Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.Zu anderer Zeit und unter einem anderen Fürsten würde die Mehrheit der schottischen Barone einer solchen Aufforderung, deren Widersinnigkeit in's Auge sprang, schwerlich nachgekommen sein; die Liebe und das Ansehn aber, das der König um seiner ritterlichen Tapferkeit willen bei Hoch und Niedrig genoß, war so groß, daß man mit einer Art Enthusiasmus gehorchte. Der Sporn nationaler Eitelkeit kam hinzu, und Kampflust und Zuversicht schufen zuletzt einen Taumel, dem nur wenige nüchtern genug waren zu widerstehen. Einzelne Historiker haben die Beweggründe, die den König dazu trieben, eine sichere Position mit einer mindestens weniger sicheren zu vertauschen, in nichts weniger als einer überspannten Vorstellung von Ritterlichkeit finden wollen und sind der Ansicht gewesen, daß der geschickte Flankenmarsch der Engländer, der ihn in der That von aller Communication mit Schottland abzuschneiden drohte, jeden anderen Ausweg unmöglich gemacht habe. Dem ganzen Charakter des Königs aber entspricht durchaus die Versicherung Pitscottie's, der in seinem Geschichtswerke eigens hervorhebt, daß der König sich am Tage vor der Schlacht verschworen habe, nicht Wind nicht Wetter vor seinem Gegner voraus haben zu wollen, auch nicht auf die Gefahr hin, in diesem Kampfe unterzugehen. Am Abend des 8. September standen sich beide Heere in Schlachtordnung gegenüber, auf den Hügeln von Flodden brannten noch einzelne Hütten, die man im Momente des Abmarsches in Brand gesteckt hatte. So kam Zu anderer Zeit und unter einem anderen Fürsten würde die Mehrheit der schottischen Barone einer solchen Aufforderung, deren Widersinnigkeit in’s Auge sprang, schwerlich nachgekommen sein; die Liebe und das Ansehn aber, das der König um seiner ritterlichen Tapferkeit willen bei Hoch und Niedrig genoß, war so groß, daß man mit einer Art Enthusiasmus gehorchte. Der Sporn nationaler Eitelkeit kam hinzu, und Kampflust und Zuversicht schufen zuletzt einen Taumel, dem nur wenige nüchtern genug waren zu widerstehen. Einzelne Historiker haben die Beweggründe, die den König dazu trieben, eine sichere Position mit einer mindestens weniger sicheren zu vertauschen, in nichts weniger als einer überspannten Vorstellung von Ritterlichkeit finden wollen und sind der Ansicht gewesen, daß der geschickte Flankenmarsch der Engländer, der ihn in der That von aller Communication mit Schottland abzuschneiden drohte, jeden anderen Ausweg unmöglich gemacht habe. Dem ganzen Charakter des Königs aber entspricht durchaus die Versicherung Pitscottie’s, der in seinem Geschichtswerke eigens hervorhebt, daß der König sich am Tage vor der Schlacht verschworen habe, nicht Wind nicht Wetter vor seinem Gegner voraus haben zu wollen, auch nicht auf die Gefahr hin, in diesem Kampfe unterzugehen. Am Abend des 8. September standen sich beide Heere in Schlachtordnung gegenüber, auf den Hügeln von Flodden brannten noch einzelne Hütten, die man im Momente des Abmarsches in Brand gesteckt hatte. So kam <TEI> <text> <body> <div> <div> <pb facs="#f0154" n="140"/> <p>Zu anderer Zeit und unter einem anderen Fürsten würde die Mehrheit der schottischen Barone einer solchen Aufforderung, deren Widersinnigkeit in’s Auge sprang, schwerlich nachgekommen sein; die Liebe und das Ansehn aber, das der König um seiner ritterlichen Tapferkeit willen bei Hoch und Niedrig genoß, war so groß, daß man mit einer Art Enthusiasmus gehorchte. Der Sporn nationaler Eitelkeit kam hinzu, und Kampflust und Zuversicht schufen zuletzt einen Taumel, dem nur wenige nüchtern genug waren zu widerstehen. Einzelne Historiker haben die Beweggründe, die den König dazu trieben, eine sichere Position mit einer mindestens weniger sicheren zu vertauschen, in nichts weniger als einer überspannten Vorstellung von Ritterlichkeit finden wollen und sind der Ansicht gewesen, daß der geschickte Flankenmarsch der Engländer, der ihn in der That von aller Communication mit Schottland abzuschneiden drohte, jeden anderen Ausweg unmöglich gemacht habe. Dem ganzen Charakter des Königs aber entspricht durchaus die Versicherung Pitscottie’s, der in seinem Geschichtswerke eigens hervorhebt, daß der König sich am Tage vor der Schlacht verschworen habe, nicht Wind nicht Wetter vor seinem Gegner voraus haben zu wollen, auch nicht auf die Gefahr hin, in diesem Kampfe unterzugehen. </p><lb/> <p>Am Abend des 8. September standen sich beide Heere in Schlachtordnung gegenüber, auf den Hügeln von Flodden brannten noch einzelne Hütten, die man im Momente des Abmarsches in Brand gesteckt hatte. So kam<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [140/0154]
Zu anderer Zeit und unter einem anderen Fürsten würde die Mehrheit der schottischen Barone einer solchen Aufforderung, deren Widersinnigkeit in’s Auge sprang, schwerlich nachgekommen sein; die Liebe und das Ansehn aber, das der König um seiner ritterlichen Tapferkeit willen bei Hoch und Niedrig genoß, war so groß, daß man mit einer Art Enthusiasmus gehorchte. Der Sporn nationaler Eitelkeit kam hinzu, und Kampflust und Zuversicht schufen zuletzt einen Taumel, dem nur wenige nüchtern genug waren zu widerstehen. Einzelne Historiker haben die Beweggründe, die den König dazu trieben, eine sichere Position mit einer mindestens weniger sicheren zu vertauschen, in nichts weniger als einer überspannten Vorstellung von Ritterlichkeit finden wollen und sind der Ansicht gewesen, daß der geschickte Flankenmarsch der Engländer, der ihn in der That von aller Communication mit Schottland abzuschneiden drohte, jeden anderen Ausweg unmöglich gemacht habe. Dem ganzen Charakter des Königs aber entspricht durchaus die Versicherung Pitscottie’s, der in seinem Geschichtswerke eigens hervorhebt, daß der König sich am Tage vor der Schlacht verschworen habe, nicht Wind nicht Wetter vor seinem Gegner voraus haben zu wollen, auch nicht auf die Gefahr hin, in diesem Kampfe unterzugehen.
Am Abend des 8. September standen sich beide Heere in Schlachtordnung gegenüber, auf den Hügeln von Flodden brannten noch einzelne Hütten, die man im Momente des Abmarsches in Brand gesteckt hatte. So kam
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(2018-07-25T15:22:45Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas, Linda Martin: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T15:22:45Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Hrsg. von Maren Ermisch. Berlin 2017 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das reiseliterarische Werk, Bd. 2]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Der Text der Ausgabe wird hier ergänzt um das Kapitel „Lochleven-Castle“, das aus verlagstechnischen Gründen in der Erstausgabe fehlte (vgl. dazu die entsprechenden Informationen auf der Seite der Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen). Die dazugehörigen Faksimiles, 0331 bis 0333, wurden von Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek übernommen. Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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