Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.galshöhle; die Laune eines Künstlers und die Laune der Natur sind denselben Weg gegangen. Die im Letzten und Tiefsten allerdings ein Gesetz und eine Regelmäßigkeit bekundende Unregelmäßigkeit, mit der der hereinschäumende Ocean die Basaltsäulen höher oder tiefer abgebrochen hat, hat diese Trombenbildungen erzeugt. Vielleicht ließe sich die schraubenartige Bewegung daran studiren, mit der die Wellen ihre Skulpturarbeit hier ausgeführt haben müssen. Wir standen noch immer am Portal und ließen das Schauspiel da drinnen auf uns wirken. Denn es war ein Schauspiel. Die Herrn und Damen (erstere zum Theil in schottischen Costümen), die vor uns das Schiff verlassen hatten, waren bereits bis weit in die Höhle hinein vorgedrungen, und standen nun theils auf dem schmalen, basaltenen Steindamm, der etwa zehn oder fünfzehn Fuß hoch das ganze Innere umzieht, oder hatten sich als lebendige Statuen in die dunkeln Nischen dieser Felskapelle gestellt. Die bunten Tartanfarben leuchteten wie Licht aus diesen Vertiefungen hervor und das Ganze spiegelte sich in dem hellgrünen, meerestiefen Wasserstreifen, der den leise bewegten Boden dieses Kirchenschiffs bildete. Mit dieser Schilderung schließe ich. Wir machten pflichtschuldigst unsern Rundgang an der Höhlenwandung entlang (eine Promenade, die selbst bei schönstem Wetter immer ihr bedenkliches hat) und kehrten dann bis an den Eingang zurück. Die wenigen Minuten, die uns galshöhle; die Laune eines Künstlers und die Laune der Natur sind denselben Weg gegangen. Die im Letzten und Tiefsten allerdings ein Gesetz und eine Regelmäßigkeit bekundende Unregelmäßigkeit, mit der der hereinschäumende Ocean die Basaltsäulen höher oder tiefer abgebrochen hat, hat diese Trombenbildungen erzeugt. Vielleicht ließe sich die schraubenartige Bewegung daran studiren, mit der die Wellen ihre Skulpturarbeit hier ausgeführt haben müssen. Wir standen noch immer am Portal und ließen das Schauspiel da drinnen auf uns wirken. Denn es war ein Schauspiel. Die Herrn und Damen (erstere zum Theil in schottischen Costümen), die vor uns das Schiff verlassen hatten, waren bereits bis weit in die Höhle hinein vorgedrungen, und standen nun theils auf dem schmalen, basaltenen Steindamm, der etwa zehn oder fünfzehn Fuß hoch das ganze Innere umzieht, oder hatten sich als lebendige Statuen in die dunkeln Nischen dieser Felskapelle gestellt. Die bunten Tartanfarben leuchteten wie Licht aus diesen Vertiefungen hervor und das Ganze spiegelte sich in dem hellgrünen, meerestiefen Wasserstreifen, der den leise bewegten Boden dieses Kirchenschiffs bildete. Mit dieser Schilderung schließe ich. Wir machten pflichtschuldigst unsern Rundgang an der Höhlenwandung entlang (eine Promenade, die selbst bei schönstem Wetter immer ihr bedenkliches hat) und kehrten dann bis an den Eingang zurück. Die wenigen Minuten, die uns <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0298" n="284"/> galshöhle; die Laune eines Künstlers und die Laune der Natur sind denselben Weg gegangen. Die im Letzten und Tiefsten allerdings ein Gesetz und eine Regelmäßigkeit bekundende Unregelmäßigkeit, mit der der hereinschäumende Ocean die Basaltsäulen höher oder tiefer abgebrochen hat, hat diese Trombenbildungen erzeugt. Vielleicht ließe sich die schraubenartige Bewegung daran studiren, mit der die Wellen ihre Skulpturarbeit hier ausgeführt haben müssen.</p><lb/> <p>Wir standen noch immer am Portal und ließen das Schauspiel da drinnen auf uns wirken. Denn es war ein <hi rendition="#g">Schauspiel</hi>. Die Herrn und Damen (erstere zum Theil in schottischen Costümen), die vor uns das Schiff verlassen hatten, waren bereits bis weit in die Höhle hinein vorgedrungen, und standen nun theils auf dem schmalen, basaltenen Steindamm, der etwa zehn oder fünfzehn Fuß hoch das ganze Innere umzieht, oder hatten sich als lebendige Statuen in die dunkeln Nischen dieser Felskapelle gestellt. Die bunten Tartanfarben leuchteten wie Licht aus diesen Vertiefungen hervor und das Ganze spiegelte sich in dem hellgrünen, meerestiefen Wasserstreifen, der den leise bewegten Boden dieses Kirchenschiffs bildete.</p><lb/> <p>Mit dieser Schilderung schließe ich. Wir machten pflichtschuldigst unsern Rundgang an der Höhlenwandung entlang (eine Promenade, die selbst bei schönstem Wetter immer ihr bedenkliches hat) und kehrten dann bis an den Eingang zurück. Die wenigen Minuten, die uns<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [284/0298]
galshöhle; die Laune eines Künstlers und die Laune der Natur sind denselben Weg gegangen. Die im Letzten und Tiefsten allerdings ein Gesetz und eine Regelmäßigkeit bekundende Unregelmäßigkeit, mit der der hereinschäumende Ocean die Basaltsäulen höher oder tiefer abgebrochen hat, hat diese Trombenbildungen erzeugt. Vielleicht ließe sich die schraubenartige Bewegung daran studiren, mit der die Wellen ihre Skulpturarbeit hier ausgeführt haben müssen.
Wir standen noch immer am Portal und ließen das Schauspiel da drinnen auf uns wirken. Denn es war ein Schauspiel. Die Herrn und Damen (erstere zum Theil in schottischen Costümen), die vor uns das Schiff verlassen hatten, waren bereits bis weit in die Höhle hinein vorgedrungen, und standen nun theils auf dem schmalen, basaltenen Steindamm, der etwa zehn oder fünfzehn Fuß hoch das ganze Innere umzieht, oder hatten sich als lebendige Statuen in die dunkeln Nischen dieser Felskapelle gestellt. Die bunten Tartanfarben leuchteten wie Licht aus diesen Vertiefungen hervor und das Ganze spiegelte sich in dem hellgrünen, meerestiefen Wasserstreifen, der den leise bewegten Boden dieses Kirchenschiffs bildete.
Mit dieser Schilderung schließe ich. Wir machten pflichtschuldigst unsern Rundgang an der Höhlenwandung entlang (eine Promenade, die selbst bei schönstem Wetter immer ihr bedenkliches hat) und kehrten dann bis an den Eingang zurück. Die wenigen Minuten, die uns
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(2018-07-25T15:22:45Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas, Linda Martin: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T15:22:45Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Hrsg. von Maren Ermisch. Berlin 2017 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das reiseliterarische Werk, Bd. 2]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Der Text der Ausgabe wird hier ergänzt um das Kapitel „Lochleven-Castle“, das aus verlagstechnischen Gründen in der Erstausgabe fehlte (vgl. dazu die entsprechenden Informationen auf der Seite der Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen). Die dazugehörigen Faksimiles, 0331 bis 0333, wurden von Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek übernommen. Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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