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Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.

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Gruppen vor einer aufgestellten Drehorgel, an deren Hinterseite sich, wie auch auf unseren Jahrmärkten, eine bemalte Leinwand erhob. Allerhand Scenen aus dem Krimkrieg waren darauf abgebildet, zumal die Cavallerie-Attaque von Balaklawa und das Hochlands-Regiment (Sir Colin Campbell), an dem sich der Angriff der Russischen Reiterei brach. Dazu spielte der Leierkasten eine Arie aus Flotow's "Martha" und die heiseren Kehlen der Umstehenden stimmten mit ein. Es mochten hundert oder hundert und funfzig Menschen sein, die sich hier vergnügten, auf mein Gemüth aber übten sie die Wirkung, als hätt' ich nie ein größeres Menschengedränge gesehen, so frisch und so stark noch waren die Eindrücke, die das öde Steinfeld der Grampians auf mich gemacht hatte.

Gern hätten wir uns in dies Treiben hineinbegeben, aber eine andere Stimme machte sich geltend, die von gebieterischem Klange war. Es waren nun fast zwölf Stunden, daß wir im Englischen Hotel zu Perth unser Frühstück eingenommen hatten, und mit Ausnahme eines Stückchens oat-cake und eines Glases Toddy (Whisky und Wasser) war den ganzen Tag über nichts über unsere Lippen gekommen.

Das erzeugte denn freilich Stimmungen, in denen einem ein Hammelschlägel aus dem Clan der Macpherson's weit über die Art und die Bedeutung ihrer Volksfeste geht, zumal wenn man im Hochland reist und durchaus nicht weiß, was die nächste Stunde bringen wird

Gruppen vor einer aufgestellten Drehorgel, an deren Hinterseite sich, wie auch auf unseren Jahrmärkten, eine bemalte Leinwand erhob. Allerhand Scenen aus dem Krimkrieg waren darauf abgebildet, zumal die Cavallerie-Attaque von Balaklawa und das Hochlands-Regiment (Sir Colin Campbell), an dem sich der Angriff der Russischen Reiterei brach. Dazu spielte der Leierkasten eine Arie aus Flotow’s „Martha“ und die heiseren Kehlen der Umstehenden stimmten mit ein. Es mochten hundert oder hundert und funfzig Menschen sein, die sich hier vergnügten, auf mein Gemüth aber übten sie die Wirkung, als hätt’ ich nie ein größeres Menschengedränge gesehen, so frisch und so stark noch waren die Eindrücke, die das öde Steinfeld der Grampians auf mich gemacht hatte.

Gern hätten wir uns in dies Treiben hineinbegeben, aber eine andere Stimme machte sich geltend, die von gebieterischem Klange war. Es waren nun fast zwölf Stunden, daß wir im Englischen Hotel zu Perth unser Frühstück eingenommen hatten, und mit Ausnahme eines Stückchens oat-cake und eines Glases Toddy (Whisky und Wasser) war den ganzen Tag über nichts über unsere Lippen gekommen.

Das erzeugte denn freilich Stimmungen, in denen einem ein Hammelschlägel aus dem Clan der Macpherson’s weit über die Art und die Bedeutung ihrer Volksfeste geht, zumal wenn man im Hochland reist und durchaus nicht weiß, was die nächste Stunde bringen wird

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[225/0239] Gruppen vor einer aufgestellten Drehorgel, an deren Hinterseite sich, wie auch auf unseren Jahrmärkten, eine bemalte Leinwand erhob. Allerhand Scenen aus dem Krimkrieg waren darauf abgebildet, zumal die Cavallerie-Attaque von Balaklawa und das Hochlands-Regiment (Sir Colin Campbell), an dem sich der Angriff der Russischen Reiterei brach. Dazu spielte der Leierkasten eine Arie aus Flotow’s „Martha“ und die heiseren Kehlen der Umstehenden stimmten mit ein. Es mochten hundert oder hundert und funfzig Menschen sein, die sich hier vergnügten, auf mein Gemüth aber übten sie die Wirkung, als hätt’ ich nie ein größeres Menschengedränge gesehen, so frisch und so stark noch waren die Eindrücke, die das öde Steinfeld der Grampians auf mich gemacht hatte. Gern hätten wir uns in dies Treiben hineinbegeben, aber eine andere Stimme machte sich geltend, die von gebieterischem Klange war. Es waren nun fast zwölf Stunden, daß wir im Englischen Hotel zu Perth unser Frühstück eingenommen hatten, und mit Ausnahme eines Stückchens oat-cake und eines Glases Toddy (Whisky und Wasser) war den ganzen Tag über nichts über unsere Lippen gekommen. Das erzeugte denn freilich Stimmungen, in denen einem ein Hammelschlägel aus dem Clan der Macpherson’s weit über die Art und die Bedeutung ihrer Volksfeste geht, zumal wenn man im Hochland reist und durchaus nicht weiß, was die nächste Stunde bringen wird

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T15:22:45Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas, Linda Martin: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T15:22:45Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Hrsg. von Maren Ermisch. Berlin 2017 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das reiseliterarische Werk, Bd. 2]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Der Text der Ausgabe wird hier ergänzt um das Kapitel „Lochleven-Castle“, das aus verlagstechnischen Gründen in der Erstausgabe fehlte (vgl. dazu die entsprechenden Informationen auf der Seite der Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen). Die dazugehörigen Faksimiles, 0331 bis 0333, wurden von Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek übernommen.

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

  • Bogensignaturen: nicht übernommen;
  • Druckfehler: dokumentiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet;
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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/239>, abgerufen am 24.11.2024.