Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.

Bild:
<< vorherige Seite

Dichter und Schilderer dieser Lokalität, um einiges überschätzt worden. Der Irrthum, der dabei begangen worden ist und noch begangen wird, ist der, daß man die Schilderung mit dem Geschilderten verwechselt und die Unübertrefflichkeit jener auf die Sache selber übertragen hat. Es ist genau so, wie wenn man diejenigen Mädchen für die schönsten halten wollte, auf die zufällig die schönsten Lieder gedichtet worden sind.

Was aber sind nun die Trosachs? Sie sind ein Paß, eine Schlucht, ein Hohlweg, der sich an einem Flüßchen entlang, zwischen den zwei Felsmassen des Ben-an und Benvenue hinzieht, die wie Wächter neben dem Loch Katrine stehen, und ihre Häupter in seinem Wasser spiegelnd, ihre breiten Rücken, bis zum Loch Achray hin, zurück strecken. Wir haben hiernach zwei Partien zu unterscheiden, eine längere (die eigentlichen Trosachs), zwischen den beiden Felsrücken gelegen, und eine kürzere (Beal-an-Duine) zwischen den beiden Häuptern der Berge. Der Fahrweg durch die eigentlichen Trosachs folgt nicht dem Laufe des in der Tiefe schäumenden Flüßchens, sondern zieht sich in halber Höhe des nördlich gelegenen Felsrückens als eine völlige Kunststraße hin. Unmittelbar zur Rechten steigen die schweren Felsmassen des Ben-an, bald mehr, bald weniger steil in die Luft, während wir nach links hin eine doppelte Nachbarschaft haben, zunächst die abschüssige Tiefe, dann aber jenseits derselben die mächtigen Flanken des Benvenue.

Dichter und Schilderer dieser Lokalität, um einiges überschätzt worden. Der Irrthum, der dabei begangen worden ist und noch begangen wird, ist der, daß man die Schilderung mit dem Geschilderten verwechselt und die Unübertrefflichkeit jener auf die Sache selber übertragen hat. Es ist genau so, wie wenn man diejenigen Mädchen für die schönsten halten wollte, auf die zufällig die schönsten Lieder gedichtet worden sind.

