Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.

Bild:
<< vorherige Seite

dann, die einzige Hochlandsstraße benutzend, die von Dunkeld aus über den Kamm der Grampians führt, auf den großen Jagdrevieren zwischen Balmoral und Inverneß die Sommermonate bei deer stalking und grouse shooting zu verbringen.

An den Gasthof lehnt sich eine säulengetragene Veranda; das Gebälk ist in Grün versteckt, und die eine Seite des Vorbaues mit aufgeschichteten Reisekoffern, wie ein Repositorium mit Foliobänden, gefüllt. In der Veranda steht ein junges Paar und reicht sich zum Abschied die Hand. Die zurückbleibende Dame, groß und schlank, trägt einen breiten Italienischen Hut mit weißer Feder, und die allgemeine Theilnahme an der schönen Erscheinung, bekundet sich durch die halb frageweis gesprochenen Sätze: she is his sister oder she is his wife. Der Conducteur indeß, an den sich diese Worte richten, ist mit wichtigeren Dingen beschäftigt, als mit der Beantwortung solcher Bagatellen, und sich durch ein yes Sir, das Jeder zu seinen Gunsten deuten mag, aller weiteren Fragestellung entziehend, giebt er zwei jungen Hochländern, von denen Jeder einen Jagdhund an der Leine hält, ein Zeichen, das auch alsbald mit zustimmendem Kopfnicken erwiedert wird. Inzwischen sind an beide Seiten unseres Wagens Leiter und Tritt gestellt worden, und ehe wir noch die Gefahr erkennen und energisch dagegen protestiren können, stehen beide Hochländer bereits mit ihren Jagdhunden unterm Arm auf der höchsten Leitersprosse, und die geängstigten Thiere wie zwei Scheerbeutel un-

dann, die einzige Hochlandsstraße benutzend, die von Dunkeld aus über den Kamm der Grampians führt, auf den großen Jagdrevieren zwischen Balmoral und Inverneß die Sommermonate bei deer stalking und grouse shooting zu verbringen.

