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Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.

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ähnlichen Siegeszeichen, - den einzigen Früchten eines theuer bezahlten Krieges.

Weiter flußabwärts, da wo South-Street auf den Tay stößt, erhob sich in alten Tagen Gowrie-House, der Schauplatz jenes Mordversuchs, der unter dem Namen der Gowrie-Conspiration bekannt geworden ist. Das Haus ist seit ungefähr fünfzig Jahren niedergerissen und die Communalgebäude (Polizeiamt und Stockhaus), die sich jetzt an der Stelle desselben erheben, theilen in Erscheinung und Geschichte das Prosaische der ganzen Gattung. An Gowrie-House erinnert nichts mehr als ein gegenübergelegenes Bier- und Brandyhaus, das durch Abbildung der betreffenden Mordscene (im Styl unserer Jahrmarktsbilder) die Traditionen des Orts und die Vortheile des Geschäfts gleichzeitig im Auge behält. Es giebt immer noch Naturen, die sich am liebsten da zu Tische setzen, wo die Luft nach Blut riecht.

Die Geschichte der Gowrieverschwörung selbst ist folgende. Jakob VI. (damals noch sehr jung) war von Lord Gowrie zu einer Jagdpartie geladen worden und auf Schloß Ruthven erschienen. Noch andere Lords waren zugegen: Lord Mar, Lord Lindsay, Lord Glammis und deren Anhänger. Der König bemerkte bald, daß man mehr oder minder Schlimmes gegen ihn vorhabe, und machte Miene das Schloß zu verlassen. Als er sich der Thür näherte, stellte sich Lord Glammis vor dieselbe und rief ihm zu, indem er ihm den Ausgang verwehrte: "Männer verstehen sich auf Kinder, aber nicht

ähnlichen Siegeszeichen, – den einzigen Früchten eines theuer bezahlten Krieges.

Weiter flußabwärts, da wo South-Street auf den Tay stößt, erhob sich in alten Tagen Gowrie-House, der Schauplatz jenes Mordversuchs, der unter dem Namen der Gowrie-Conspiration bekannt geworden ist. Das Haus ist seit ungefähr fünfzig Jahren niedergerissen und die Communalgebäude (Polizeiamt und Stockhaus), die sich jetzt an der Stelle desselben erheben, theilen in Erscheinung und Geschichte das Prosaische der ganzen Gattung. An Gowrie-House erinnert nichts mehr als ein gegenübergelegenes Bier- und Brandyhaus, das durch Abbildung der betreffenden Mordscene (im Styl unserer Jahrmarktsbilder) die Traditionen des Orts und die Vortheile des Geschäfts gleichzeitig im Auge behält. Es giebt immer noch Naturen, die sich am liebsten da zu Tische setzen, wo die Luft nach Blut riecht.

Die Geschichte der Gowrieverschwörung selbst ist folgende. Jakob VI. (damals noch sehr jung) war von Lord Gowrie zu einer Jagdpartie geladen worden und auf Schloß Ruthven erschienen. Noch andere Lords waren zugegen: Lord Mar, Lord Lindsay, Lord Glammis und deren Anhänger. Der König bemerkte bald, daß man mehr oder minder Schlimmes gegen ihn vorhabe, und machte Miene das Schloß zu verlassen. Als er sich der Thür näherte, stellte sich Lord Glammis vor dieselbe und rief ihm zu, indem er ihm den Ausgang verwehrte: „Männer verstehen sich auf Kinder, aber nicht

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[201/0215] ähnlichen Siegeszeichen, – den einzigen Früchten eines theuer bezahlten Krieges. Weiter flußabwärts, da wo South-Street auf den Tay stößt, erhob sich in alten Tagen Gowrie-House, der Schauplatz jenes Mordversuchs, der unter dem Namen der Gowrie-Conspiration bekannt geworden ist. Das Haus ist seit ungefähr fünfzig Jahren niedergerissen und die Communalgebäude (Polizeiamt und Stockhaus), die sich jetzt an der Stelle desselben erheben, theilen in Erscheinung und Geschichte das Prosaische der ganzen Gattung. An Gowrie-House erinnert nichts mehr als ein gegenübergelegenes Bier- und Brandyhaus, das durch Abbildung der betreffenden Mordscene (im Styl unserer Jahrmarktsbilder) die Traditionen des Orts und die Vortheile des Geschäfts gleichzeitig im Auge behält. Es giebt immer noch Naturen, die sich am liebsten da zu Tische setzen, wo die Luft nach Blut riecht. Die Geschichte der Gowrieverschwörung selbst ist folgende. Jakob VI. (damals noch sehr jung) war von Lord Gowrie zu einer Jagdpartie geladen worden und auf Schloß Ruthven erschienen. Noch andere Lords waren zugegen: Lord Mar, Lord Lindsay, Lord Glammis und deren Anhänger. Der König bemerkte bald, daß man mehr oder minder Schlimmes gegen ihn vorhabe, und machte Miene das Schloß zu verlassen. Als er sich der Thür näherte, stellte sich Lord Glammis vor dieselbe und rief ihm zu, indem er ihm den Ausgang verwehrte: „Männer verstehen sich auf Kinder, aber nicht

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T15:22:45Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas, Linda Martin: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T15:22:45Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Hrsg. von Maren Ermisch. Berlin 2017 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das reiseliterarische Werk, Bd. 2]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Der Text der Ausgabe wird hier ergänzt um das Kapitel „Lochleven-Castle“, das aus verlagstechnischen Gründen in der Erstausgabe fehlte (vgl. dazu die entsprechenden Informationen auf der Seite der Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen). Die dazugehörigen Faksimiles, 0331 bis 0333, wurden von Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek übernommen.

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

  • Bogensignaturen: nicht übernommen;
  • Druckfehler: dokumentiert;
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  • Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/215>, abgerufen am 09.11.2024.