Was aber sind nun die Trosachs? Sie sind ein Paß, eine Schlucht, ein Hohlweg, der sich an einem Flüßchen entlang, zwischen den zwei Felsmassen des Ben-an und Benvenue hinzieht, die wie Wächter neben dem Loch Katrine stehen, und ihre Häupter in seinem Wasser spiegelnd, ihre breiten Rücken, bis zum Loch Achray hin, zurück strecken. Wir haben hiernach zwei Partien zu unterscheiden, eine längere (die eigentlichen Trosachs), zwischen den beiden Felsrücken gelegen, und eine kürzere (Beal-an-Duine) zwischen den beiden Häuptern der Berge. Der Fahrweg durch die eigentlichen Trosachs folgt nicht dem Laufe des in der Tiefe schäumenden Flüßchens, sondern zieht sich in halber Höhe des nördlich gelegenen Felsrückens als eine völlige Kunststraße hin. Unmittelbar zur Rechten steigen die schweren Felsmassen des Ben-an, bald mehr, bald weniger steil in die Luft, während wir nach links hin eine doppelte Nachbarschaft haben, zunächst die abschüssige Tiefe, dann aber jenseits derselben die mächtigen Flanken des Benvenue.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div>
          <div>
            <p><pb facs="#f0204" n="190"/>
Dichter und Schilderer dieser Lokalität, um einiges überschätzt worden. Der Irrthum, der dabei begangen worden ist und noch begangen wird, ist der, daß man die Schilderung mit dem Geschilderten verwechselt und die Unübertrefflichkeit jener auf die Sache selber übertragen hat. Es ist genau so, wie wenn man diejenigen Mädchen für die schönsten halten wollte, auf die zufällig die schönsten Lieder gedichtet worden sind.            </p><lb/>
            <p>Was aber sind nun die <hi rendition="#g">Trosachs</hi>? Sie sind ein Paß, eine Schlucht, ein Hohlweg, der sich              an einem Flüßchen entlang, zwischen den zwei Felsmassen des Ben-an und Benvenue              hinzieht, die wie Wächter neben dem Loch Katrine stehen, und ihre Häupter in seinem              Wasser spiegelnd, ihre breiten Rücken, bis zum Loch Achray hin, zurück strecken. Wir              haben hiernach zwei Partien zu unterscheiden, eine längere (die eigentlichen Trosachs),              zwischen den beiden Felsrücken gelegen, und eine kürzere (Beal-an-Duine) zwischen den              beiden Häuptern der Berge. Der Fahrweg durch die eigentlichen Trosachs folgt nicht dem              Laufe des in der Tiefe schäumenden Flüßchens, sondern zieht sich in halber Höhe des              nördlich gelegenen Felsrückens als eine völlige Kunststraße hin. Unmittelbar zur Rechten              steigen die schweren Felsmassen des Ben-an, bald mehr, bald weniger steil in die Luft,              während wir nach links hin eine doppelte Nachbarschaft haben, zunächst die abschüssige              Tiefe, dann aber jenseits derselben die mächtigen Flanken des Benvenue.<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[190/0204] Dichter und Schilderer dieser Lokalität, um einiges überschätzt worden. Der Irrthum, der dabei begangen worden ist und noch begangen wird, ist der, daß man die Schilderung mit dem Geschilderten verwechselt und die Unübertrefflichkeit jener auf die Sache selber übertragen hat. Es ist genau so, wie wenn man diejenigen Mädchen für die schönsten halten wollte, auf die zufällig die schönsten Lieder gedichtet worden sind. Was aber sind nun die Trosachs? Sie sind ein Paß, eine Schlucht, ein Hohlweg, der sich an einem Flüßchen entlang, zwischen den zwei Felsmassen des Ben-an und Benvenue hinzieht, die wie Wächter neben dem Loch Katrine stehen, und ihre Häupter in seinem Wasser spiegelnd, ihre breiten Rücken, bis zum Loch Achray hin, zurück strecken. Wir haben hiernach zwei Partien zu unterscheiden, eine längere (die eigentlichen Trosachs), zwischen den beiden Felsrücken gelegen, und eine kürzere (Beal-an-Duine) zwischen den beiden Häuptern der Berge. Der Fahrweg durch die eigentlichen Trosachs folgt nicht dem Laufe des in der Tiefe schäumenden Flüßchens, sondern zieht sich in halber Höhe des nördlich gelegenen Felsrückens als eine völlige Kunststraße hin. Unmittelbar zur Rechten steigen die schweren Felsmassen des Ben-an, bald mehr, bald weniger steil in die Luft, während wir nach links hin eine doppelte Nachbarschaft haben, zunächst die abschüssige Tiefe, dann aber jenseits derselben die mächtigen Flanken des Benvenue.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T15:22:45Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas, Linda Martin: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T15:22:45Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Hrsg. von Maren Ermisch. Berlin 2017 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das reiseliterarische Werk, Bd. 2]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Der Text der Ausgabe wird hier ergänzt um das Kapitel „Lochleven-Castle“, das aus verlagstechnischen Gründen in der Erstausgabe fehlte (vgl. dazu die entsprechenden Informationen auf der Seite der Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen). Die dazugehörigen Faksimiles, 0331 bis 0333, wurden von Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek übernommen.

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

  • Bogensignaturen: nicht übernommen;
  • Druckfehler: dokumentiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet;
  • i/j in Fraktur: keine Angabe;
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert;
  • Kolumnentitel: nicht übernommen;
  • Kustoden: keine Angabe;
  • langes s (ſ): als s transkribiert;
  • Normalisierungen: keine;
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;
  • Seitenumbrüche markiert: ja;
  • Silbentrennung: aufgelöst;
  • u/v bzw. U/V: keine Angabe;
  • Vokale mit übergest. e: keine Angabe;
  • Vollständigkeit: vollständig erfasst;
  • Zeichensetzung: wie Vorlage;
  • Zeilenumbrüche markiert: nein.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/204
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/204>, abgerufen am 27.11.2024.