Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.alten Jagd- und Weideplätze geraubt hätten; Fitzjames aber war unzugänglich für die schlichte Beredtsamkeit seines Gefährten und blieb dabei, daß die Mac Gregors ein räuberisches Gesindel und Rhoderick Dhu nicht besser als der Rest seiner Clansleute sei. So kam man bis an die äußerste Spitze von Loch Vennachar, schritt noch ein paar hundert Schritt über blühende Wiesen am Teith entlang, bis man an einen Streifen binsenbewachsenes Moorland kam, sumpfig um die Regenzeit; aber jetzt glatt und hart wie eine Tenne. "Hier ist Coil-antogle-Ford", sagte der Hochländer, "dieß ist sächsisch Land, dort hinüber liegen die Thürme von Stirling, und ich bin - Rhoderick Dhu." Fitzjames zuckte einen Augenblick zusammen, weil ihm sein Herz sagte, was der nächste Augenblick bringen würde. "Wir haben Mahl und Lager getheilt", fuhr Rhoderick Dhu fort, "und ich habe das Gastrecht heilig gehalten; ich habe dich hierher geführt bis auf sächsisch Land, du stehst auf deinem Boden und die heilige Hand des Gastrechts hält mich nicht länger. Zieh! und laß uns sehen, wo bessere Männer wachsen, hüben oder drüben!" Dabei warf er den runden Schild hin, den er zu tragen pflegte, um während des Kampfes vor seinem Gegner nichts voraus zu haben, und stellte sich dem schweigend und unschlüssig dastehenden Feinde gegenüber. Fitzjames sah einen Augenblick in's Land hinein, nach Bochastle hin, wo hinter dem Tannenhügel, kaum tausend Schritt von dem Binsenplan entfernt, auf dem er eben stand, alten Jagd- und Weideplätze geraubt hätten; Fitzjames aber war unzugänglich für die schlichte Beredtsamkeit seines Gefährten und blieb dabei, daß die Mac Gregors ein räuberisches Gesindel und Rhoderick Dhu nicht besser als der Rest seiner Clansleute sei. So kam man bis an die äußerste Spitze von Loch Vennachar, schritt noch ein paar hundert Schritt über blühende Wiesen am Teith entlang, bis man an einen Streifen binsenbewachsenes Moorland kam, sumpfig um die Regenzeit; aber jetzt glatt und hart wie eine Tenne. „Hier ist Coil-antogle-Ford“, sagte der Hochländer, „dieß ist sächsisch Land, dort hinüber liegen die Thürme von Stirling, und ich bin – Rhoderick Dhu.“ Fitzjames zuckte einen Augenblick zusammen, weil ihm sein Herz sagte, was der nächste Augenblick bringen würde. „Wir haben Mahl und Lager getheilt“, fuhr Rhoderick Dhu fort, „und ich habe das Gastrecht heilig gehalten; ich habe dich hierher geführt bis auf sächsisch Land, du stehst auf deinem Boden und die heilige Hand des Gastrechts hält mich nicht länger. Zieh! und laß uns sehen, wo bessere Männer wachsen, hüben oder drüben!“ Dabei warf er den runden Schild hin, den er zu tragen pflegte, um während des Kampfes vor seinem Gegner nichts voraus zu haben, und stellte sich dem schweigend und unschlüssig dastehenden Feinde gegenüber. Fitzjames sah einen Augenblick in’s Land hinein, nach Bochastle hin, wo hinter dem Tannenhügel, kaum tausend Schritt von dem Binsenplan entfernt, auf dem er eben stand, <TEI> <text> <body> <div> <div> <div> <p><pb facs="#f0198" n="184"/> alten Jagd- und Weideplätze geraubt hätten; Fitzjames aber war unzugänglich für die schlichte Beredtsamkeit seines Gefährten und blieb dabei, daß die Mac Gregors ein räuberisches Gesindel und Rhoderick Dhu nicht besser als der Rest seiner Clansleute sei. So kam man bis an die äußerste Spitze von Loch Vennachar, schritt noch ein paar hundert Schritt über blühende Wiesen am Teith entlang, bis man an einen Streifen binsenbewachsenes Moorland kam, sumpfig um die Regenzeit; aber jetzt glatt und hart wie eine Tenne. „Hier ist Coil-antogle-Ford“, sagte der Hochländer, „dieß ist sächsisch Land, dort hinüber liegen die Thürme von Stirling, und ich bin – Rhoderick Dhu.