An den Gasthof lehnt sich eine säulengetragene Veranda; das Gebälk ist in Grün versteckt, und die eine Seite des Vorbaues mit aufgeschichteten Reisekoffern, wie ein Repositorium mit Foliobänden, gefüllt. In der Veranda steht ein junges Paar und reicht sich zum Abschied die Hand. Die zurückbleibende Dame, groß und schlank, trägt einen breiten Italienischen Hut mit weißer Feder, und die allgemeine Theilnahme an der schönen Erscheinung, bekundet sich durch die halb frageweis gesprochenen Sätze: she is his sister oder she is his wife. Der Conducteur indeß, an den sich diese Worte richten, ist mit wichtigeren Dingen beschäftigt, als mit der Beantwortung solcher Bagatellen, und sich durch ein yes Sir, das Jeder zu seinen Gunsten deuten mag, aller weiteren Fragestellung entziehend, giebt er zwei jungen Hochländern, von denen Jeder einen Jagdhund an der Leine hält, ein Zeichen, das auch alsbald mit zustimmendem Kopfnicken erwiedert wird. Inzwischen sind an beide Seiten unseres Wagens Leiter und Tritt gestellt worden, und ehe wir noch die Gefahr erkennen und energisch dagegen protestiren können, stehen beide Hochländer bereits mit ihren Jagdhunden unterm Arm auf der höchsten Leitersprosse, und die geängstigten Thiere wie zwei Scheerbeutel un-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div>
          <p><pb facs="#f0227" n="213"/>
dann, die einzige Hochlandsstraße benutzend, die von Dunkeld aus über den Kamm der Grampians führt, auf den großen Jagdrevieren zwischen Balmoral und Inverneß die Sommermonate bei <hi rendition="#aq"><foreign xml:lang="eng">deer              stalking</foreign></hi> und <hi rendition="#aq"><foreign xml:lang="eng">grouse            shooting</foreign></hi> zu verbringen.</p><lb/>
          <p>An den Gasthof lehnt sich eine säulengetragene Veranda; das Gebälk ist in Grün versteckt, und die eine Seite des Vorbaues mit aufgeschichteten Reisekoffern, wie ein Repositorium mit Foliobänden, gefüllt. In der Veranda steht ein junges Paar und reicht sich zum Abschied die Hand. Die zurückbleibende Dame, groß und schlank, trägt einen breiten Italienischen Hut mit weißer Feder, und die allgemeine Theilnahme an der schönen Erscheinung, bekundet sich durch die halb frageweis gesprochenen Sätze: <hi rendition="#aq"><foreign xml:lang="eng">she is his              sister</foreign></hi> oder <hi rendition="#aq"><foreign xml:lang="eng">she is his              wife</foreign></hi>. Der <foreign xml:lang="fra">Conducteur</foreign> indeß, an den sich diese Worte richten, ist mit wichtigeren Dingen beschäftigt, als mit der Beantwortung solcher Bagatellen, und sich durch ein <hi rendition="#aq"><foreign xml:lang="eng">yes Sir</foreign></hi>, das Jeder zu seinen Gunsten deuten mag, aller weiteren Fragestellung entziehend, giebt er zwei jungen Hochländern, von denen Jeder einen Jagdhund an der Leine hält, ein Zeichen, das auch alsbald mit zustimmendem Kopfnicken erwiedert wird. Inzwischen sind an beide Seiten unseres Wagens Leiter und Tritt gestellt worden, und ehe wir noch die Gefahr erkennen und energisch dagegen protestiren können, stehen beide Hochländer bereits mit ihren Jagdhunden unterm Arm auf der höchsten Leitersprosse, und die geängstigten Thiere wie zwei Scheerbeutel un-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[213/0227] dann, die einzige Hochlandsstraße benutzend, die von Dunkeld aus über den Kamm der Grampians führt, auf den großen Jagdrevieren zwischen Balmoral und Inverneß die Sommermonate bei deer stalking und grouse shooting zu verbringen. An den Gasthof lehnt sich eine säulengetragene Veranda; das Gebälk ist in Grün versteckt, und die eine Seite des Vorbaues mit aufgeschichteten Reisekoffern, wie ein Repositorium mit Foliobänden, gefüllt. In der Veranda steht ein junges Paar und reicht sich zum Abschied die Hand. Die zurückbleibende Dame, groß und schlank, trägt einen breiten Italienischen Hut mit weißer Feder, und die allgemeine Theilnahme an der schönen Erscheinung, bekundet sich durch die halb frageweis gesprochenen Sätze: she is his sister oder she is his wife. Der Conducteur indeß, an den sich diese Worte richten, ist mit wichtigeren Dingen beschäftigt, als mit der Beantwortung solcher Bagatellen, und sich durch ein yes Sir, das Jeder zu seinen Gunsten deuten mag, aller weiteren Fragestellung entziehend, giebt er zwei jungen Hochländern, von denen Jeder einen Jagdhund an der Leine hält, ein Zeichen, das auch alsbald mit zustimmendem Kopfnicken erwiedert wird. Inzwischen sind an beide Seiten unseres Wagens Leiter und Tritt gestellt worden, und ehe wir noch die Gefahr erkennen und energisch dagegen protestiren können, stehen beide Hochländer bereits mit ihren Jagdhunden unterm Arm auf der höchsten Leitersprosse, und die geängstigten Thiere wie zwei Scheerbeutel un-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T15:22:45Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas, Linda Martin: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T15:22:45Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Hrsg. von Maren Ermisch. Berlin 2017 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das reiseliterarische Werk, Bd. 2]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Der Text der Ausgabe wird hier ergänzt um das Kapitel „Lochleven-Castle“, das aus verlagstechnischen Gründen in der Erstausgabe fehlte (vgl. dazu die entsprechenden Informationen auf der Seite der Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen). Die dazugehörigen Faksimiles, 0331 bis 0333, wurden von Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek übernommen.

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

  • Bogensignaturen: nicht übernommen;
  • Druckfehler: dokumentiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet;
  • i/j in Fraktur: keine Angabe;
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert;
  • Kolumnentitel: nicht übernommen;
  • Kustoden: keine Angabe;
  • langes s (ſ): als s transkribiert;
  • Normalisierungen: keine;
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;
  • Seitenumbrüche markiert: ja;
  • Silbentrennung: aufgelöst;
  • u/v bzw. U/V: keine Angabe;
  • Vokale mit übergest. e: keine Angabe;
  • Vollständigkeit: vollständig erfasst;
  • Zeichensetzung: wie Vorlage;
  • Zeilenumbrüche markiert: nein.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/227
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/227>, abgerufen am 25.11.2024.