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Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.

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fuhren wir an Stirling-Castle vorbei in die lachende Landschaft hinein, selber lachend, als ginge es zum Oak- oder Derby-day nach Epsom hinaus. Die Felder, die wir passirten, von Hecken und Baumgruppen unterbrochen, dehnten sich anmuthig zu beiden Seiten des Weges; aber dem Anblick nach, den wir Tags zuvor von Stirling-Castle aus gehabt hatten, hätten wir geglaubt mehr erwarten zu dürfen. Es fehlten die besonderen Züge, und was, als Ganzes und aus der Vogelperspektive gesehen, einem reichen, weiten Teppich von seltener Schönheit geglichen hatte, bot jetzt wenig, wo wir im Vorüberfahren die einzelnen Felder in nächster Nähe hatten.

Der erste Punkt, den wir erreichen, ist Bridge of Allan, ein kleines, dörfisches Charlottenburg, dessen überall angekündigtes "hier sind Wohnungen zu vermiethen" über die Bestimmung und Erwerbsquelle des Dörfchens keinen Zweifel läßt. Windgeschützt am Fuß der Berge gelegen, ist es ein bevorzugter Sommeraufenthalt für solche Edinburger, die aus Neigung oder Gesundheitsrücksicht die Nebelluft der Ostküste mit der reineren Luft des Hochlands vertauschen wollen.

Unser Wagen rollt, unaufgehalten durch die Holprigkeit des Steindamms, rasch durch Bridge of Allan hindurch, und an Dörfern und Landhäusern, wohlerhaltenen Herrensitzen und zerfallenen Schlössern vorbei, begrüßen wir endlich nach mehr als zweistündiger Fahrt das Dorf

fuhren wir an Stirling-Castle vorbei in die lachende Landschaft hinein, selber lachend, als ginge es zum Oak- oder Derby-day nach Epsom hinaus. Die Felder, die wir passirten, von Hecken und Baumgruppen unterbrochen, dehnten sich anmuthig zu beiden Seiten des Weges; aber dem Anblick nach, den wir Tags zuvor von Stirling-Castle aus gehabt hatten, hätten wir geglaubt mehr erwarten zu dürfen. Es fehlten die besonderen Züge, und was, als Ganzes und aus der Vogelperspektive gesehen, einem reichen, weiten Teppich von seltener Schönheit geglichen hatte, bot jetzt wenig, wo wir im Vorüberfahren die einzelnen Felder in nächster Nähe hatten.

Der erste Punkt, den wir erreichen, ist Bridge of Allan, ein kleines, dörfisches Charlottenburg, dessen überall angekündigtes „hier sind Wohnungen zu vermiethen“ über die Bestimmung und Erwerbsquelle des Dörfchens keinen Zweifel läßt. Windgeschützt am Fuß der Berge gelegen, ist es ein bevorzugter Sommeraufenthalt für solche Edinburger, die aus Neigung oder Gesundheitsrücksicht die Nebelluft der Ostküste mit der reineren Luft des Hochlands vertauschen wollen.

Unser Wagen rollt, unaufgehalten durch die Holprigkeit des Steindamms, rasch durch Bridge of Allan hindurch, und an Dörfern und Landhäusern, wohlerhaltenen Herrensitzen und zerfallenen Schlössern vorbei, begrüßen wir endlich nach mehr als zweistündiger Fahrt das Dorf

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[175/0189] fuhren wir an Stirling-Castle vorbei in die lachende Landschaft hinein, selber lachend, als ginge es zum Oak- oder Derby-day nach Epsom hinaus. Die Felder, die wir passirten, von Hecken und Baumgruppen unterbrochen, dehnten sich anmuthig zu beiden Seiten des Weges; aber dem Anblick nach, den wir Tags zuvor von Stirling-Castle aus gehabt hatten, hätten wir geglaubt mehr erwarten zu dürfen. Es fehlten die besonderen Züge, und was, als Ganzes und aus der Vogelperspektive gesehen, einem reichen, weiten Teppich von seltener Schönheit geglichen hatte, bot jetzt wenig, wo wir im Vorüberfahren die einzelnen Felder in nächster Nähe hatten. Der erste Punkt, den wir erreichen, ist Bridge of Allan, ein kleines, dörfisches Charlottenburg, dessen überall angekündigtes „hier sind Wohnungen zu vermiethen“ über die Bestimmung und Erwerbsquelle des Dörfchens keinen Zweifel läßt. Windgeschützt am Fuß der Berge gelegen, ist es ein bevorzugter Sommeraufenthalt für solche Edinburger, die aus Neigung oder Gesundheitsrücksicht die Nebelluft der Ostküste mit der reineren Luft des Hochlands vertauschen wollen. Unser Wagen rollt, unaufgehalten durch die Holprigkeit des Steindamms, rasch durch Bridge of Allan hindurch, und an Dörfern und Landhäusern, wohlerhaltenen Herrensitzen und zerfallenen Schlössern vorbei, begrüßen wir endlich nach mehr als zweistündiger Fahrt das Dorf

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T15:22:45Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas, Linda Martin: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T15:22:45Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Hrsg. von Maren Ermisch. Berlin 2017 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das reiseliterarische Werk, Bd. 2]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Der Text der Ausgabe wird hier ergänzt um das Kapitel „Lochleven-Castle“, das aus verlagstechnischen Gründen in der Erstausgabe fehlte (vgl. dazu die entsprechenden Informationen auf der Seite der Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen). Die dazugehörigen Faksimiles, 0331 bis 0333, wurden von Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek übernommen.

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

  • Bogensignaturen: nicht übernommen;
  • Druckfehler: dokumentiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet;
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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/189>, abgerufen am 28.11.2024.