“ </p><lb/> <p>Fitzjames zuckte einen Augenblick zusammen, weil ihm sein Herz sagte, was der nächste Augenblick bringen würde. „Wir haben Mahl und Lager getheilt“, fuhr Rhoderick Dhu fort, „und ich habe das Gastrecht heilig gehalten; ich habe dich hierher geführt bis auf sächsisch Land, du stehst auf deinem Boden und die heilige Hand des Gastrechts hält mich nicht länger. Zieh! und laß uns sehen, wo bessere Männer wachsen, hüben oder drüben!“ Dabei warf er den runden Schild hin, den er zu tragen pflegte, um während des Kampfes vor seinem Gegner nichts voraus zu haben, und stellte sich dem schweigend und unschlüssig dastehenden Feinde gegenüber. Fitzjames sah einen Augenblick in’s Land hinein, nach Bochastle hin, wo hinter dem Tannenhügel, kaum tausend Schritt von dem Binsenplan entfernt, auf dem er eben stand,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [184/0198]
alten Jagd- und Weideplätze geraubt hätten; Fitzjames aber war unzugänglich für die schlichte Beredtsamkeit seines Gefährten und blieb dabei, daß die Mac Gregors ein räuberisches Gesindel und Rhoderick Dhu nicht besser als der Rest seiner Clansleute sei. So kam man bis an die äußerste Spitze von Loch Vennachar, schritt noch ein paar hundert Schritt über blühende Wiesen am Teith entlang, bis man an einen Streifen binsenbewachsenes Moorland kam, sumpfig um die Regenzeit; aber jetzt glatt und hart wie eine Tenne. „Hier ist Coil-antogle-Ford“, sagte der Hochländer, „dieß ist sächsisch Land, dort hinüber liegen die Thürme von Stirling, und ich bin – Rhoderick Dhu.“
Fitzjames zuckte einen Augenblick zusammen, weil ihm sein Herz sagte, was der nächste Augenblick bringen würde. „Wir haben Mahl und Lager getheilt“, fuhr Rhoderick Dhu fort, „und ich habe das Gastrecht heilig gehalten; ich habe dich hierher geführt bis auf sächsisch Land, du stehst auf deinem Boden und die heilige Hand des Gastrechts hält mich nicht länger. Zieh! und laß uns sehen, wo bessere Männer wachsen, hüben oder drüben!“ Dabei warf er den runden Schild hin, den er zu tragen pflegte, um während des Kampfes vor seinem Gegner nichts voraus zu haben, und stellte sich dem schweigend und unschlüssig dastehenden Feinde gegenüber. Fitzjames sah einen Augenblick in’s Land hinein, nach Bochastle hin, wo hinter dem Tannenhügel, kaum tausend Schritt von dem Binsenplan entfernt, auf dem er eben stand,
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(2018-07-25T15:22:45Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas, Linda Martin: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T15:22:45Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Hrsg. von Maren Ermisch. Berlin 2017 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das reiseliterarische Werk, Bd. 2]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Der Text der Ausgabe wird hier ergänzt um das Kapitel „Lochleven-Castle“, das aus verlagstechnischen Gründen in der Erstausgabe fehlte (vgl. dazu die entsprechenden Informationen auf der Seite der Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen). Die dazugehörigen Faksimiles, 0331 bis 0333, wurden von Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek übernommen. Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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