Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.dung und er fing nun an für die Hochlandserziehung eine Lanze zu brechen. "Ich sehne mich nicht zurück nach Glen Moriston und noch weniger nach Oat Cake und Whisky; ich bin's jetzt besser gewöhnt; aber Oat Cake und Whisky geben Kraft und Zähigkeit und schaffen bessere Männer als Milchkaffee und saurer Wein." Wir schlossen aus dieser letzteren Wendung, daß er uns (was einem ja in England immer passirt) für Franzosen halte, und nahmen Veranlassung ihn über unsere Abstammung aufzuklären. "Deutsche also?" fuhr er jetzt fort. "Ja die Deutschen! Ich war in Hamburg; kind people those germans and I like them, but I beg your pardon, Sir, all effeminate." Also "alle verweichlicht"! und die Hamburger an der Spitze, die doch halb englisch sind. Wir lachten herzlich, beklagten den versäumten Whisky unserer Jugend und gingen zu andern Dingen über. Es war spät, als wir bei der mangelhaften Beleuchtung, die der untergehende Mond gab, vorsichtig über den Hof hintappten und im Putzzimmer der Waschfrau unsere Betten hergerichtet fanden. An den Wänden hingen zwei eingerahmte Bilder ("Bombardement von Sebastopol" und "Schiffbruch"), die an bekannter Stelle die Worte zeigten: "Verlag von Zawitz, Druck von Hesse in Berlin." Aber weder Sebastopol, noch Zawitz, noch Hesse hielten uns länger wach, selbst das Gestampfe und Gepruste der Pferde unter uns verhallte dung und er fing nun an für die Hochlandserziehung eine Lanze zu brechen. „Ich sehne mich nicht zurück nach Glen Moriston und noch weniger nach Oat Cake und Whisky; ich bin’s jetzt besser gewöhnt; aber Oat Cake und Whisky geben Kraft und Zähigkeit und schaffen bessere Männer als Milchkaffee und saurer Wein.“ Wir schlossen aus dieser letzteren Wendung, daß er uns (was einem ja in England immer passirt) für Franzosen halte, und nahmen Veranlassung ihn über unsere Abstammung aufzuklären. „Deutsche also?“ fuhr er jetzt fort. „Ja die Deutschen! Ich war in Hamburg; kind people those germans and I like them, but I beg your pardon, Sir, all effeminate.“ Also „alle verweichlicht“! und die Hamburger an der Spitze, die doch halb englisch sind. Wir lachten herzlich, beklagten den versäumten Whisky unserer Jugend und gingen zu andern Dingen über. Es war spät, als wir bei der mangelhaften Beleuchtung, die der untergehende Mond gab, vorsichtig über den Hof hintappten und im Putzzimmer der Waschfrau unsere Betten hergerichtet fanden. An den Wänden hingen zwei eingerahmte Bilder („Bombardement von Sebastopol“ und „Schiffbruch“), die an bekannter Stelle die Worte zeigten: „Verlag von Zawitz, Druck von Hesse in Berlin.“ Aber weder Sebastopol, noch Zawitz, noch Hesse hielten uns länger wach, selbst das Gestampfe und Gepruste der Pferde unter uns verhallte <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0287" n="273"/> dung und er fing nun an für die Hochlandserziehung eine Lanze zu brechen. „Ich sehne mich nicht zurück nach Glen Moriston und noch weniger nach Oat Cake und Whisky; ich bin’s jetzt besser gewöhnt; aber Oat Cake und Whisky geben Kraft und Zähigkeit und schaffen bessere Männer als Milchkaffee und saurer Wein.“ Wir schlossen aus dieser letzteren Wendung, daß er uns (was einem ja in England immer passirt) für Franzosen halte, und nahmen Veranlassung ihn über unsere Abstammung aufzuklären. „Deutsche also?“ fuhr er jetzt fort. „Ja die Deutschen! Ich war in Hamburg; <hi rendition="#aq"><foreign xml:lang="eng">kind people those germans and I like them, but I beg your pardon, Sir, all effeminate.“</foreign></hi> Also „<hi rendition="#g">alle verweichlicht</hi>“! und die Hamburger an der Spitze, die doch halb englisch sind. Wir lachten herzlich, beklagten den versäumten Whisky unserer Jugend und gingen zu andern Dingen über.</p><lb/> <p>Es war spät, als wir bei der mangelhaften Beleuchtung, die der untergehende Mond gab, vorsichtig über den Hof hintappten und im Putzzimmer der Waschfrau unsere Betten hergerichtet fanden. An den Wänden hingen zwei eingerahmte Bilder („Bombardement von Sebastopol“ und „Schiffbruch“), die an bekannter Stelle die Worte zeigten: „Verlag von Zawitz, Druck von Hesse in Berlin.“ Aber weder Sebastopol, noch Zawitz, noch Hesse hielten uns länger wach, selbst das Gestampfe und Gepruste der Pferde unter uns verhallte<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [273/0287]
dung und er fing nun an für die Hochlandserziehung eine Lanze zu brechen. „Ich sehne mich nicht zurück nach Glen Moriston und noch weniger nach Oat Cake und Whisky; ich bin’s jetzt besser gewöhnt; aber Oat Cake und Whisky geben Kraft und Zähigkeit und schaffen bessere Männer als Milchkaffee und saurer Wein.“ Wir schlossen aus dieser letzteren Wendung, daß er uns (was einem ja in England immer passirt) für Franzosen halte, und nahmen Veranlassung ihn über unsere Abstammung aufzuklären. „Deutsche also?“ fuhr er jetzt fort. „Ja die Deutschen! Ich war in Hamburg; kind people those germans and I like them, but I beg your pardon, Sir, all effeminate.“ Also „alle verweichlicht“! und die Hamburger an der Spitze, die doch halb englisch sind. Wir lachten herzlich, beklagten den versäumten Whisky unserer Jugend und gingen zu andern Dingen über.
Es war spät, als wir bei der mangelhaften Beleuchtung, die der untergehende Mond gab, vorsichtig über den Hof hintappten und im Putzzimmer der Waschfrau unsere Betten hergerichtet fanden. An den Wänden hingen zwei eingerahmte Bilder („Bombardement von Sebastopol“ und „Schiffbruch“), die an bekannter Stelle die Worte zeigten: „Verlag von Zawitz, Druck von Hesse in Berlin.“ Aber weder Sebastopol, noch Zawitz, noch Hesse hielten uns länger wach, selbst das Gestampfe und Gepruste der Pferde unter uns verhallte
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(2018-07-25T15:22:45Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas, Linda Martin: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T15:22:45Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Hrsg. von Maren Ermisch. Berlin 2017 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das reiseliterarische Werk, Bd. 2]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Der Text der Ausgabe wird hier ergänzt um das Kapitel „Lochleven-Castle“, das aus verlagstechnischen Gründen in der Erstausgabe fehlte (vgl. dazu die entsprechenden Informationen auf der Seite der Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen). Die dazugehörigen Faksimiles, 0331 bis 0333, wurden von Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek übernommen. Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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