurde; da ist ein Monument Robert Burns’ und zwei andere noch, von denen das eine dem Andenken Dugald Stewarts, das andere zu Ehren Professor Playfairs errichtet ist.

Die Mehrzahl meiner Leser wird hier die Frage aufwerfen, was es mit Dugald Stewart und Professor Playfair denn eigentlich auf sich habe? wer sie gewesen seien und was sie gethan hätten, um sich auf der Höhe von Calton Hill und zwar, von Vaterlands wegen, monumental verherrlicht zu sehen. Genau dieselbe Frage war ich gezwungen mir selbst zu stellen, der ich bis dahin doch den eitlen Glauben in mir groß gezogen hatte, daß jeder Monument-berechtigte Schotte mir aus Dichtung oder Geschichte wenigstens dem Namen nach bekannt sein müsse. Aber ich sollte während meines Aufenthalts in Schottland nur allzu oft an das Irrige dieser meiner Vorstellung erinnert werden. Die Sache ist die, daß wir im Auslande nur die romantische Hälfte Schottlands kennen und wenig oder nichts von der Kehrseite derselben. Dichtung und Romane lesend, sind wir mit unseren Sympathieen in der Vergangenheit Schottlands stecken geblieben, während die Schotten selbst nichts ernstlicheres zu thun hatten, als mit dieser Vergangenheit zu brechen und völlig neue, völlig abweichende Berühmtheiten zu etabliren. Sie haben, um einen Vergleich aus unserer eigenen Ge-

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[115/0129] wir zunächst einen (leider unvollendet gebliebenen) Tempelbau, der in Erinnerung an die Schlacht von Waterloo und die ausgezeichnete Mitwirkung der schottischen Regimenter errichtet wurde; da ist ein Monument Robert Burns’ und zwei andere noch, von denen das eine dem Andenken Dugald Stewarts, das andere zu Ehren Professor Playfairs errichtet ist. Die Mehrzahl meiner Leser wird hier die Frage aufwerfen, was es mit Dugald Stewart und Professor Playfair denn eigentlich auf sich habe? wer sie gewesen seien und was sie gethan hätten, um sich auf der Höhe von Calton Hill und zwar, von Vaterlands wegen, monumental verherrlicht zu sehen. Genau dieselbe Frage war ich gezwungen mir selbst zu stellen, der ich bis dahin doch den eitlen Glauben in mir groß gezogen hatte, daß jeder Monument-berechtigte Schotte mir aus Dichtung oder Geschichte wenigstens dem Namen nach bekannt sein müsse. Aber ich sollte während meines Aufenthalts in Schottland nur allzu oft an das Irrige dieser meiner Vorstellung erinnert werden. Die Sache ist die, daß wir im Auslande nur die romantische Hälfte Schottlands kennen und wenig oder nichts von der Kehrseite derselben. Dichtung und Romane lesend, sind wir mit unseren Sympathieen in der Vergangenheit Schottlands stecken geblieben, während die Schotten selbst nichts ernstlicheres zu thun hatten, als mit dieser Vergangenheit zu brechen und völlig neue, völlig abweichende Berühmtheiten zu etabliren. Sie haben, um einen Vergleich aus unserer eigenen Ge-

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T15:22:45Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas, Linda Martin: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T15:22:45Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Hrsg. von Maren Ermisch. Berlin 2017 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das reiseliterarische Werk, Bd. 2]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Der Text der Ausgabe wird hier ergänzt um das Kapitel „Lochleven-Castle“, das aus verlagstechnischen Gründen in der Erstausgabe fehlte (vgl. dazu die entsprechenden Informationen auf der Seite der Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen). Die dazugehörigen Faksimiles, 0331 bis 0333, wurden von Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek übernommen.

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

  • Bogensignaturen: nicht übernommen;
  • Druckfehler: dokumentiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet;
  • i/j in Fraktur: keine Angabe;
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert;
  • Kolumnentitel: nicht übernommen;
  • Kustoden: keine Angabe;
  • langes s (ſ): als s transkribiert;
  • Normalisierungen: keine;
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;
  • Seitenumbrüche markiert: ja;
  • Silbentrennung: aufgelöst;
  • u/v bzw. U/V: keine Angabe;
  • Vokale mit übergest. e: keine Angabe;
  • Vollständigkeit: vollständig erfasst;
  • Zeichensetzung: wie Vorlage;
  • Zeilenumbrüche markiert: nein.



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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/129>, abgerufen am 16.05.2024.